Union Investment hinterfragt M&A-Fähigkeit der Deutschen Bank
Schelte für Deutsche Bank
Postbank-Rückstellung schockt Deka – Union Investment hinterfragt M&A-Fähigkeit der Bank
phh Frankfurt
Von Philipp Habdank, Frankfurt
Die gravierenden Probleme bei der Postbank-Integration haben auf der Hauptversammlung bei Aktionären die Frage aufgeworfen, ob die Deutsche Bank M&A kann. Auch an anderer Stelle hat die Bank mühsam zurückgewonnenes Vertrauen wieder verspielt.
Keine Hauptversammlung der Deutschen Bank ohne Protestaktion. Dieses Mal bauten sich einige Vertreter von Finanzwende vor den Zwillingstürmen in Frankfurt auf und forderten eine Bonus-Bremse, bis die Bank stabil dastehe. Die Aktivisten machen das an der ungewichteten Eigenmittelquote (Leverage Ratio) fest, die nach ihrer Ansicht bei 10% liegen sollte – bei allen Banken wohlgemerkt. Bei der Deutschen Bank liegt sie bei 4,5%, womit die regulatorischen Anforderungen erfüllt sind.
Die Boni der Deutschen Bank standen bei der erneut rein virtuell durchgeführten Hauptversammlung trotzdem im Fokus. Denn ein wichtiger Tagesordnungspunkt ist die Abstimmung über das neue Vergütungssystem für den Vorstand. Die Deutsche Bank will das System vereinfachen und die Transparenz erhöhen, wie Aufsichtsratschef Alexander Wynaendts eingangs betonte.
Neues Vergütungssystem
Die Boni sollen an deutlich weniger Ziele und Kennziffern gekoppelt sein und sich nicht mehr an den Ergebnissen der vergangenen drei Jahre orientieren. Ausschlaggebend soll stattdessen sein, wie sich die Ziele im folgenden Dreijahreszeitraum entwickeln. Wynaendts betonte, dass sich zudem die Verantwortung für negative Entwicklungen angemessen in der Vergütung widerspiegeln sollte.
Union Investment, vertreten durch Alexandra Annecke, stimmte gegen den Vergütungsbericht. Sie kritisierte, dass die Bank nicht ausreichend transparent beim Umgang mit Zahlungen im Rahmen der aktienbasierten Vergütung sei. „Das neue Vergütungssystem findet dagegen unsere Zustimmung, weil es ehrgeizigere Ziele für den Vorstand enthält und damit stärker an den Aktionärsinteressen ausgerichtet ist“, so Annecke.
Das neue Vergütungssystem fand bei den Aktionären eine Zustimmungsquote von 97,3%. Den Vergütungsbericht für das abgelaufene Geschäftsjahr 2023 billigten hingegen nur 86,8% der Aktionäre.
Milliarden-Rückstellung für Postbank-Streit schockt Deka
Auch Andreas Thomae von Deka Investment lobte das neue Vergütungssystem. Wie einen Donnerschlag habe die Deka hingegen die Nachricht über die Rückstellung von 1,3 Mrd. Euro im Rechtsstreit mit Postbank-Aktionären getroffen. „Damit ist wieder Vertrauen zerstört worden, was sich die Deutsche Bank nicht leisten kann“, so Thomae. CEO Christian Sewing zeigte sich weiterhin davon überzeugt, dass die Deutsche Bank vor dem Wirksamwerden des Kaufvertrages und auch vor Freigabe des Kaufvertrages durch die Kartellbehörden und die BaFin noch keine Kontrolle über die Postbank hatte.
Im Postbank-Komplex klagen 384 Kläger in 46 verschiedenen Zivilverfahren vor verschiedenen Gerichten. Rund 90% sind der Bank zufolge internationale Hedgefonds und andere institutionelle Investoren. Die Klagesumme beläuft sich auf 662 Mill. Euro, einschließlich aufgelaufener Zinsen auf 1,3 Mrd. Euro. Das zuständige Oberlandesgericht Köln hatte mehrfach zugunsten der Deutschen Bank entschieden. In einer mündlichen Verhandlung entschied das Gericht zuletzt für die Bank überraschend gegen sie.
Sewing zeigte dafür Unverständnis und äußerte die Sorge, dass ein Urteil zugunsten der Kläger als Präzedenzfall weitreichende negative Folgen für den deutschen Finanzmarkt und insbesondere den M&A-Standort haben würde. „Übernahmen börsennotierter Gesellschaften wären dann künftig mit erheblichen Rechtsunsicherheiten behaftet“, so Sewing.
Kann die Deutsche Bank M&A?
Bei der Postbank-Übernahme hat sich die Deutsche Bank dennoch nicht mit Ruhm bekleckert. „Die Probleme bei der IT-Migration der Postbank sind eine Blamage“, sagte Annecke. Sie warf angesichts der Probleme die Frage auf, ob die Deutsche Bank die prozessualen Fähigkeiten habe, ums sich bietende M&A-Opportunitäten nutzen zu können. „Das Integrationschaos der Postbank und der Sonderbeauftragte der BaFin sind da kein Aushängeschild“, so Annecke.
Auch die Übernahme der Investmentbank-Boutique Numis in Großbritannien hält Annecke für keinen Selbstläufer. Deren Beratungsgeschäft wird allerdings wichtig sein, damit die Bank in den kommenden Jahren ihre Provisionserträge bis 2026 steigern kann. Die Bank hat ihren Aktionären ein jährliches Ertragswachstum von durchschnittlich 5,5 bis 6,5% auf dann rund 32 Mrd. Euro versprochen. Die Kosten sollen auf rund 20 Mrd. Euro sinken, so dass die Eigenkapitalrendite bis 2026 auf über 10% steigen soll.
Entlastung verweigert
Die Deutsche Bank hält an diesen Zielen fest. Aktionärsvertreter halten sie für ambitioniert. Thomae verwies vor allem auf den schlechten Track Record der Bank mit Blick auf vergangene Kostensenkungsprogramme – und gab der Bank ein Versprechen, das einer Drohung gleichkam. Denn sollte die Bank ihre Ziele 2025 nicht erreichen, so werde die Deka den gesamten Vorstand nicht entlasten.
Union Investment verweigerte bereits heute die Entlastung des Vorstands und Aufsichtsrats für das vergangene Geschäftsjahr. „Wir sind strikt gegen die Vorverlagerung des Fragerechts im virtuellen Format, denn damit wird der Tag der Hauptversammlung entwertet und der Generaldebatte die Grundlage entzogen“, so Annecke.
Vorstand und Aufsichtsrat der Deutschen Bank entlastet
Insgesamt wurde der Vorstand und Aufsichtsrat der Deutschen Bank für das abgelaufene Geschäftsjahr von ihren Aktionären aber mit großer Zustimmung entlastet.
An der diesjährigen virtuellen Hauptversammlung haben 378 Aktionäre aktiv über das Online-Aktionärsportal teilgenommen. Inklusive der Briefwahlstimmen waren nach Angaben der Bank damit rund 48% des Grundkapitals vertreten. Bei der bis dato letzten Präsenzveranstaltung waren es 35%. Der Livestream hatte rund 8.000 Aufrufe und damit in etwa so viel wie im Vorjahr. An der bis dato letzten physisch HV 2019 hatten mehr als 3.000 Aktionäre teilgenommen.
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