Neue Lücken im Gesetz

Investmentsteuernovelle bekommt Dividendenstripping nicht dicht

Neue Lücken im Gesetz

Bei der Anhörung zur Investmentsteuerreform im Bundestag drängen Fragen zum Dividendenstripping über sogenannte Cum-cum-Geschäfte in den Vordergrund. Finanzbranche, Fondsanbieter und Investoren kommen nur kurz zu Wort.wf Berlin – Die Regelung gegen Steuergestaltung über sogenannte Cum-cum-Geschäfte in der Investmentsteuerrechtsnovelle ist geeignet, Dividendenstripping einzuschränken. Eröffnet werden aber neue Gestaltungsmöglichkeiten. Diese Einschätzung teilten mehrere Sachverständige in der Anhörung zum Gesetzentwurf im Finanzausschuss des Bundestags. “Es gibt Nachbesserungspotenzial”, konstatierte Florian Holle, Steuerexperte im Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI).Heribert Anzinger von der Universität Ulm machte deutlich, dass die Steuervermeidung durch Dividendenstripping kein Thema des Investmentsteuerrechts sei, sondern der Besteuerung von Kapitalerträgen. Die Bundesregierung will aber diesen Gesetzentwurf nutzen, um eine Steuerlücke dicht zu machen.Bei den sogenannten Cum-cum-Geschäften verkauft ein Steuerausländer, ohne Berechtigung auf deutsche Steuererstattung, eine Aktie kurz vor dem Dividendenstichtag “cum” Dividende an einen Steuerinländer und kauft sie nach dem Dividendenstichtag ohne Dividende wieder zurück. Der Inländer erhält eine Erstattung auf die steuerfreie Dividende. Der Gewinn aus dem Geschäft wird geteilt. Künftig soll die Erstattung an eine Mindesthaltedauer über den Dividendenstichtag hinweg geknüpft werden. Zudem muss der Käufer ein Mindestmaß an wirtschaftlichem Risiko tragen.Uneinigkeit bestand zwischen den Sachverständigen, ob diese Form des Dividendenstrippings Missbrauch des Steuerrechts ist oder legale Steuervermeidung. Lorenz Jarass von der Hochschule RheinMain wertete die Praxis als “eindeutig missbräuchliche Gestaltung”. Dem widersprach Anzinger, machte aber deutlich, dass die nun anvisierte spezialgesetzliche Regelung zum Ausdruck bringe, dass die bisherige Praxis “offensichtlich möglich” gewesen sei. Massive EinwändeDie Debatte über das Dividendenstripping provozierte bei den Abgeordneten so viele Fragen, dass die eigentliche Novelle des Investmentsteuerrechts in der zweistündigen Anhörung zu kurz kam. Nur wenige Punkte konnten die Vertreter der betroffenen Branchen noch vorbringen. Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) rechnet entgegen dem Ziel des Gesetzes, die Administration zu vereinfachen, mit erheblichem Mehraufwand für Fondsgesellschaften und Kreditinstitute. Depotführende Stellen sähen sich mit einer Vielzahl von neuen Pflichten und Aufgaben konfrontiert, sagte Joachim Dahm vom Bundesverband deutscher Banken, derzeit Federführer der DK. Auch der BDI zeigte sich überzeugt, dass das Nebeneinander von Publikums- und Spezialfonds den Aufwand “nur begrenzt vereinfacht”. Für die Fondsbranche monierte Andreas Zubrod, Vorstand von Union Investment, dass die Besteuerung des Publikumsfonds zu einer massiven Mehrbelastung der Anleger führe. Der Steuerexperte des Versicherungsverbandes GDV, Jürgen Wagner, warnte vor Anlagebeschränkungen, die von der Novelle ausgingen. Deshalb sollten Investitionen in Infrastruktur und nichtnotierte Rentenpapiere wieder in den Anlagenkatalog aufgenommen werden.Mit der Reform wird für Publikumsfonds ein neues Steuerregime eingeführt. Besteuert wird künftig der Fonds und nicht mehr wie bisher der Anleger. Dividenden, Mieterträge und Veräußerungsgewinne aus Immobilien werden mit 15 % Körperschaftsteuer belastet. Zinsen, Veräußerungsgewinne aus Wertpapieren, Gewinne aus Termingeschäften und ausländische Dividenden sowie Immobilienerträge bleiben beim Fonds steuerfrei. Damit soll eine europarechtliche Gleichstellung in- und ausländischer Investoren erreicht werden. Bei Spezialfonds bleibt das bisherige transparente Steuerregime bestehen.