Recruiting

Wie Banken und Berater im War for Talent bestehen

Herkömmliche Recruiting-Kanäle wie Berufsbildungsmessen funktionieren in Zeiten von Social Media nicht mehr. Die Start-ups Pumpkincareers und Finpleo erklären, worauf es im modernen Recruiting ankommt.

Wie Banken und Berater im War for Talent bestehen

Von Philipp Habdank, Frankfurt

Egal ob Investmentbank, M&A-Berater oder Private-Equity-Investor: Die Finanzbranche sucht händeringend Nachwuchs, insbesondere weniger be­kannte Adressen im Mittelstand. Die zugrundeliegenden Probleme auf dem Arbeitsmarkt sind vielschichtig: Der Talentpool schrumpft, die Talente selbst werden wählerischer und sind über herkömmliche Recruiting-Kanäle wie Berufsbildungsmessen nur noch schwer zu erreichen.

„Traditionelles Recruiting über Karrieremessen funktioniert nicht mehr so gut wie früher, weil Bewerber durch Google und Social Media eine extrem hohe Vergleichbarkeit ihrer potenziellen Arbeitgeber ha­ben“, sagt David Döbele, Karriere-Influencer und Mitgründer der Studien- und Karriereberatung Pumpkincareers. Bewerber würden die Angebote zwischen Arbeitgebern viel stärker vergleichen und seien sich ihres Marktwerts deutlich bewusster. „Sie kennen die Angebote auf dem Markt.“ Nach seiner Wahrnehmung haben alle Firmen ein ähnliches An­gebot, würden aber denken, dass die Maßnahmen von früher noch immer so funktionieren wie zu der Zeit, als sie noch nicht vergleichbar waren. „Früher hast du an der Uni ein paar Drinks ausgegeben, die Studierenden, die da waren, fanden es cool und haben sich beworben, weil sie andere Unternehmen nicht kannten“, so Döbele. Das habe sich geändert.

Zudem seien die Studenten untereinander viel besser vernetzt. „Es spricht sich viel schneller herum, wenn bei einem Unternehmen die Kultur schlecht ist“, sagt Döbele.

Auch der Bewerbungsprozess verändert sich. „Ein großer Fehler, den Unternehmen häufig machen, sind zu aufwendige Recruiting-Prozesse“, sagt Johannes Schneider, Mitgründer des Start-ups Finpleo, das eine App für den Bewerbungsprozess entwickelt hat. Erst ein Online-Test, dann das Assessment Center, dann ein Vorstellungsgespräch und dann noch Probearbeiten – darauf hätten Kandidaten, insbesondere die guten, keine Lust.

Dass die Generation Z nicht bereit ist zu arbeiten, in Watte gepackt werden muss und nur mit möglichst vielen Corporate Benefits gelockt werden kann, ist aber ein Irrglaube. Kanu-Teamausflüge oder Obstkörbe im Büro sind für Bewerber in der Entscheidungsfindung völlig irrelevant. „Es ist absurd zu glauben, dass man damit Top-Talente für sich gewinnen kann“, sagt Schneider. Recruiting müsse vor allem ein realistisches Bild des Unternehmens vermitteln. Arbeitgeber sollten laut Schneider mit offenem Visier sagen, was man macht, wie der Dealflow ist und was für Arbeitszeiten anstehen. „Kandidaten müssen einen realistischen Blick auf das erhalten, was sie im Job erwartet“, rät Schneider.

Döbele zufolge müssen die weniger bekannten Adressen zudem stärker daran arbeiten, Bewerbern ihre Karrierechancen aufzuzeigen. Die Arbeit in einer mittelständischen Boutique kann genauso spannend sein wie bei großen Investmentbanken, die jedoch immer noch einen großen Vorteil haben. „Sie können es sich leisten, einen schlechten Bonus zu zahlen, eine miese Office-Kultur zu haben, und trotzdem gehen die Studierenden dort hin“, sagt Döbele. Aber nicht um dort zu bleiben, sondern weil sie nach drei Jahren ins Private Equity wollen. „Unterhalb der Top-Adressen schafft es fast niemand zu erzählen, welche Karrieremöglichkeiten Bewerber bei ihnen haben“, sagt Döbele.

Die verschiedenen und vielfältigen Exit-Optionen aufzuzeigen, sei am wichtigsten. Top-Talente suchen zum Berufseinstieg vor allem ein Sprungbrett, um nach drei Jahren dann alle Möglichkeiten zu haben – ein Paradoxon: Die größte Chance, Top-Talente zu bekommen, scheint für Unternehmen darin zu liegen, diesen aufzuzeigen, wie sie in einigen Jahren am besten weiterziehen können. „Unsere Zielgruppe verfolgt einen klaren Karriereplan und hat eine sehr genaue Vorstellung davon, wo es hingehen soll“, sagt Schneider.

Aber auf dem Weg dahin sei sie extrem spontan. „Wenn sie eine Opportunität als attraktiv erachten, dann habe ich innerhalb von zwei Stunden ihren Lebenslauf und in zwei Wochen treten sie die neue Stelle an“, so Schneider. Die Generation Z will vom ersten Tag an Verantwortung, sie will flache Hierarchien, aber gleichzeitig etwas lernen. Die taktische und strategische Komponente im Job sei den jungen Kandidaten sehr wichtig, ebenso ein hoher Dealflow. „Sie wollen dort hin, wo live Transaktionen stattfinden.“ Auch die unternehmerische Komponente sei ihnen sehr wichtig. Man müsse ihnen einen Weg aufzeigen, wie sie am Erfolg des Unternehmens partizipieren können. Ohne diese Perspektive werde man sie langfristig nicht halten können.

Bleibt die Frage, wie Unternehmen Talenten in Zeiten von Social Media diese Botschaften vermitteln können. Döbele und Schneider mahnen bei eigenen Social-Media-Auftritten zur Vorsicht. Laut Döbele hätten die meisten Unternehmen zu geringe Kapazitäten, um eine Social-Media-Strategie über einen langen Zeitraum aufrechterhalten zu können. „Bevor man ein verwahrlostes Social-Media-Profil hat, sollte man lieber gar keins haben“, sagt Döbele. Schneider rät Unternehmen von einem eigenen Instagram-Auftritt ab. „Der Weg zu einer relevanten Reichweite ist zu lang und der Return zu gering“, so der Instagram-Profi. Falls man es doch versucht, würde Schneider einen inhaltlichen Weg wählen und die Postings zu Teamausflügen nicht überstrapazieren.

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