Robuste Ausgangslage bei europäischen Banken
sto Frankfurt
Die europäischen Banken sind für die erneute Krisenphase mehrheitlich robust aufgestellt. Dies ist das Fazit der aktuellen Bankenstudie der Schweizer Ratingagentur Independent Credit View (I-CV), die der Börsen-Zeitung vorab vorliegt. Allerdings erkennen die Analysten mit Blick auf Rentabilität und Kapital strukturelle Probleme in Deutschland bei den Landesbanken, Deutscher Bank und Commerzbank sowie bei italienischen Instituten. Im laufenden Jahr gehen die Experten für den Sektor überwiegend von einer stabilen Entwicklung aus und von tragbaren Belastungen im nächsten Jahr. Das Ausmaß der Belastungen könne sich aber je nach Verlauf der aktuellen Krise verschärfen.
Aktuell verfügen die Banken aus Sicht der Schweizer Experten über eine robuste Basis dank vergleichsweise niedriger Quoten an Problemkrediten und verbesserter Kapitalbasis. Auch für ein höheres Ausmaß an wackligen Krediten seien die Geldhäuser gerüstet, so I-CV (siehe Grafik). Viele Institute hätten in den vergangenen zwei Jahren per Ende 2021 die Quote der tatsächlich ausfallgefährdeten Kredite im Verhältnis zum gesamten Kreditbuch reduziert – trotz der Pandemie. Bei der Deutschen Bank indes liegt der jüngste Wert mit 2,5 % nach Darstellung von I-CV höher als zuvor. Die Kredite mit einem erhöhten Risiko für eine Ausfallwahrscheinlichkeit wiederum seien bei einigen Häusern weiterhin auf hohem Niveau, warnt die Ratingagentur und nennt explizit die LBBW, die Raiffeisen Bank International (RBI), Unicredit und die Erste Group. Angesichts der konjunkturellen Eintrübung seien hohe Volumina dieser Kreditkategorie ein großes Risiko.
Wenn dann noch eine schwache Ergebnisbasis hinzukommt, um mögliche steigende Risikokosten überhaupt abfedern zu können, geht es ans Eigenkapital. In dieser Hinsicht machen die Analysten bei der LBBW, Unicredit und RBI Warnsignale aus. Kapital und Rentabilität zusammen betrachtet, leuchten für I-CV bei Deutscher Bank und Commerzbank Warnlichter auf beziehungsweise für deutsche und italienische Adressen insgesamt.
Mit Blick auf die Zinswende, die auf Dauer die Margen der Banken wieder auf auskömmliche Niveaus heben dürfte, zeigt sich die Ratingagentur zurückhaltend. Die höheren Zinsen würden sich 2022 mit durchweg positivem Effekt auf Zinsmarge und Ertragssituation auswirken. Eine dauerhaft hohe Inflation könnte dies aber konterkarieren, wenn sich diese beispielsweise in höheren Verwaltungskosten niederschlage.
Mit Blick auf möglichen zusätzlichen Stress für Banken durch eine Korrektur am Immobilienmarkt sieht I-CV vor allem britische und skandinavische Banken wegen der hohen Engagements gefährdet. Klassische Retailbanken seien hier auch exponiert ebenso wie Adressen mit einer hohen Abhängigkeit von Nettozinsertrag in Kombination mit Konzentrationsrisiken in der gewerblichen Immobilienfinanzierung wie die deutschen Landesbanken. Im Falle einer möglichen Immobilienkorrektur sei auch die Deutsche Bank gefährdet, da sie einen weniger stabilen Ergebnismix habe und in anderen Bereichen hohe Risiken habe.