Bund zurückhaltend

Unicredit ventiliert Übernahmechancen bei Commerzbank

Unicredit will womöglich mehr als nur Anteile an der Commerzbank. Bankchef Andrea Orcel nennt das Zusammengehen beider Institut eine Option. Der Bund reagiert zurückhaltend.

Unicredit ventiliert Übernahmechancen bei Commerzbank

Unicredit ventiliert Übernahmechancen

Bankchef Orcel nennt Fusion mit Commerzbank eine Option – Bund hält sich bedeckt

wf Berlin

Auf mögliche Bestrebungen der italienischen Großbank Unicredit, die Commerzbank zu übernehmen, reagiert der Bund zurückhaltend. „Gemäß dem üblichen Prozedere ist es Sache der Commerzbank, gegebenenfalls Gespräche mit ihren Anteilseignern zu führen“, sagte eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums der Börsen-Zeitung. Unicredit-Chef Andrea Orcel hat am Tag nach einem ersten Paketverkauf aus Bundesbesitz verstärktes Interesse am deutschen Institut bekundet. Die Übernahme der Commerzbank sei eine von verschiedenen Option, sagte Orcel dem Nachrichtensender Bloomberg TV. „Wir können aufstocken, wir können abstoßen, wir können es kombinieren“, sagte Orcel zu dem neuen Aktienpaket. „Wir sind sehr geduldig."  Zugleich warb er für den Zusammenschluss der beiden Institute. „Europa braucht stärkere Banken“, sagte er Bloomberg TV. 

Aktienposition überrascht

Unicredit hatte in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch 4,49% Aktien an der Commerzbank aus Bundesbesitz erworben und danach eine Beteiligung von insgesamt 9% am deutschen Kreditinstitut bekannt gemacht. Unicredit ist damit der zweitgrößte Anteilseigner hinter dem Bund, der nach dem Verkauf nun noch 12% an der Commerzbank hält. Die Staatsbeteiligung stammt aus einer Stützungsaktion in der Finanzkrise 2008/2009 und war ursprünglich noch höher.

Diskriminierungsfreies Verfahren

Anfang September hatten Bundesfinanzministerium und die Finanzagentur Deutschland bekannt gemacht, dass der Bund sich sukzessive von seinen Anteilen trennen werde – zunächst in einem ersten Schritt. Der Verkauf werde „transparent, diskriminierungsfrei und marktschonend erfolgen“, hieß es. Die Finanzagentur tritt für den Bund am Kapitalmarkt auf und handelt im Auftrag und auf Weisung des Bundesfinanzministeriums. Entschieden wurde, das Paket in einem beschleunigten Bookbuilding-Verfahren zu platzieren. Unicredit hat nach Angaben der Finanzagentur darin alle übrigen Angebote deutlich überboten. Das gesamte Paket wurde deshalb Unicredit für 702 Mill. Euro oder 13,20 Euro je Aktie zugeteilt; der Tagesschlusskurs lag bei 12,60 Euro.

In Berlin hatte der Aufbau einer Aktienposition, die deutlich über das vom Bund veräußerte Paket hinausgeht und auf Übernahmeabsichten schließen lässt, große Überraschung ausgelöst. Die Gewerkschaft Verdi sorgt sich um die Arbeitsplätze bei der Commerzbank und äußerte sich kritisch. Ein konkretes Angebot von Unicredit habe es vor dem Verfahren nicht gegeben, hatte eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums am Tag nach dem Verkauf gesagt. Unicredit-Chef Orcel sagte Bloomberg dagegen, Deutschland sei „sehr bewusst“ gewesen, dass Uncredit bereits einen Anteil von 4,5% aufgebaut hatte, bevor es die Anteile vom Bund gekauft habe.

Aus dem Bundesfinanzministerium erfuhr die Börsen-Zeitung, dass dem Ministerium zu dem Zeitpunkt, als das Bookbuilding-Verfahren unumkehrbar gestartet wurde, nicht bekannt war, dass Unicredit über weitere Anteile der Commerzbank verfügt. Die gesetzliche Meldeschwelle liegt bei 3 %. Es dürfte sicher geprüft worden sein, ob bereits eine Beteiligung vorgelegen hat. Damit liegt nahe, dass die Information über das bereits anderweitig aufgebaute Paket erst im laufenden Bookbuilding-Verfahren geflossen ist.

Die Finanzagentur hatte gegen 17:30 Uhr das Bookbuilding gestartet. Erst kurz vor Closing habe die Finanzagentur davon Kenntnis erlangt, dass Unicredit bereits eine 4,5-prozentige Aktienbeteiligung an der Commerzbank hält, erklärte die Agentur auf Anfrage der Börsen-Zeitung. In einem solchen diskriminierungsfreien Verfahren, wie es eine ABB-Transaktion ist, könne eine solche Information keinen Einfluss auf die Zuteilung haben. Diese erfolgte allein nach wirtschaftlichen Kriterien. Die Unicredit hat bekanntermaßen das mit Abstand höchste Gebot abgegeben.

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