Unicredit-CEO setzt auf Dialog

Orcel beschwört Dialog mit den Stakeholdern

Unicredit-CEO Andrea Orcel sieht den Einstieg bei der Commerzbank vorerst als reines Finanzinvestment und strebt nach eigenen Worten einstweilen keinen Sitz im Aufsichtsrat an.

Orcel beschwört Dialog mit den Stakeholdern

Unicredit

Orcel beschwört Dialog mit den Stakeholdern

Unicredit-Vorstandschef erklärt breite Zustimmung zur Voraussetzung für Commerzbank-Übernahme – Verzicht auf Aufsichtsratssitz

bl Mailand

Unicredit-CEO Andrea Orcel sieht sein Institut vorerst nur als „reinen Finanzinvestor“ bei der Commerzbank – „nichts anderes“. Er verlange derzeit auch keinen Sitz im Aufsichtsrat der Frankfurter Bank. „Das wäre unangemessen“, sagte Orcel bei einer Veranstaltung der Bank of America in London: „Wir haben kein Übernahmeangebot vorgelegt.“ Unicredit, die 2005 die HVB übernommen hatte, sicherte sich zuvor über Finanzinstrumente in zwei Schritten bis zu 21% der Anteile an der Commerzbank und hat dafür laut Orcel insgesamt 3,5 Mrd. Euro investiert.

„Testfall“ für Europa

Angesichts des Widerstands seitens der Commerzbank selbst, aber auch der deutschen Politik gegen eine Übernahme sagte Orcel, eine Übernahme sei nur sinnvoll, „wenn es dafür eine breite Zustimmung aller Stakeholder“ gebe. Eine Übernahme sei nur eine von drei Optionen, die man habe: „Das ist jetzt ein Testfall für Europa zur Schaffung einer starken internationalen Bank. Aber wir brauchen das nicht.“

Man müsse jetzt die Entwicklung abwarten, so der CEO. Denkbar sei auch, dass Unicredit ein Aktionär bleibt, der der Commerzbank dabei helfe, ihre vorhandenen Potenziale zu heben. Aber auch ein „Verkauf mit einem Gewinn, der den Aktionären zugutekäme“ sei möglich. „Alle Szenarien sind offen“, fügte Orcel hinzu.

Um milden Ton bemüht

Orcel bemühte sich, Schärfe aus der sich verhärtenden Diskussion zu nehmen. Der Einstieg sei deshalb erfolgt, weil die Commerzbank strategisch zu Unicredit passe und mit einer Rentabilität von über 15% auch die finanziellen Kriterien erfülle. Er bestritt auch, quasi in einer Nacht-und-Nebel-Aktion bei der Commerzbank eingestiegen zu sein. „Wir haben mehrmals mit den wichtigen Stakeholdern gesprochen, und wir wurden eingeladen, einen Anteil von 4,5% zu erwerben“, den die Finanzagentur zum Verkauf stellte. „Wir möchten den Dialog wieder aufnehmen.“

Bei seinen Ausführungen betonte Orcel immer wieder die Potenziale, die er in einer fusionierten Bank sähe: „Die HVB ist die Blaupause dessen, was man erreichen kann. Was wir bei der HVB in dreieinhalb Jahren geschafft haben, zeigt, dass wir auch bei der Commerzbank sehr signifikante Synergien erreichen können.“ Die Commerzbank passe gut zu Unicredit und HVB: „Zusammen können wir etwas Großes machen.“ Es sei möglich, „die Dynamik im sehr zersplitterten deutschen Bankenmarkt zu ändern und dem Mittelstand bessere Leistungen anzubieten“.

Er sei zuversichtlich, dass das, was bei der HVB erreicht worden sei, auch bei der Commerzbank möglich ist. Die HVB ist inzwischen fast so ertragsstark wie die Mutter, die mit einer Aufwandsquote von 36% eine der effizientesten Banken Europas sei. Allerdings wurde bei dem Institut massiv Personal abgebaut und Filialen wurden geschlossen. Darüber hinaus wurden Kapital und erhebliche Entscheidungskompetenzen nach Mailand transferiert. Die frühere AG ist zu einer GmbH degradiert worden, und viele Manager der ersten und zweiten Reihe verließen die HVB.

Italien feiert „Kaiser Andrea“

In Italien betrachtet man das Vorgehen Orcels bei der Commerzbank überwiegend als großen Coup von „Kaiser Andrea“. Die ablehnende Haltung großer Teile der Politik und bei der Commerzbank wird teilweise scharf kritisiert.

Nachdem zuvor bereits Außenminister Antonio Tajani an die „Marktregeln“ erinnert hatte, verwies nun auch Premierministerin Giorgia Meloni auf den „freien Markt“. Allerdings brachte sie ihre Hoffnung zum Ausdruck, dass „gemeinsame Lösungen“ gefunden werden. „Wir verstehen, dass das Kanzleramt irritiert ist. Es wäre besser für alle Beteiligten, wenn die Operation einvernehmlich erfolgte und die Beteiligten miteinander redeten. Eine Konfrontation dient niemandem.“

Rom interveniert häufig

In dieser Bemerkung könnte man auch ein gewisses Verständnis für die Besorgnis Berlins und Frankfurt erkennen. Denn Italiens Regierung hat sich unter ihrer Führung zahlreiche Einspruchsmöglichkeiten gegen ausländische Übernahmen gesichert.

Das wurde im Fall der Telecom Italia oder bei Pirelli, wo der Einfluss des chinesischen Großaktionärs begrenzt wurde, auch angewandt. Beobachter weisen auch darauf hin, dass Italien glaubwürdiger wäre, hätte die Regierung Meloni die Reform des europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) unterschrieben, der ein Sicherheitsnetz für die Kreditinstitute vorsieht.

Rom hat die Reform als einziges EU-Land nicht unterzeichnet und blockiert damit das Inkrafttreten.

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