Transaktionen bei Gewerbeimmobilien gewinnen an Dynamik
Gewerblicher Immobilienmarkt gewinnt an Dynamik
Deutschlands führende Maklerhäuser verzeichnen deutlich mehr Transaktionen im ersten Quartal – Wohnen weiterhin Treiber, aber auch Büros holen auf
tl/cka Frankfurt
Von Thomas List und Carolin Kassella, Frankfurt
Das Transaktionsgeschehen am deutschen gewerblichen Immobilienmarkt gewinnt zusehends an Schwung. Auch die Vermietungen haben wieder zugelegt. „Der Investmentmarkt ist im ersten Quartal im Vergleich zum Vorjahresquartal um 17% auf 7,4 Mrd. Euro gewachsen“, sagt Jan Linsin, Head of Research bei CBRE Germany, der Börsen-Zeitung. „Über die vergangenen zwölf Monate hat sich die graduelle Erholung fortgesetzt. Der Markt funktioniert wieder.“ Für das gesamte Jahr erwartet er ein Wachstum in derselben Größenordnung. Bis Jahresende würde das Transaktionsvolumen damit auf rund 40 Mrd. Euro ansteigen.
Widersprüchliche Risiken
Für Immobilieninvestoren werde es im Anschluss an das jüngst beschlossene Investitionspaket der Bundesregierung darum gehen, mit den teils widersprüchlichen Risiken umzugehen, so Helge Scheunemann, Head of Research bei JLL Deutschland. Diese bestünden einerseits in höheren Kapitalkosten und einem weiterhin zu hohen Verschuldungsgrad (Loan to Value), andererseits ein weiterhin über der Inflation liegendes Mietwachstum.
Büros wecken weiterhin wenig Kaufinteresse
Karsten Nemecek, Deputy CEO Germany bei Savills, rechnet in den kommenden Monaten mit einer insgesamt leicht erhöhten Transaktionsaktivität. Entscheidend sei dabei, für wie viele der zum Verkauf stehenden Objekte Käufer gefunden werden könnten: "Besonders Büroimmobilien stehen bei vielen Eigentümern zur Disposition, doch das Investoreninteresse bleibt in diesem Segment begrenzt.“
Zölle schwer einzupreisen
Zu den jüngsten Marktverwerfungen infolge des beginnenden weltweiten Handelskriegs sagt Linsin: „Wir müssen in Szenarien denken. Das erratische Handeln von Politikern lässt sich nicht einpreisen.“ Immobilien brauche man aber immer. Grundsätzlich gelte: „Als Eigentümer und Assetmanager muss ich mit der Immobilie arbeiten. Dafür muss ich Markt, Objekt und Mieter verstehen und auch Nachnutzungsmöglichkeiten im Auge haben. Es geht um das Verständnis für ein physisches Objekt und nicht nur um Financial Modelling.“
Wohnung bleibt Treiber der Erholung
Getragen wird der Aufwärtstrend weiterhin in erster Linie vom Wohnsegment. Größte Transaktion war der Verkauf von mehr als 8.000 Wohn- und Gewerbeeinheiten aus dem Bestand des offenen Immobilienfonds Uniimmo Wohnen von ZBI. „Es gab zehn Deals mit jeweils mehr als 100 Mill. Euro Transaktionswert.“ Ausländische Adressen aus Frankreich, der Schweiz, Kanada, USA, Großbritannien und Australien sind verstärkt in Erscheinung getreten. „Sie haben ihr Investmentvolumen gegenüber dem ersten Quartal 2024 um 35% gesteigert.“ Linsin stelle aus vielen Gesprächen fest, dass „die Ausländer den deutschen Markt viel positiver sehen als mancher Deutscher.“
Büros haben deutlich aufgeholt
Bei den Nutzungsarten haben Büros deutlich aufgeholt. „Office ist im ersten Quartal die stärkste gewerbliche Nutzungsart“, sagt Linsin, ohne diese Entwicklung überbewerten zu wollen. Allerdings ist das Transaktionsvolumen mit 1,4 Mrd. Euro leicht zurückgegangen (-2%). Die herausragende Transaktion war das Upper West in Berlin, das im Februar aus dem Signa-Nachlass für 450 Mill. Euro den Eigentümer wechselte. „In gute Qualität an Top-Lagen wird nach wie vor investiert. Aber richtig große Deals sind weiterhin rar.“
Am Beispiel Upper West zeige sich zudem, dass weiterhin eigenkapitalstarkes, privates Kapital die aktuelle Marktlage nutzt, um sogenannte Trophy Buildings zu erwerben, kommentiert Michael R. Baumann, Head of Capital Markets Germany bei Colliers. „Insbesondere im Bürosegment registrieren wir jedoch auch wieder ein leicht gestiegenes Interesse an Core- bzw. auch Value-Add-Objekten. Die Phase, in der Büros prinzipiell aus dem Ankaufsprofil institutioneller Käufergruppen verschwunden waren, dürfte beendet sein“, ergänzt er.
Logistikimmobilien mit Rückgang
Bei den in den vergangenen Jahren stark in den Fokus getretenen Logistikimmobilien gab es im ersten Quartal einen Rückgang von 29% auf 1,2 Mrd. Euro. „Es mangelte zum Jahresauftakt vor allem an Portfoliotransaktionen sowie an großvolumigen Einzeltransaktionen. Darüber hinaus gibt es auch wenig Angebot an Neubauprodukten“, konstatiert Linsin.
Große, global agierende Investoren suchten nach seinen Erkenntnissen moderne Logistikimmobilien und Produktionsanlagen, die gut vermietet sind. Der Einzelhandel profitiere von einem sich abflachenden Onlinehandel. „Die Leute wollen nach Corona wieder verstärkt stationär einkaufen“, beobachtet Linsin. Das Transaktionsvolumen lag hier im ersten Quartal bei 1,3 Mrd. Euro, 14% weniger als vor einem Jahr.
Jenseits der Großstädte aktiv
In der Regionalbetrachtung zeigt sich, dass Investoren bei Wohnen und Logistik vorwiegend außerhalb der Metropolen aktiv waren. „Im Einzelhandel war die größte Transaktion der Verkauf des Design-Outlets in Wustermark vor den Toren Berlins für 230 Mill. Euro“, so Linsin. Bei Büros und Ärztehäusern waren die vorherrschenden Deals zwischen 50 und 75 Mill. Euro gerade in B-Städten wie Dortmund, Mainz oder Hannover zu finden.
Bei Büro-Anmietungen hat Frankfurt seit Jahresanfang eine Sonderkonjunktur erlebt. Die Helaba hat den in Bau befindlichen Central Business Tower mit 73.000qm ab 2028 an die Commerzbank vermietet. Außerdem errichtet die ING Deutschland 2028 auf rund 32.000 Quadratmetern ihr Hauptquartier im Hafenpark Quartier. „Insgesamt lag das Vermietungsvolumen im ersten Quartal bei knapp 200.000 Quadratmetern. Das hat den deutschen Top-5-Standorten einen Zuwachs von 10% beschert.“
Noch stärker als Frankfurt ist Hamburg gewachsen mit +34%, während andere Märkte wie Düsseldorf oder Berlin schwächer abschnitten. „Da gab es keine größeren Transaktionen.“ Für das Gesamtjahr rechnet Linsin in Deutschland weiterhin mit einem Vermietungsumsatz von 2,4 Mill. Quadratmetern. „Das wäre ein Zuwachs von gut 10%.“
Trend setzt sich fort
Der Büro-Trend zu Top-Flächen in Top-Lagen setzt sich Linsin zufolge fort. „Dort gibt es kaum Leerstände. Das wird auch so bleiben.“ Aber auch ältere Objekte würden verstärkt als Chance zur „Veredelung“ gesehen, solange sie zentral in Innenstädten liegen.
Der deutsche gewerbliche Immobilienmarkt hat im ersten Quartal mit einem laut CRBE zweistelligen Wachstum im Investmentmarkt Zeichen der Erholung gezeigt. Das Bürosegment war dabei die stärkste gewerbliche Nutzungsart; regional hatte Frankfurt Sonderkonjunktur. Der Trend bei Logistikimmobilien war rückläufig.