Übernahme der Aareal Bank

Wer zu spät kommt ...

Informationen der Börsen-Zeitung zufolge versäumte es Morgan Stanley, das Stimmrecht des schweizerischen Hedgefonds Teleios Capital beizeiten wahrzunehmen, so dass dessen Votum den Immobilienfinanzierer um Tage zu spät erreichte.

Wer zu spät kommt ...

Von Bernd Neubacher, Frankfurt

Ob Jens Maurer und Moritz Zschoche, Managing Directors bei Morgan Stanley, momentan gut auf alle ihre Kolleginnen und Kollegen in der US-Investmentbank zu sprechen sind, ist nicht überliefert. Als Außenstehender muss man freilich kein Hellseher sein, um dies anzuzweifeln. Erst zur Monatsmitte hatte Maurer, Co-Head des Investment Banking für Deutschland und Österreich, mit Zschoche für die Europa-Einheit des Instituts in der Angebotsunterlage für die Übernahme der Aareal Bank den Beteiligungsgesellschaften Advent und Centerbridge öffentlich bestätigt, dass die Finanzinvestoren das nötige Geld für den 1,7 Mrd. Euro schweren Zukauf mitbringen. Keine zwei Wochen später kommt Morgan Stanley ins Gerede, weil wegen einer internen Panne die Stimmen des Hedgefonds Teleios Capital auf der jüngsten Aareal-Hauptversammlung nicht zählten, als es um die Abwahl dreier Aufsichtsratsmitglieder ging. Das „Manager Magazin“ hatte am Montag zuerst über das Missgeschick berichtet.

„Korrekt verlaufen“

Informationen der Börsen-Zeitung zufolge versäumte es Morgan Stanley, das Stimmrecht des schweizerischen Aktionärsaktivisten beizeiten wahrzunehmen, so dass dessen Votum den Immobilienfinanzierer um Tage zu spät erreichte. Morgan Stanley und Teleios Capital äußern sich auf Anfrage zum Vorfall nicht. Die Aareal Bank lässt sich allein entlocken: „Die Hauptversammlung ist in jeder Hinsicht korrekt verlaufen, die Beschlüsse sind für uns bindend.“

Auf der virtuellen Veranstaltung glückte nach einer Niederlage im Mai zwar im zweiten Anlauf der Versuch des Aktionärsaktivisten Petrus Advisers, die Aufsichtsratschefin Marija Korsch und zwei weitere Mitglieder des Kontrollgremiums abzusetzen, offenbar auch ohne die Stimmen von Teleios. Die Installation der als Nachfolger Auserkorenen, und zwar des Ex-Unicredit-Bank-Vorstands Theodor Heinz Laber, der Beraterin Marion Khüny sowie des Beraters Joachim Sonne, indes misslang.

Wohl nur mit Frust über die allenfalls halbwegs geglückte Aktionärsrevolte ist zu erklären, dass Petrus Advisers der Aareal Bank nach der Veranstaltung „substanzielle Fehler“ im Zuge der Abstimmung vorhielt, ohne indes Belege zu präsentieren. Nun scheint klar, dass der Fauxpas der von James Gorman geführten US-Bank unterlaufen ist. Die wartet nicht nur mit einer Finanzierungsbestätigung für die bietenden Private-Equity-Häuser auf und veröffentlichte zudem, offenbar im Kundenauftrag, schon vor Publikation der Offerte Stimmrechtsmitteilungen zu Anteilen an der Bank. Sie fungiert auch als zentrale Abwicklungsstelle im Zuge des von der Aareal Bank unterstützten Übernahmeangebots. Und sie hält mit rund 10% der Anteile auch die meisten Aktien an der Aareal Bank, ob nun als Verwahrer oder im Handelsbuch.

Da scheint klar, dass die von dem Vorfall abstrahlende Wirkung auf die Reputation von Morgan Stanley deren Investmentbankern kaum gefallen dürfte. Andererseits taugt die Panne wie nichts sonst als Beleg dafür, dass die viel beschworenen Chinese Walls im Kapitalmarktgeschäft eben doch funktionieren: Würde eine Bank andernfalls eine Stimmrechtsabgabe versäumen in einer Auseinandersetzung, die derart für Erlöse sorgt?

Der Ball ist heruntergefallen

Vermutlich ist der Ball, als es um die Wahrnehmung der Stimmrechte des Kunden Teleios Capital auf der Aktionärsversammlung des im SDax notierten Immobilienfinanzierers aus Wiesbaden ging, irgendwem in den Weiten des global agierenden Finanzkonzerns heruntergefallen. Die Lage war ja auch verworren: Eigentlich hatte die Aareal Bank ihre zweite Hauptversammlung im laufenden Jahr Anfang November allein zu dem Zweck einberufen, nach Ablauf des Dividendenmoratoriums der Europäischen Zentralbank (EZB) über die Ausschüttung für das Jahr 2020 zu entscheiden, worauf Petrus den schon einmal gescheiterten Antrag auf Absetzungen im Aufsichtsrat als Ergänzungsverlangen einbrachte. Als Ende November freilich die von Aareal unterstützte Übernahmeofferte publik wurde, setzen Vorstand und Aufsichtsrat den Dividendenbeschluss von der Agenda ab, da Advent und Centerbridge ihr Gebot von 29 Euro je Aktie an die Bedingung knüpften, dass die Dividende thesauriert wird. Die außerordentliche Hauptversammlung am 9. Dezember schien nur mehr Formsache. Im Markt wird nun schon an den Mai des Jahres 1958 erinnert – damals hatte ein Depotbankvertreter auf der BASF-Hauptversammlung es versäumt, knapp ein Zehntel der Stimmrechte am Grundkapital mit „Ja“ registrieren zu lassen, um daraufhin erbost festzustellen, dass diese als Enthaltung gewertet wurden. Die Vorgänge um den 9. Dezember 2021 sind jedenfalls nicht nur schöner Stoff für manch aktienrechtliche Seminararbeit. Womöglich bieten sie Juristen auch leckere zivilrechtliche Sachverhalte. So wird im Markt die Frage aufgeworfen, ob Teleios womöglich gegenüber Morgan Stanley Ansprüche anmeldet oder auch Teleios mit Forderungen von Kunden konfrontiert wird.

Die Aareal Bank hat derweil dem Amtsgericht Wiesbaden drei Aufsichtsräte zur gerichtlichen Bestellung vorgeschlagen. Dass die Bank dem kolportierten, in seiner Hilflosigkeit geradezu rührenden Ansinnen von Teleios nachgekommen ist, sich für die durchgerasselten Aspiranten Laber, Khüny und Sonne zu entscheiden, darf ausgeschlossen werden.

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