Albert Brenner, We Own

We Own bringt Fondsbranche auf die Blockchain

Die Kapitalmarkt-Infrastruktur wird zuerst auf der Verwahrer- und Wertpapierregisterebene modernisiert, sagt Albert Brenner, Chief Commercial Officer des Computershare-Spinoffs We Own.

We Own bringt Fondsbranche auf die Blockchain

Von Björn Godenrath, Frankfurt

Dass es sich in der Wertpapierbranche rächen kann, wenn man die Modernisierung von Infrastruktur verschlafen hat, wurde Mitte Oktober offenbar, als es im britischen Bondmarkt zu Turbulenzen kam. Es hagelte Margin Calls, und mit Northern Trust war einer der größten Verwahrer nicht mehr in der Lage, das Volumen zu bewältigen. Aus der US-Zentrale wurden Hilfskräfte eingeflogen, um das (aufgestaute) Pensum zu bewältigen. Eine solche Maßnahme mutet anachronistisch an in Zeiten digitaler Infra­struktur. Aber was will man machen, wenn man wie Northern Trust immer noch viele manuelle Prozesse pflegt, während andernorts ein automatisierter Capital Flow installiert ist. Und offenbar war es der Flaschenhals bei Northern Trust, der die Liquiditätskrise verschärfte.

Die Modernisierung der Kapitalmarkt-Infrastruktur geschieht dabei häufig zuerst auf der Verwahrer- und Wertpapierregisterebene. Im Settlement werden die Zyklen bis hin zur endgültigen Verbuchung verkürzt, was den Liquiditätsbedarf senkt – und in der Assetmanagement-Branche wird mitunter eine komplett neue Infrastruktur auf Blockchain-Basis aufgesetzt. Das ist das Spielfeld des Tech-Integrators We Own, der Banken eine Plattform für Tokenisierung und Verwahrung sowie die Blockchain-basierte Digitalisierung von Post-Trade Prozessen bietet. Im Prinzip ein Spin-off von Computershares, dem weltgrößten Aktienregistrar, hat sich die Liechtensteiner Gesellschaft der Transformation der Wertpapierbranche verschrieben. „Was Banken brauchen, ist eine sichere und skalierbare IT-Umgebung, um digitale Assets zu integrieren. Wir haben den deutschen Markt analysiert und festgestellt, dass rund 60 Banken bereits Digital-Asset-Projekte aufgesetzt haben. Es gibt aber 1500 Institute, und diese breite Masse wollen wir adressieren, denn in der Regel folgt auf eine interne Explorationsphase eine stehende Abteilung, die spezialisierte Partner braucht“, so Chief Commercial Officer (CCO) Albert Brenner im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.

Die gesamte Fondsbranche befindet sich Brenner zufolge in der Explorationsphase. Eine DLT-Infrastruktur könne typische Probleme auf der Ebene Clearing/Settlement wie Schnittstellen und fragmentierte Prozesse lösen. Und solche DLT-Projekte böten im Vergleich zu Kernbankensystemen Kostenvorteile bei einem überschaubaren Investitionsbedarf. „Da­bei gehen wir davon aus, dass die Migrationsphase hin zu DLT-Infra­struktur in den kommenden fünf bis zehn Jahren stattfinden wird, wobei die großen Fondsgesellschaften länger einen Parallelbetrieb mit der Legacy-Infrastruktur laufen lassen dürften. Für die mittelständischen Player ist die Blockchain-Transformation die Chance, die Kostenquote runterzukriegen und sich mit Spezialangeboten in der Tokenisierung zu differenzieren – und wenn man als KVG gemeinsame Infrastruktur mit einer großen Fondsgesellschaft hat, dann hat man eine vertiefte Partnerschaft erreicht.“

Regulatorik als Treiber

Basis für die Transformation sind regulatorische Updates zum elektronischen Wertpapier (eWPG), die Verordnung über Kryptofondsanteile sowie die Begleitung durch die BaFin zu den Neuerungen. Im Gegensatz zu Kryptohandelsplattformen können Banken und Fondsgesellschaften digitale Assets und Fondsanteile erst handelbar machen, wenn die gesetzliche Basis formuliert und damit geregelt ist, wie die Compliance aussieht. Da Deutschland, Liechtenstein und die Schweiz hier ziemlich schnell waren in der Regulatorik, siedelt sich viel aus der DLT-Branche im deutschsprachigen Raum an.

Wo die Vorteile von DLT-Infra­strukturen liegen, das hatte We Own in einem Whitepaper herausgearbeitet. Ein Ergebnis: Der Vorteil von Kryptofondsanteilen gegenüber elektronischen Fondsanteilen liegt vor allem in den Kostenersparnissen in der Verwahrung der Fondsanteile, da die Verwahrung über den Zentralverwahrer bei Kryptofondsanteilen nicht erforderlich ist. Das wird dann auf die gesamte Fonds-Wertschöpfungskette übertragen, die aufnahmefähig sein muss für eine Rund-um-die-Uhr-Handelbarkeit.. Und mit dem „Shared Ledger“ (verteilte Datenbank) ist man auch besser aufgestellt für den albtraumhaften Aufwand der regulatorischen Prozessdokumentation sowie den ständigen Abgleich von Daten. Das Stichwort regulatorische Kosten betrifft Banken und Assetmanagement gleichermaßen – und DLT-Strukturen versprechen effizientere Wertschöpfungsketten.

We Own betreibt dafür eine hybride DLT-Plattform, die auf einer privaten und einer öffentlichen EVM-kompatiblen Blockchain basiert – EVM steht für „Ethereum Virtual Machine“, eine Rechenmaschine, auf der die Smart Contracts ausgeführt werden. Dieses hybride Setup gibt Flexibilität in die Zukunft hinein, entstehen doch ständig weitere Layer-1-Blockchains, die dann von We Own integriert werden können. Rund 20 Blockchains sind heute schon im Visier. Darüber hinaus können Assets über sogenannte Bridges aus einer EVM-kompatiblen Blockchain in andere Netzwerke übertragen werden. Bridges für Binance Smart Chain, Cardano und Stellar hat man schon für den Asset-Transfer entwickelt, so dass Token aus einer EVM-Blockchain in diese Netzwerke friktionsfrei gehandelt werden können.

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