Munich Re kann Kriegslasten abfedern
sck München
Die Munich Re kann den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine finanziell gut verdauen. Auf der ordentlichen Hauptversammlung (HV) des größten Rückversicherers der Welt bezeichnete Finanzvorstand Christoph Jurecka die unmittelbaren Belastungen des Konflikts für das Unternehmen unter dem Strich als „minimal“. Aufgrund des Kriegs und infolge der Sanktionen gegen Russland rechnet er nach eigenen Angaben mit einem Verlust an Bruttoprämien in Höhe „eines niedrigen dreistelligen Dollar-Millionenbetrags.“ Diesen Abrieb könne die Munich Re aber mittels organischem Geschäftswachstum in anderen Bereichen und Regionen mehr als kompensieren, sagte er auf dem virtuell abgehaltenen Aktionärstreffen.
Der Krieg werde die mittelfristigen strategischen Margenziele (Agenda bis 2025) nicht nachhaltig beeinträchtigen. Zudem seien keine Schadenersatzforderungen von Betroffenen zu erwarten. Der CFO begründete dies damit, dass generell Kriegsschäden nicht versichert seien. Das gleiche gelte auch für Belastungen und zeitweilige Betriebsausfälle infolge nicht mehr verfügbarer Rohstoffe. Dieses Szenario würde konkret bei einem Öl- und Gasembargo Russlands eintreten. Die Nicht-Verfügbarkeit von Rohstoffen ist Jurecka zufolge kein Fall im Sinne eines Sachschadens.
Zum Thema Leasing-Passagierflugzeuge äußerte sich der CFO vorsichtig. Die Lage sei derzeit so „dynamisch“, dass keine Vorhersage getroffen werden könne. Er bestätigte, dass die Munich Re Leasing-Flugzeuge, die wegen der Sanktionen gegen Russland vom Kreml zurückgehalten werden, im Versicherungsbestand halte.
Investoren auf Abstand
Der CFO zeigte sich zuversichtlich, dass die Munich Re im Falle einer weiteren Eskalation des Kriegs stabil bliebe. Ein solches Extremrisiko könne der Dax-Konzern nach seinen Angaben im Kapitalanlageportfolio ebenfalls abfedern. Die Munich Re gab im März bekannt, ihr Geschäft in Russland und Belarus zu beenden.
Derweil werde die wachsende weltweite Inflation für steigende Prämien in der Rückversicherung sorgen, so der CFO. Auf mittlere Sicht dürften darüber hinaus höhere Marktzinsen sich Jurecka zufolge auch positiv auf das Kapitalanlageergebnis und die Anlagerenditen auswirken. Allerdings deutete er fürs laufende Jahr Belastungen im Kapitalanlageergebnis an. Er führte dies unter anderem auf den Krieg zurück. So bezögen sich 0,5% der gesamten Kapitalanlagen der Munich Re auf Aktivitäten in Russland. Das sind bei einem Kapitalanlageportfolio des Konzerns von insgesamt 240 Mrd. Euro (Stand 2021) immerhin 1,2 Mrd. Euro. Das lange Zinstief infolge einer ultraexpansiven Geldpolitik der führenden Notenbanken schmälerte sukzessive die Wiederanlagerenditen institutioneller Anleger wie der Munich Re. Im vergangenen Jahr sackte die Kapitalanlagerendite des Konzerns um 0,2 Prozentpunkte auf 2,8% ab.
Auf mittlere Sicht wird die Gesellschaft dem CFO zufolge an ihrer Aktienquote festhalten. 2021 stieg der Anteil von Aktienanlagen am Gesamtanlageportfolio des Konzerns auf 8,7 (i.V. 6,4)% vor Derivaten.
Auf Nachfrage von Daniela Bergdolt, Vertreterin der Kleinaktionärsvereinigung DSW, warum sich die allgemein gute Profitabilität des Konzerns nicht im Aktienkurs widerspiegele, antworte Jurecka mit dem Hinweis, dass Investoren derzeit Abstand nähmen von Rückversicherungs-Titeln. Sie betrachteten die Assekuranz „skeptisch“. Hinzu komme eine sich verschärfende weltweite makroökonomische Unsicherheit.
Nach einen Gewinnsprung erhöht der Branchenprimus seine Dividende je Aktie für 2021 auf 11 (9,80) Euro. Vorstandschef Joachim Wenning bezeichnete das als Ausdruck der Verlässlichkeit der Munich Re auch in schwierigen Zeiten.
Unterdessen hält die Munich Re an EY als Abschlussprüfer fest – trotz des vor zwei Jahren aufgeflogenen Wirecard-Bilanzskandals. Die Aktionäre von Munich Re stimmten dem Vorschlag der Verwaltung mit großer Mehrheit (nahezu 98%) zu, EY per Wahl als Konzernabschlussprüfer zu bestätigen. Der Aufsichtsratvorsitzende Nikolaus von Bomhard hatte den Vorschlag zuvor auf der HV unter anderem damit begründet, dass das Prüfungsteam von EY das Geschäftsmodell der Munich Re verstehe und die „richtigen Fragen“ stelle. „Wir legen hier sehr strenge Maßstäbe an“, sagte er. Bomhard bezeichnete EY als „unabhängig und integer“.
EY steht wegen Wirecard unter Druck. Der Gesellschaft werden Pflichtverletzungen bei der Prüfung des Zahlungsabwicklers vorgeworfen. EY prüft seit 2020 die Abschlüsse von Munich Re. Davor war es KPMG. Bomhard zufolge könnte EY bis einschließlich 2029 die Bilanzen durchleuchten. Gesellschaften müssen laut Gesetz spätestens nach zehn Jahren den Prüfer wechseln. Seit 2022 muss die HV den Prüfer bestellen.