Rob Moffat, Balderton

„Revolut ist eine ‚execution machine‘“

Balderton Capital will stärker in den deutschen Fintech-Markt investieren und scharrt schon mit den Hufen. Partner Rob Moffat hat schon einige Sektoren im Blick, wie digitales Wealth Management.

„Revolut ist eine ‚execution machine‘“

Von Björn Godenrath, Frankfurt

In der Fintech-Branche folgte auf die Rekorde des Hype-Jahres 2021 der Katzenjammer mit sinkenden Bewertungen und reduzierter Dealaktivität. In den vergangenen Wochen gab es beim Funding aber erste Lichtblicke mit Anschlussfinanzierungen.

Seed Investments seien auch in der Branchenflaute stark geblieben, Series A bis C seien aber nahezu komplett eingeschlafen, so der Partner von Balderton Capital, Rob Moffat. „Investoren checken derzeit jede Kennziffer doppelt und dreifach und wollen auf dem Weg zur Profitabilität eine gute Performance sehen. Wir bei Balderton sind bemüht, unabhängig vom Fundingklima einen normalisierten Rhythmus zu fahren, mit einem Investment pro Monat.“

Da es viel trockenes Pulver gibt, geht Moffat davon aus, dass die Investitionen zum Jahresende hin deutlich anziehen werden. In einzelnen Sektoren wie KI und Climate Tech seien mit Rückkehr des Risk-on-Modus schon wieder sehr hohe Bewertungen zu beobachten.

Auch die mit ihren beiden 2021er Fonds vor allem in Series A operierende Balderton scharrt schon mit den Hufen. Denn Sektor für Sektor sei zu beobachten, dass Fintechs näher an die Gewinnschwelle heranrücken. „Wir wollen auch gerne mehr in deutsche Fintechs investieren und schauen dabei insbesondere auf Geschäftsmodelle rund um die Beratungslücke für Retailanleger, B2B-Payments sowie die zweite Insurtech-Welle. Gerade bei Investment-Plattformen ergeben sich mit Hilfe von KI und automatisierten Prozessen gute Gelegenheiten, um auch mit kleinen Kundenvermögen profitabel zu wirtschaften.“ Bislang hat der Londoner Fonds nur vereinzelt in Fintechs aus Deutschland investiert, wie in den Kryptoverwahrer Finoa. Im Frühjahr 2021 war Balderton Lead Investor bei einer Runde über 22 Mill. Dollar.

Moffat und seine Kollegen glauben, dass sich gerade beim digitalen Wealth Management unabhängig von einem EU-Provisionsverbot Gelegenheiten ergeben dürften. „Es gibt einen vernünftigen Weg, die Leute davon zu überzeugen, statt Bargeldhaltung in den Kapitalmarkt mit überschaubaren Risiken und Gebühren zu investieren.“ In Großbritannien hat Balderton bereits beim Robo-Advisor Nutmeg investiert und weiß also, an welchen Schrauben man drehen muss.

Außerdem ist Balderton wählerisch und zieht nicht bei jedem Trend mit. So habe man nicht in die erste Generation bei Banking as a Service investiert, da man den breiten Ansatz als nicht so erfolgversprechend beurteilt, sagt Moffat. Balderton investiert bevorzugt in BaaS-Anbieter, die spezialisiert vorgehen. So wurde Ende 2021 in Numeral investiert, die eine API entwickelt hat, um den In-App- und Web-Zahlungsverkehr von Tech-Firmen automatisiert mit ihren Banken zu verbinden. Im B2B-Zahlungsverkehr verortete Ge­schäftsmodelle sind für Moffat immer einen Blick wert. Ein anderes Investment ist die britische Gocardless. Die bringt die klassische Lastschrift in den E-Commerce und expandiert damit europaweit.

Venture-Fonds lieben solche Skalierungen, die bei allen Umsetzungsrisiken doch berechenbar erscheinen, wenn es eine taugliche Tech-Plattform gibt, die einen sichtbaren Mehrwert liefert und die Regulatorik Türen öffnet. Wobei das tricky sein kann in der Risikoabschätzung: Bei der PSD2 und dem daran geknüpften Open Banking habe es doch sehr viel länger gedauert als zunächst gedacht, bis Fintechs damit Umsätze machen konnten, sagt Moffat. In der Regel hat Fintech ein Gewicht von 15 bis 20% in den Fonds von Balderton, meist ab Series A.

Bei Revolut war Balderton früh dran als Lead Investor in der Seed-Runde im Jahr 2015. Die zuletzt mit 33 Mrd. Dollar bewertete britische Neobank ist damit Vorzeige-Investment für Balderton. „Revolut ist eine ,Execution Machine‘. Wir sind beeindruckt von Geschwindigkeit und Produktqualität.“ Das Management um Nik Storonsky habe regulatorische Baustellen abgearbeitet. „Das einzige, was noch fehlt, ist die britische Bankenlizenz – aber auf so etwas muss man eben lange warten.“

Beim Vergleich mit N26 hebt Moffat hervor, dass Revolut sich früher und stärker als Investment-Plattform aufgestellt habe und mit dem Trading zusätzliche Einnahmen erziele. Was allen Neobanken mit Banklizenz helfe, sei das veränderte Zinsumfeld, da man nun etwas aus den Einlagen machen könne. Ein IPO für Revolut sieht Moffat nicht vor 2024, da das IPO-Fenster dieses Jahr selbst in London ziemlich verrammelt sei.

Ein Schwerpunkt seiner Investments ist Insurtech, auch wenn man in dem Multi-Milliarden-Sektor einen langen Atem brauche. „Leider ist es so gewesen, dass die falschen Insurtechs an die Börse gegangen sind“, blickt Moffat zurück. Die Rede ist von Lemonade und Hippo, die nur schwer Umsätze machen und eine furchtbare Kursentwicklung zeigen.

Die Makler seien fest verankert in diesem Geschäft, damit müsse man sich als digitales Start-up arrangieren. Das deutsche Insurtech Wefox habe in der Series-A-Finanzierungsrunde ein Investment erwogen, sich dann aber dagegen entschieden – auch wenn Moffat den selbst entwickelten Digitalversicherungen von Wefox eine gute Qualität bescheinigt. Neben den klassischen Einkünften aus dem Maklergeschäft müsse ein Insurtech zeigen, dass es auf der digitalen Schiene Mehrwert schafft, um die hohen Bewertungen zu bestätigen.

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