Nachhaltigkeit

Nachhaltige Geldanlagen durchbrechen Schallmauer

Das Volumen nachhaltiger Geldanlagen hat zuletzt kräftig zugelegt und auch die Erwartungen für 2022 sind hoch, wie der Fachverband für nachhaltige Geldanlage FNG berichtet. Der Greenwashing-Skandal bei der Fondsgesellschaft DWS kann die Stimmung bislang nicht trüben.

Nachhaltige Geldanlagen durchbrechen Schallmauer

sp Berlin

Das Volumen nachhaltiger Geldanlagen hat in Deutschland im vergangenen Jahr um 50% zugelegt und zum ersten Mal die Marke von 500 Mrd. Euro übertroffen. Private Anleger steigerten ihr Engagement um 230% auf mehr als 131 Mrd. Euro, wie das Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) mitteilt. Die nachhaltigen Anlagen von institutionellen Investoren kletterten um gut 48 Mrd. Euro auf knapp 233 Mrd. Euro. „Wir haben einige Schallmauern durchbrochen, und ich bin hoffnungsvoll, dass es in den nächsten Jahren so weitergeht“, sagte Volker Weber, Vorstandsvorsitzender des Fachverbands für nachhaltige Geldanlage im deutschsprachigen Raum, der am Donnerstag seinen jährlichen Marktbericht vorlegte.

„Während institutionelle Investoren schon lange in dem Bereich aktiv sind und damit eine Vorreiterrolle eingenommen haben, wurden private Anleger:innen, die 2021 ihr Anlagevolumen mehr als verdreifacht haben, lange Zeit unterschätzt“, kommentierte FNG-Studienleiter Simon Dittrich die Zuwächse bei privaten Anlegern. „Die wichtigste Triebfeder dabei war und ist in jedem Fall die Regulierung. Diese führte bereits dazu, dass nachhaltige Publikumsfonds viel breiter angeboten werden als früher.“ Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 454 nachhaltige Publikumsfonds gemeldet, wovon 79 Fonds ein nachhaltiges Qualitätssiegel tragen. Im Vergleich zu den 48 zertifizierten Fonds 2020 ein deutlicher Zuwachs.

DWS trübt Stimmung nicht

Auch für die Zukunft sind die Marktteilnehmer zuversichtlich: Zwei Fünftel der für den Marktbericht befragten Anbieter rechnen im laufenden Turnus mit einem neuerlichen Zuwachs nachhaltiger Geldanlagen von mindestens 30% in Deutschland. Der Greenwashing-Skandal bei der Fondsgesellschaft DWS konnte die Stimmung der Teilnehmer im Erhebungszeitraum bis Februar allerdings nicht trüben, wie Dittrich einräumt. Die Vorwürfe gegen die DWS, die ihre Fonds nach außen „grüner“ dargestellt haben soll, als sie sind, wollte der FNG-Chef Weber nicht beurteilen. „Ich glaube, es ist aber durchaus hilfreich, über den Schärfegrad von Prozessen nachzudenken“, sagte er mit Blick auf Lehren für die Branche. Man müsse weitere Kontrollen einfügen und sich auch das Thema Reporting noch einmal anschauen, sagte Weber. „Ob sich die DWS schuldig gemacht hat, kann ich von hier aus nicht beurteilen. Insgesamt trägt der Fall aber dazu bei, dass die Aufmerksamkeit, was das Prozessmanagement anbelangt, noch einmal geschärft wurde“, erklärte FNG-Chef zu den Auswirkungen der Affäre.

Den größten Zuwachs unter nachhaltigen Geldanlagen schafften 2021 Publikumsfonds mit einem Plus von 130% auf 246 Mrd. Euro. Sie überholten damit nachhaltige Spezialfonds und Mandate. Gut ein Drittel des Wachstums bei Publikumsfonds gehe auf Zuflüsse zurück, erklärte Dittrich. „Dann muss man aber auch sagen, dass bei der Wertentwicklung auf Nachhaltigkeit umgestellte Fonds dabei sind.“ Allen voran zu nennen seien hier Immobilienfonds mit einem Volumen von gut 72 Mrd. Euro, die erstmals als nachhaltig eingestuft wurden. Der Marktanteil nachhaltiger Publikumsfonds, Mandate und Spezialfonds wuchs um 3 Prozentpunkte auf 9,4%.

Unter den Anlagestrategien lag im vergangenen Jahr die Integration von ESG-Kriterien knapp vor der Nutzung von Ausschlusskriterien, die in den vergangenen Jahren am weitesten verbreitet war. Etwas mehr als 336 Mrd. Euro wurden zum Stichtag unter Nutzung dieser Anlagestrategie verwaltet, bei der ESG-Kriterien und -Risiken in die traditionelle Finanzanalyse integriert werden. Der Ansatz fand bei 82% der im Rahmen des Marktberichts erfassten Publikumsfonds, Mandate und Spezialfonds Anwendung.

Mehr als jeder dritte in nachhaltige Publikumsfonds, Mandate und Spezialfonds angelegte Euro (36%) war per 31.12.2021 in Aktien investiert, 25% in Unternehmensanleihen. Damit flossen 61% aller nachhaltigen Geldanlagen in von Unternehmen emittierte Wertpapiere.