„Wir kommen der geordneten Abwicklung der VTB Europe näher“
Von Anna Sleegers, Frankfurt
Das Management der Frankfurter VTB Bank Europe (VTBE) kommt mit der geordneten Abwicklung des Instituts voran. Wie die Tochter der zweitgrößten russischen Bank am Mittwoch bekanntgab, hat ihr die US-Sanktionsbehörde eine Lizenz erteilt, die ihr nahezu alle Geschäfte erlaubt. „Damit erkennt die beim US-Finanzministerium angesiedelte Behörde an, dass die deutsche Finanzaufsicht das Institut nach dem Angriff auf die Ukraine vollständig vom russischen Einfluss abgeschirmt hat und ihre Geschäftspartner somit keine der von den USA gegen Russland verhängten Sanktionen verletzen“, erläutert der von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) eingesetzte Sonderbeauftragte und CEO Vorstandschef Frank Hellwig im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.
Trotz der Abschirmung hätten viele Geschäftspartner in den vergangenen Monaten bestehende Verpflichtungen nicht erfüllt. So seien Zinszahlungen ausgeblieben und fällige Beträge wurden nicht oder verspätet zurückgezahlt. Hellwig vermutet dahinter die Furcht vor indirekten Sanktionen durch die USA. Das dieser Sorge nun die Grundlage entzogen ist, dürfte es dem Institut erleichtern, die Liquidität sicherzustellen. Bisher ist das den verbliebenen Mitarbeitern recht gut gelungen, obwohl die VTBE seit dem russischen Angriff auf die Ukraine einen Rückgang der Spareinlagen und Festgelder um 1,5 Mrd. Euro auf 2,6 Mrd. Euro hinnehmen musste.
Unter die EU-Sanktionen fällt die VTBE wegen der Abschirmung durch die BaFin nicht. Zudem hat vor einigen Tagen das britische Office of Financial Sanctions Implementation (OFSI) dem Institut zumindest eine Lizenz für „Basic Needs“ erteilt, einfache Finanztransaktionen wie Gehalts- und Mietzahlungen, Steuern und die Kosten für Rechtsberatung. Was wie Selbstverständlichkeiten klingt, sei für die einst florierende Bank schlagartig zum Problem geworden, als ihr Name auf den Sanktionslisten landete, sagt Finanzvorstand Miro Zadro.
Einzelkämpfer im Vorstand
Zeitgleich verlor er auch alle Vorstandskollegen, die sich als britische oder US-amerikanische Staatsbürger mit dem Verbleib im Vorstand eines sanktionierten Instituts strafbar gemacht hätten. Obendrein sei der VTBE die Kündigung der Telefongesellschaft ins Haus geflattert und die Anwälte stellten die Geschäftsbeziehung ein – aus Angst, sich als Sanktionsbrecher Probleme in den USA einzuhandeln. Und das zu einem Zeitpunkt, als die VTBE sich auf einen Ansturm von Privatkunden vorbereiten musste, die Tagesgeld bei ihrer Direktbank geparkt hatten, und mancher Kreditnehmer auf die Idee kam, seine Raten auszusetzen.
Daher sei Zadro erleichtert gewesen, als der von der BaFin entsandte Sonderbeauftragte Frank Hellwig im April zum Vorstandsvorsitzenden bestellt wurde, so dass er sich der Situation nicht mehr als Einzelkämpfer stellen musste. Mit Hellwig steht dem Finanzvorstand ein erfahrener Abwickler zur Seite. Der frühere Vorstand des in der Finanzkrise von 2009 zusammengebrochenen Immobilienfinanzierers Hypo Real Estate (HRE), war maßgeblich an der Gründung und Leitung der HRE-Abwicklungsgesellschaft FMS Wertmanagement beteiligt und sorgte dafür, dass die Wirecard Bank nicht im Gefolge des Bilanzskandals zusammenbrach. Seine Aufgabe als Abwickler fast Hellwig so zusammen: „Es geht immer darum, den laufenden Bankbetrieb so herunterzufahren, dass möglichst kein Schaden entsteht.“ Bei der FMS für die Steuerzahler, bei der Wirecard Bank AG für den Insolvenzverwalter und im Falle der VTBE für die Einleger und die Einlagensicherungssysteme des privaten Bankgewerbes, der für etwaige Verluste haften muss. Hellwig ist mit dem Ziel angetreten, die Bankgeschäfte der VTBE innerhalb von 18 Monaten herunterzufahren. „Das ist natürlich ambitioniert, aber mit dem Erhalt der Lizenzen sind wir dem Ziel ein gutes Stück nähergekommen“, sagt er. Niemand könne sich mehr auf die Position zurückziehen, dass man generell nicht mit der VTBE zusammenarbeiten darf.