Immobilien

Vom Vorsorgen zum Versorgen

Die steigende Anzahl der älteren Mitbürger lässt auch deren Lebenssituationen und Probleme mehr in den Vordergrund rücken. Viele Studien belegen, dass ein hoher Anteil der Menschen im Ruhestand über deutlich geringere laufende Einkünfte gegenüber...

Vom Vorsorgen zum Versorgen

Die steigende Anzahl der älteren Mitbürger lässt auch deren Lebenssituationen und Probleme mehr in den Vordergrund rücken. Viele Studien belegen, dass ein hoher Anteil der Menschen im Ruhestand über deutlich geringere laufende Einkünfte gegenüber dem zuletzt im Erwerbsleben erhaltenen Einkommen verfügt. Für einen Großteil dieser Bevölkerungsgruppe ist es ein Einkommen, das die Vorstellungen über den dritten Lebensabschnitt ohne Er­werbstätigkeit und mit viel Freizeit nur schwer umsetzbar macht.

Schaut man vom Einkommen auf das Vermögen, so lässt sich feststellen, dass es immerhin circa sechs Millionen Immobilieneigentümer gibt, die über 65 Jahre alt sind. Im Schnitt hat die Immobilie einen Wert von 300000 Euro und stellt meist den größten Anteil am Gesamtvermögen der Ruhestandeshaushalte dar. Dass die Vermögensbildung in dieser Vermögensklasse unter dem Gesichtspunkt des Werterhalts und der Wertsteigerung eine kluge Entscheidung war, zeigt die Entwicklung der Preise sowohl für Einfamilienhäuser als auch für Eigentumswohnungen. Somit sind viele der Immobilieneigentümer „steinreich“ geworden.

Lange wohnen bleiben

Die überwiegende Zahl der Immobilieneigentümer in dieser Altersgruppe will möglichst lange in der eigenen Immobilie wohnen bleiben, da man an die Umgebung gewöhnt ist und das soziale Umfeld schätzt. Das Problem dieses Vermögenspostens besteht aber darin, dass seine Wertsteigerungen nur auf dem Papier stehen und er keine laufenden Erträge abwirft – im Gegenteil, durch Nutzung und Erhaltungsnotwendigkeiten verursacht er laufende Kosten.

Auch wenn bei anderen Vermögensklassen wie festverzinslichen Wertpapieren die laufenden Erträge zur Einkommensverbesserung eher bescheiden sind und auch bei der betrieblichen Altersversorgung die Bäume nicht in den Himmel wachsen, so bieten angesparte Wertpapiere oder Sparguthaben die Möglichkeit, sich im Ruhestand durch Entnahmen aus diesen Beständen zusätzliches Einkommen zu verschaffen. Von daher erinnert die „Altersvorsorge über eine Immobilie“ an das Sparen in ein geschlossenes Sparschwein: Mithilfe eines Baufinanzierungskredits wurde im Laufe des Erwerbslebens die eigene Immobilie erworben und der Kredit oftmals über Jahrzehnte zurückgezahlt, anders ausgedrückt also angespart. Erst mit dem Eintritt in den Ruhestand und dem oftmals deutlich reduzierten Ruhestandeseinkommen wird vielen deutlich, dass das Sparschwein zwar prall gefüllt ist, aber eine Entnahme – wie damals zu Kinderzeiten – nur möglich ist, wenn man das Sparschwein zerschlägt, d. h. die Immobilie verkauft. Da dieses aber mit dem oben schon erwähnten Wunsch, in der eigenen Immobilie weiter leben zu können, kollidiert, fühlen sich viele ältere Immobilieneigentümer in die Situation ge­drängt, mit reduzierten Einkommen und den Erfordernissen des Unterhalts der Immobilie zurechtzukommen. Schön wäre es, wenn es einen Weg gäbe, das in der eigenen Immobilie gebundene Ersparte ganz oder teilweise wieder entnehmen zu können. Diese Wege gibt es.

In einer Studie im Auftrag der EU hat das Institut für Finanzdienstleistungen e.V. unter der Überschrift „Integration von Immobilieneigentum und Ruhestandseinkommen in der EU“ festgestellt, dass bei angemessener Gestaltung, fairen Preisen und verantwortungsvollem Verkauf die Immobilien-Verrentungsprodukte erhebliche soziale und wirtschaftliche Vorteile bieten. Allerdings wird auch konstatiert, dass sich im Gegensatz zu den USA und Großbritannien nur in wenigen europäischen Ländern bisher ein Markt für diese Produkte herausgebildet hat.

Auch wenn hier nicht die Stelle sein kann, um die gesamte Palette der Immobilien-Verrentungsprodukte darzustellen, soll doch ein kurzer Abriss gegeben werden. Dadurch wird der für den Kunden entscheidende Perspektivwechsel vom An­sparen zum Verzehren deutlich. Für Banken und Versicherungen wird die notwendige Abkehr von der Orientierung an den traditionellen Produkten hin zur Alltagsrelevanz der Kunden sichtbar, denn bisher haben diese Finanzinstitute fast keine Angebote entwickelt.

Drei Ansätze

Umkehrhypothek, Teilverkauf und Leibrente: Diese drei Ansätze werden derzeit zunehmend in den Medien genannt, und tradierte Firmen sowie Neugründungen treten in diesen Markt ein. Die wenigsten potenziellen Kunden wissen aber inhaltlich damit etwas anzufangen. Es ist noch viel Aufklärungsarbeit nötig. Was verbindet die Zielgruppe? Eine Person ist mindestens 65 Jahre alt, besitzt ein Haus oder eine Wohnung und möchte bis ins hohe Alter dort wohnen bleiben. Über welche Lösung am besten Geld aus der eigenen Immobilie entnommen werden kann, hängt von den individuellen Vorstellungen und Wünschen ab.

Will man seine Immobilie verkaufen, anstelle des Kaufpreises eine lebenslange Rente beziehen und über ein eingetragenes Wohnrecht abgesichert sein, wie bei der Leibrente? Will man auf jeden Fall Eigentümer der Immobilie bleiben und für eine bestimmte Laufzeit oder bis zum Lebensende Geld über eine Umkehrhypothek – im neu im BGB aufgenommenen § 491 spricht der Gesetzgeber treffend vom „Immobilienverzehrkredit“– erhalten? Oder will man gleichfalls Eigentümer bleiben und in der Immobilie weiter wohnen, aber einen Teil des in der Immobilie ge­bundenen Vermögens über einen Teilverkauf freisetzen? Ohne die individuellen Ziele und Wünsche der einzelnen Kunden genau zu kennen, ist gute Kundenberatung nicht möglich. Wichtig ist, dass das gewählte Produkt genau zu den Kundenbedürfnissen passt. Hier ist zu empfehlen, Familie, Steuer- oder Rechtsberater einzubeziehen und eventuell auch einmal bei der Verbraucherzentrale nachzufragen.

Mit der klassischen Immobilienfinanzierung, dem Makeln von Immobilien sowie verschiedenen Tochtergesellschaften und Partnerschaften für bestimmte Immobilienaktivitäten sind viele Banken im Bereich Immobilien breit aufgestellt. Der Erfolg in der Zukunft wird aber davon abhängen, dass Banken und Versicherungen innovative Produkte und auch bankfernere Leistungen integrieren. Die Lebenswelt „Wohnen“ muss also zur Teilnahme am Megatrend „Immobilienverrentung“ unbedingt erweitert werden.

Ansatzpunkte für Banken und Versicherungen liegen neben den Ankerprodukten der Immobilienverrentung auf der Begleitung des Kunden im Alter. Insbesondere erscheinen Dienstleistungen rund um die Immobilie, die Pflege und den späteren Im­mobilienverkauf naheliegend. Durch den Verkauf schließt sich für Banken der Zyklus hin zur Finanzierung eines neuen Eigentümers. Die Produkte und Dienstleistungen dieser Kundenbegleitung sind eine logische Ergänzung der bisherigen Angebote und erhöhen die Vernetzung mit den Kunden.

Innovative Lösungen bieten

Auf jeden Fall bietet sich hier ein Geschäftsfeld, in dem innovative Lö­sungen angeboten werden können, das große Schnittmengen mit dem bisherigen Geschäftsfeld „Immobilie“ hat und das über die Lösungen zur „Vermögensfreisetzung“ eine im wahrsten Sinne des Wortes lebenslange Kundenbindung sicherstellen kann.