Studie der Denkfabrik New Financial

Wettlauf der Brexit-Sieger

Die „Gewinner“ des britischen EU-Austritts stehen einer Studie der Denkfabrik New Financial zufolge fest. Dublin zog die meisten Firmen an. Geht es dagegen um die verlagerten Assets, wird Frankfurt aus Sicht der Denk­fabrik langfristig die Nase vorn haben, bei den Jobs dagegen Paris.

Wettlauf der Brexit-Sieger

hip London

Dublin ist einer aktuellen Studie zufolge am erfolgreichsten damit gewesen, sich fĂŒr die Zeit nach dem Brexit der internationalen Finanzbranche als BrĂŒckenkopf in der EU anzudienen. Die Zahl der Firmen, die mit Verlagerungen, Versetzungen oder NeugrĂŒndungen innerhalb der Staatengemeinschaft auf das britische Votum fĂŒr den Austritt aus der Staatengemeinschaft reagieren, ist in den vergangenen beiden Jahren krĂ€ftig gestiegen. Wie eine Untersuchung der kapitalmarktnahen Denkfabrik New Financial ergab, sind es mittlerweile 440 Firmen. Bei der ersten Erhebung im MĂ€rz 2019 waren es noch 269. Die Verfasser gehen davon aus, dass es noch mehr werden dĂŒrften. Man befinde sich erst am „Ende vom Anfang“, was die Auswirkungen des EU-Austritts angehe. Die irische Hauptstadt gewann nach ZĂ€hlung des Thinktanks 135 Firmen fĂŒr sich. Paris erreichte mit 102 Unternehmen Platz 2, gefolgt von Luxemburg mit 93. Frankfurt kam mit 62 Firmen lediglich auf Platz 4, Amsterdam zog 48 Firmen an.

Warnung vor „Teufelskreis“

Ganz so einfach ist es allerdings nicht. Die europĂ€ischen FinanzplĂ€tze sprechen unterschiedliche Branchen an. WĂ€hrend Dublin vor allem Assetmanager anzieht, orientieren sich Banken nach Frankfurt. Amsterdam wird von Brokern, Handelsplattformen, Börsenbetreibern und Fintechfirmen bevorzugt. Geht es um die nach dem Brexit in die EU verlagerten Assets, wird Frankfurt aus Sicht der Verfasser langfristig der „Gewinner“ sein. Bislang hĂ€tten Banken mehr als 900 Mrd. Pfund nach Resteuropa verschoben, Assetmanager mehr als 100 Mrd. Pfund. Die mediale Berichterstattung habe sich auf die Bereiche wie den Handel mit EU-Aktien konzentriert, in denen ein binĂ€rer Effekt unmittelbar zu beobachten war. In den meisten anderen Bereichen dĂŒrften die VerĂ€nderungen nuancierter sein und schrittweise erfolgen, aber im Laufe der Zeit zunehmen.

Entscheidend ist aus Sicht von New Financial die Kapitalallokation der Banken von außerhalb der EU. Hatten sie 2019 noch drei Viertel ihrer EU-Vermögenswerte in Großbritannien geparkt, so waren es im vergangenen Jahr nur noch 62 %. „Sollte der britische Anteil kĂŒnftig unter 50 % sinken, könnte das einen Teufelskreis auslösen“, heißt es in der Studie. Bei den Jobs dĂŒrfte Paris die Nase vorn haben. Alles in allem kam New Financial auf knapp 7 400 Versetzungen oder lokale Neueinstellungen im Zusammenhang mit dem Brexit. Andere hatten weit dramatischere Zahlen genannt. Es gehe weniger darum, dass Stellen aus der City auf den Kontinent abwanderten, schrieben die Verfasser. Vielmehr wĂŒrden in der EU neue Stellen geschaffen, die sonst in Großbritannien entstanden wĂ€ren.

New Financial rĂ€t den Finanzdienstleistern, die Kosten des Brexit als irreversibel („sunk costs“) zu betrachten und die Debatte darĂŒber, wie sehr man sich der EU annĂ€hern sollte, um mehr Marktzugang zu erhalten, hinter sich zu lassen. Es sei unwahrscheinlich, dass dieser Zugang von BrĂŒssel gewĂ€hrt werde, deshalb wĂ€re es vielleicht besser, sich auf die Neuausrichtung des regulatorischen Rahmens in Großbritannien zu konzentrieren, um ihn stĂ€rker den BedĂŒrfnissen der britischen Finanzbranche anzupassen.