Umgetaufte ESG-Fonds unter der Lupe
– Die Fondsanalysefirma Morningstar hat untersucht, welche Folgen spezielle Namensänderungen bei Fondsprodukten haben. Konkret geht es in der Studie um ursprünglich konventionelle Fonds, die in ESG- oder Nachhaltigkeitsprodukte umgewandelt werden und einen entsprechenden Zusatz bei Fondsnamen bekommen. Der neue Name könnte dann Begriffe wie ESG, Nachhaltigkeit oder Sustainability enthalten.
Nach Beobachtungen von Morningstar haben Fondsgesellschaften in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von ESG-Fonds aufgelegt, um auf die wachsende Nachfrage nach grünen Investments zu reagieren. In anderen Fällen haben sie bestehende Strategien in nachhaltige umgewandelt und die Fonds umbenannt.
Mit den regulatorischen Vorgaben nach dem Start des EU-Aktionsplans für grüne Finanzen stieg die Anzahl der Umbenennungen nach Zählung der Ratingagentur sprunghaft an und erreichte im März 2021 nach der Einführung der EU-Offenlegungsverordnung (Sustainable Finance Disclosure Regulation, SFDR) einen Höhepunkt. Als Beispiel für einen umgewandelten Fonds führt Morningstar den 2001 aufgelegten Inves-co Energy Fund an, der am 8. April 2021 in Invesco Energy Transition Fund umbenannt wurde.
In der Studie kommt Morningstar zu dem Ergebnis, dass Fonds mit neuer ESG-Strategie und neuem Namen ihr Engagement in umstrittenen Branchen wie Waffen, Tabak oder fossilen Brennstoffen reduzierten, bevor sie ihren Namen änderten. Nach der Umbenennung bleibt das Engagement in diesen kontroversen Bereichen weitgehend unverändert, liegt aber höher als bei nachhaltigen Fonds, die von vornherein mit einem grünen Etikett auf den Markt gekommen waren. Das spreche dafür, dass Anleger lieber in einen gut etablierten nachhaltigen Fonds mit einer nachgewiesenen Erfolgsbilanz investierten als in einen Fonds mit neuem Namen.
Die Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass sich ein Strategie- und ein Namenswechsel lohnen können. Die Änderungen von Strategie und Fondsnamen hatten Einfluss auf das Kaufinteresse der Anleger. Ehemals traditionelle und jetzt in ESG-Produkte umbenannte Fonds verzeichneten in den zwölf Monaten vor dem Namenswechsel im Schnitt Nettoabflüsse. Nach der Umbenennung kommt es laut Morningstar jedoch zu einer gegenläufigen Bewegung, die aus Sicht der Fondsgesellschaft den Schritt rechtfertigt. In den neun Monaten nach dem Namenswechsel gab es Nettomittelzuflüsse. Dann gingen die Zuflüsse wieder zurück, so das Ergebnis für 975 Fonds in der Untersuchung, die einen Zeitraum von Anfang 2018 bis Ende 2022 umfasst.
„Die Umbenennung von Fonds ermöglicht es Fondsgesellschaften, ihr ESG-Angebot auf der Grundlage bestehender Fonds zu erweitern, ohne sie komplett neu auflegen zu müssen“, sagt Boya Wang, ESG-Analyst bei Morningstar. Fonds könnten so aus einem schrumpfenden Bereich abgezogen und in einem dynamischeren Segment wie ESG neu positioniert werden. Allerdings hätten wachsende Bedenken wegen Greenwashing die Regulierungsbehörden dazu veranlasst, neue Offenlegungsregeln einzuführen. Derzeit läuft auch ein Verfahren der europäischen Wertpapieraufsicht ESMA, das Leitlinien für die Verwendung von ESG- und Nachhaltigkeitsbegriffen in Fondsnamen entwickeln soll.