Patrimonium nach Credit-Suisse-Aus vor Real-Estate-Debt-Debüt
Im Podcast: Daniel Heine
Patrimonium und Credit Suisse gehen auseinander
Patrimonium-Mitgründer Daniel Heine über das Ende der Kooperation, den nächsten Direct Lending Fund und ersten Immobilienkreditfonds
Von Philipp Habdank, Frankfurt
Etwas Altes endet, etwas Neues beginnt: Patrimonium beendet notgedrungen seine langjährige Kooperation mit der Credit Suisse. Dafür geht der Schweizer Vermögensverwalter Anfang nächsten Jahres ins Fundraising für seinen fünften Direct-Lending-Fonds und will außerdem zum ersten Mal einen Immobilienkreditfonds auflegen. Entsprechende Pläne kündigt Mitgründer Daniel Heine gegenüber der Börsen-Zeitung in der neuesten Folge des Private-Markets-Podcasts „Betting Billions“ an.
Unter Direct Lending versteht Patrimonium die direkte, also bankenunabhängige Kreditvergabe an Unternehmen mit (sponsored) oder ohne (non-sponsored) Private-Equity-Investor im Rücken. Heine zufolge strebt Patrimonium im Portfolio eine 50-50-Quote an. In den zurückliegenden zwölf bis 18 Monaten sei der Dealflow außerhalb des Private-Equity-Kosmos allerdings konstanter gewesen. „Was das Deployment betrifft, sind wir in Summe zufrieden, und wir planen, im ersten Quartal mit dem nächsten Direct Lending Fund an den Markt zu gehen“, sagt Heine.
Der neue Kreditfonds soll demnach zwischen 600 und 800 Mill. Euro schwer werden und wäre damit allein mindestens so groß wie sein Vorgänger und der Kooperationsfonds mit der Credit Suisse zusammen. Mit der Schweizer Bank bestand eine Zusammenarbeit, um eine sogenannte One-Stop-Shop-Lösung für Private-Equity-Investoren anbieten zu können, die eine Fremdfinanzierung für eine Unternehmensübernahme suchen. Das Paket umfasste neben amortisierenden (Term Loan A) und endfälligen Finanzierungsbausteinen (Term Loan B) auch eine Betriebsmittellinie (Revolving Credit Facility, RCF).
Patrimonium: Segen und Fluch der Credit-Suisse-Kooperation
„Die Credit Suisse war sicher eine der ganz populären Adresse, wo die großen Sponsoren hingegangen sind, um nach einer Finanzierung zu fragen“, sagt Heine. Er glaube jedoch nicht, dass das Thema Direct Lending außerhalb des Schweizer Heimatmarktes die DNA der UBS sei. Diese hat die Credit Suisse übernommen und ist gerade dabei, sie zu integrieren. Von daher sei es laut Heine nicht geplant, einen neuen Fonds mit der Credit Suisse zu machen.
Die Kooperation bezeichnet Heine rückblickend dennoch als großen Erfolg und würde sie jederzeit wieder eingehen. Er sei auch offen für eine Kooperation mit einer anderen Bank, wie er selbst sagt. Mit Blick auf das Aus schlagen trotzdem zwei Herzen in seiner Brust: Auf der einen Seite sei es schade, nun keine One-Stop-Shop-Lösung mehr anbieten zu können. Debt Funds tun sich weiterhin schwer damit, atmende Betriebsmittellinien bereitzustellen. Auf der anderen Seite habe Patrimonium mit der Credit Suisse aber auch die Rendite teilen müssen. Heine hofft, einen Großteil der gemeinsamen Deals künftig aus dem neuen und größeren Direct Lending Fund selbst abbilden zu können.
Unveränderte Investmentstrategie
Finanziell betrachtet sei das für Patrimonium schon interessanter, so Heine, demzufolge sich der Markt über die letzten vier bis sechs Jahre aber auch deutlich verändert habe. „Meine Beobachtung ist schon die, dass die typischen Bank-LBO-Finanzierer sich sehr deutlich zurückgezogen und uns Debt Funds dadurch einfach mehr Platz gegeben haben.“ Als Beispiel nennt Heine die BayernLB, die sich aus dem Leverged-Finance-Geschäft verabschiedet hat. In Summe sei das für die Fonds eine positive Entwicklung.
An der Investmentstrategie will Heine im Direct Lending indes nicht rütteln. Größere Deals möchte er trotz größerem Fonds nicht unbedingt machen, sondern sich weiterhin auf den kleineren Midmarket konzentrieren. Patrimonium definiert diesen über Unternehmen mit einem operativen Gewinn (Ebitda) zwischen 10 und 20 Mill. Euro. Bei einem durchschnittlichen Verschuldungsgrad (Leverage) des Drei- bis Vierfachen des operativen Gewinns ergäben sich somit durchschnittliche Finanzierungsgrößen von rund 40 Mill. Euro.
Zinswende wurde zur Gefahr
Das Fundraising-Umfeld bezeichnet Heine derzeit als große Herausforderung. „Das war auch schon die letzten zwölf Monate extrem schwierig. Da würde ich lügen, wenn ich sagen würde, dass es uns leichtfallen würde.“ Das Hauptthema sei demnach die Zinswende, von der die Branche nicht nur profitiert habe. Direct-Lending-Finanzierungen sind üblicherweise variabel verzinst. Sie bestehen aus einer risikobasierten Marge, und hinzu kommt der variable Euribor. Die Margen – und damit faktisch die Risikokosten – sind laut Heine durch die Zinswende glücklicherweise konstant geblieben und liegen im Schnitt zwischen 600 und 800 Basispunkten.
Durch den Anstieg des Euribors von 0 auf 4% sei die Bruttorendite von 6 bis 8% auf 10 bis 12% gestiegen – ohne dass sich die Risikokosten verändert haben. Auf den ersten Blick seien die höheren Renditen für Kreditfonds natürlich gut. Heine hatte jedoch die große Sorge, dass gesunde Unternehmen irgendwann nicht mehr bereit wären, solche Marktpreise zu bezahlen. Diese Preisdeckelung hätte wahrscheinlich dazu geführt, dass die Margen komprimiert würden. „Und dann wäre die nächste Folge gewesen, dass somit das gleiche Risiko niedriger [und damit schlechter] bepreist gewesen wäre als vor dem Zinsanstieg“, sagt Heine. Zum Glück sei dieses Szenario nicht eingetreten, da die Zinsen nicht noch weiter gestiegen seien.
Warum Patrimonium Immobilienkredite bislang gemieden hat
Komplett falsch bepreist waren laut Heine in der Vergangenheit in Deutschland vor allem auch Immobilienkredite – insbesondere Mezzanine-Finanzierungen. Das sind Kredite, die je nach Ausgestaltung zwar Fremdkapital sind, jedoch ein eigenkapitalähnliches Risikoprofil ausweisen. „Wir haben den Bereich in der Vergangenheit nie angefasst, weil wir immer der Ansicht waren, dass die erzielbaren Renditen auf einer risikoadjustierten Ebene einfach völlig unattraktiv waren“, sagt Heine.
Wir haben den Bereich in der Vergangenheit nie angefasst, weil wir immer der Ansicht waren, dass die erzielbaren Renditen auf einer risikoadjustierten Ebene einfach völlig unattraktiv waren.
Daniel Heine, Patrimonium
So habe der Preis für eine Mezzanine-Finanzierung in Deutschland jahrelang im einstelligen Prozentbereich gelegen. In Großbritannien oder den USA hingegen hätte Mezzanine-Kapital immer zwischen 14 und 16% gekostet. Neben dem Preis störte Heine zudem das Risiko, dass ein Mezzanine-Investor in Deutschland eingegangen wäre. „Da war die Situation noch viel dramatischer“, sagt er und verweist auf die sogenannten Long Term Values (LTV), also die Beleihungsgrade der finanzierten Immobilien.
Deutsches Mezzanine-Desaster
Im internationalen Vergleich hätten Mezzanine-Finanzierungen LTVs von 65 bis 75%, vielleicht 80%. Bei Niveaus darüber hinaus spreche man in England vom sogenannten Preferred Equity, das laut Heine noch riskanter sei als Mezzanine-Kapital und folglich mit 20% oder sogar noch teurer bepreist sei. In Deutschland zum Vergleich hätten die LTVs für eine Mezzanine-Finanzierung häufig bei 85 bis 90% gelegen, bei einem Preis von 8 oder 9%.
Und es kommt noch schlimmer, denn viele dieser Projektfinanzierungen waren wohl faktisch vollständig fremdfinanziert. Denn: „In Deutschland gab es das Eigenkapital oft nur auf dem Papier, d.h., es wurde nicht im Vorfeld in Cash, sondern erst zeitversetzt in die Projektentwicklung eingebracht“, kritisiert Heine. Das fehlende Eigenkapital sei der Grund, weshalb viele Entwicklungsprojekte stehen geblieben seien. Den Grund für die deutsche Fehlbepreisung sieht Heine im harten Wettbewerb der Banken. „Die Banken haben alles finanziert, was immobilienbesichert war, zu extrem hohen Beleihungsausläufen.“ In der Schweiz oder in Großbritannien ist dies Heine zufolge nicht passiert.
Halbe Milliarde für Immobilienkredite
Doch damit könnte jetzt Schluss sein. Heine ist sich sicher, dass sich der deutsche Markt durch die Krise dem internationalen Standard anpassen wird. Heißt: Die Beleihungswerte für Mezzanine-Finanzierungen dürften deutlich zurück und die Preise im Gegenzug deutlich nach oben gehen. Für deutsche Marktteilnehmer sei das natürlich hart. „Da müssen sich viele erstmal daran gewöhnen, dass das künftig das New Normal ist. Für uns ist das aber natürlich wahnsinnig attraktiv, weil hier endlich eine Marktlücke aufgeht, auf die wir schon lange gehofft haben“, sagt Heine.
Da müssen sich viele erstmal daran gewöhnen, dass das künftig das New Normal ist.
Daniel Heine, Patrimonium
Das Momentum möchte Patrimonium nutzen und den ersten eigenen Immobilienkreditfonds auflegen. Das Zielvolumen liegt Heine zufolge bei 500 Mill. Euro. Investieren will er schwerpunktmäßig in Deutschland und den Niederlanden. Der Fokus läge zunächst auf Neufinanzierungen und Refinanzierungen von Bestandsimmobilien.
Nichts kategorisch ausschließen
Projektfinanzierungen will Heine nicht kategorisch ausschließen. Diese seien verglichen mit der Finanzierung von Bestandsobjekten aber immer herausfordernder und folglich auch deutlich teurer. Einzelne Immobiliensektoren schließt Heine ebenfalls nicht aus, auch nicht den nach der Covid-Pandemie gebeutelten gewerblichen Immobilienmarkt. Schließlich gebe es auch in den schwierigen Bereichen spannende Fälle.
Noch mehr Hintergründe zum deutschen Mezzanine-Desaster, zur Credit-Suisse-Kooperation und zu den Real-Estate-Debt-Plänen von Patrimonium verrät Heine in der aktuellen Folge von „Betting Billions“, die überall dort verfügbar ist, wo es Podcasts gibt.
Mehr von Betting Billions
Brücken zwischen Politik und privatem Infrastrukturkapital bauen (#6)
Der frühere Banker und Deutsche-Bahn-CFO Alexander Doll legt den Finger in die deutsche Infrastruktur-Wunde und fordert mehr privates Kapital. Im Podcast „Betting Billions“ erklärt der Infrastrukturexperte, woran es im Zusammenspiel zwischen Staat und privaten Investoren hakt.
Allianz Global Investors erkundet unbekanntes Terrain (#4)
Allianz Global Investors wirbt mit einem European Long Term Investment Fund (Eltif) erstmals um Privatanleger und folgt damit einem Trend unter den großen Vermögensverwaltern. Raluca Jochmann über die Hintergründe für das Eltif-Debüt.
Die Tücken offener Private-Markets-Fonds (#5)
Auf der 7. Private Debt Konferenz der Börsen-Zeitung spricht Stephan Tscheulin von StepStone offen über die Chancen und Risiken von offenen Private-Markets-Fonds und warnt vor dem Begriff „Semi-Liquidität“.
Der Vermögensverwalter Patrimonium beendet die Kooperation mit der Credit Suisse im Direct Lending, plant aber einen neuen eigenen Fonds und will erstmals ins Immobilienkreditgeschäft einsteigen. Im Private-Markets-Podcast „Betting Billions“ spricht Mitgründer Daniel Heine exklusiv über die Hintergründe dazu.
Die ganze Episode Betting Billions jetzt online hören