Im InterviewTomorrow-Gründer Inas Nureldin

„Wir schaffen mit jedem Kunden mehr Impact"

Der Bankinganbieter Tomorrow will Kapital in "gutes" Banking lenken, und das ohne eigene Banklizenz. Das Start-up wolle sich nicht verzetteln, sagt Co-Chef und -gründer Inas Nureldin im Interview.

„Wir schaffen mit jedem Kunden mehr Impact"

„Wir schaffen mit jedem Kunden mehr Impact"

Im Interview: Inas Nureldin

Gründer der Start-up-Firma Tomorrow will ohne eigene Banklizenz Kapital in „gutes" Banking lenken

Der Bankinganbieter Tomorrow will durch Wachstum mehr Kapital in nachhaltige Projekte lenken. Als Hebel dienen ihm neben Kartenzahlungen und „Round-Ups“ auch Einlagen, die häufig von weniger nachhaltigen Banken stammen und gezielt Umwelt- und Sozialprojekte fließen.

Herr Nureldin, das Wachstum von Tomorrow ist beeindruckend. Gibt es dabei auch eine Grenze, gerade im Hinblick auf Nachhaltigkeitsziele?

Wir sind überzeugt, dass Wachstum uns hilft, Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Je mehr Kapital wir in „gutes“ Banking bringen, desto größer ist unser positiver Einfluss. Wir haben drei Hebel: Einlagen, Kartenzahlungen und unsere „Round-Ups“. Die Einlagen kommen oft von weniger nachhaltigen Banken, die wir dann gezielt für Umwelt- und Sozialprojekte nutzen. Auch ein Teil der Händlergebühren unserer Karten fließt in Klimaschutzprojekte. So schaffen wir mit jeder Kundin und jedem Kunden mehr Impact.

Sie profitieren stark von Kartenzahlungen. Sind Sie für die Abschaffung von Bargeld?

Das sehen wir nicht so. Jeder sollte selbst entscheiden, ob er oder sie Bargeld nutzt. Uns geht es nicht darum, dass die Menschen mehr konsumieren. Wir möchten, dass die Menschen ihr Girokonto zu uns verlagern und so durch alltägliche Zahlungen Klimaschutz fördern können.

Im „Fair Finance Guide“ schneiden Sie gut ab, nur im Bereich Transparenz weniger. Was sagen Sie dazu?

Es war unser erstes Ranking, und unser eigenes Investmentprodukt, der Tomorrow Better Future Stocks Fund, war neu am Start. Da standen wir bei Themen wie Aktionärsengagement noch am Anfang. Wir werden dies ausbauen und hoffen, beim nächsten Mal besser abzuschneiden. Transparenz ist uns wichtig, auch wenn wir als Start-up nicht verpflichtet sind, einen Nachhaltigkeitsbericht zu veröffentlichen – das tun wir freiwillig.

Ihr Produktportfolio ist eher schlank. Werden Sie das Angebot erweitern?

Fokus ist uns wichtig. Viele Start-ups scheitern, weil sie sich verzetteln. Unser Portfolio wächst schrittweise. Wir entwickeln ein Tagesgeldkonto, auch wenn wir noch keinen genauen Termin nennen können, da Compliance-Themen oft komplex sind.

Auch konventionelle Banken bieten immer öfter nachhaltige Produkte an. Ist das eine Konkurrenz für Sie?

Unsere Mission ist es, nachhaltiges Banking in die Mitte der Gesellschaft zu bringen. Wir können die Welt nicht allein retten, aber wir setzen wichtige Impulse. Viele Banken nutzen Nachhaltigkeit allerdings eher für Greenwashing und investieren gleichzeitig Milliarden in fossile Energien. Wir setzen konsequent auf ökologische und transparente Nachhaltigkeit. Banken wie GLS und Triodos sehen wir als Wegbegleiter. Gemeinsam wollen wir nachhaltiges Banking voranbringen.

Tomorrow hat keine eigene Banklizenz. Ist das ein Nachteil?

Im Gegenteil, es macht uns flexibler und schneller. Wir arbeiten mit der Solarisbank zusammen, die als Technologieanbieter eine Banklizenz hat. Das gibt uns Freiheit für Innovationen wie das Aufrunden-Feature. Unsere Einlagen werden klar nach nachhaltigen Kriterien investiert – das war für uns Bedingung bei der Zusammenarbeit mit Solaris.

In der Finanzierung tauchte der Name Porsche Ventures auf. Wie finanzieren Sie Tomorrow nachhaltig?

Wir haben deutliche Umsatzsprünge gemacht und waren sogar zeitweise profitabel. Jetzt investieren wir wieder ins Wachstum, das natürlich Kapital erfordert. Unsere Finanzierung kommt von Impact-getriebenem Venture Capital, Business Angels und Partnern wie Porsche Ventures. Governance ist uns dabei besonders wichtig: Unser Advisory Board, das wesentliche Entscheidungen trifft, besteht aus Gründerinnen, Investorinnen, Mitarbeitenden und einem Mitglied unserer Crowd-Investorinnen sowie einer Nachhaltigkeitsexpertin. So bleibt unsere Mission im Fokus.

Sie haben kürzlich ein neues Preismodell eingeführt, richtig?

Genau. Wie bieten jetzt „Pay What You Want“ an. Dabei können Kundinnen bei unserem Kontomodell Now ihre Kontoführungsgebühren frei zwischen 0 und 4 Euro wählen. Damit möchten wir Banking für mehr Menschen zugänglich machen und unser Angebot demokratischer gestalten.

Zur Person

Inas Nureldin studierte bis 2007 Unternehmensmanagement in Friedrichshafen. Schon während seines Studiums gründete er Salis IT Services. Nach dem Studium leitete er das mit einem Studienkollegen gegründete IT-Unternehmen „Muddy Boots“, das mehr Transparenz in die Wertschöpfungsketten der Lebensmittelbranche bringen will. 2017 gründete er mit Partnern in Hamburg das Banking-Angebot Tomorrow. Das Start-up verfügt über keine eigene Banklizenz, sondern kooperiert mit Solaris. Neben Girokonten bietet es nachhaltig orientierten Anlegern auch einen Investmentfonds.

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