„Wir sollten mit Verbriefungen starten“
IM INTERVIEW: Moritz Körner
„Wir sollten mit Verbriefungen starten“
Der FDP-Chef im EU-Parlament über die Kapitalmarktunion, den Green Deal und den Unmut über das Payment-for-Orderflow-Verbot
Der wiedergewählte deutsche Europaabgeordnete Moritz Körner wird innerhalb der FDP-Fraktion im EU-Parlament in der neuen Legislaturperiode die Wirtschafts- und Währungsthemen betreuen. Ein zentrales Interesse werde es sein, die nächsten regulatorischen Schritte zu gehen, um den Kapitalmarkt zu stärken.
Herr Körner, wer von den FDP-Europaabgeordneten wird sich in den nächsten fünf Jahren federführend der Fragen rund um Wirtschaft, Finanzmarkt und Währung annehmen?
Ich werde mich innerhalb der FDP-Europafraktion um die Themen Wirtschaft und Währung kümmern. Ob ich auch in den zuständigen Ausschuss, den Econ-Ausschuss, einziehen werde, wird sich noch entscheiden. Denn es ist noch nicht ganz klar, wie wir in der liberalen Parteienfamilie Renew die Ausschüsse untereinander aufteilen werden.
Nach den Jahren des „financial repair“ im Nachgang zur Finanzkrise hat nach unserer Beobachtung der Econ für Parteien und Abgeordnete an Attraktivität verloren?
Das sehe ich anders. Wir nehmen zum Beispiel gegenwärtig wahr, dass die Franzosen großes Interesse an einer Mitgliedschaft im Econ zeigen.
Warum interessieren Sie sich für die Themen rund um Geld und Zinsen?
Ich beschäftige mich schon seit langem mit Haushaltspolitik und bin Mitglied im zuständigen Ausschuss, was ich auch gerne fortsetzen möchte. Da gibt es viele Verbindungen zu den Themen, die im Econ verhandelt werden, etwa beim Aufbaufonds Next Generation EU oder bei den Schuldenregeln.
Welche Fragen treiben Sie ganz konkret um?
Statt nur darüber zu streiten, wie wir noch mehr staatliches Geld ausgeben können, gilt mein Hauptinteresse der Frage, wie wir den europäischen Kapitalmarkt stärken können. Denn das ist der Hebel, den wir brauchen. Und genau hier gibt es eine neue Dynamik, alle sprechen derzeit wieder von der Kapitalmarktunion.
Was sollte die EU tun, um diese neue politische Dynamik tatsächlich zu nutzen?
Wir sollten mit Verbriefungen starten. Ich denke, dass wir auch die Überlegungen zu einem europaweiten Spar- und Anlageprodukt vorantreiben sollten. Bei der Forderung nach einer einheitlichen Marktaufsicht bin ich hingegen skeptischer – auch aus Sorge vor zusätzlichem bürokratischen Aufwand für die Marktteilnehmer.
Warum gibt es derzeit überhaupt ein politisches Momentum für die Kapitalmarktunion?
Die regulatorischen Schwerpunkte in der neuen Legislaturperiode werden Verteidigung und Wettbewerbsfähigkeit sein, da bin ich mir sehr sicher. Und was können wir tun, um die Verteidigungsausgaben ausweiten zu können und die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken? Genau. Wir können den Binnenmarkt vertiefen – und insbesondere den Finanzbinnenmarkt. Und das versuchen wir durch Fortschritte bei der Kapitalmarktunion.
Gibt es andere Finanzmarktthemen, die Sie umtreiben?
Ja. Ich habe zum Beispiel an den Wahlkampfständen wahrgenommen, dass es Unmut und Unverständnis gibt wegen des Payment-for-Orderflow-Verbots der EU-Gesetzgeber. Junge Menschen, die einen Sparplan bei einem Neobroker haben, ärgern sich ungemein über das Verbot. Payment for Orderflow ist noch immer ein Aufregerthema.
Was ergibt sich daraus für Sie?
Natürlich wäre es naiv, zu denken, dass man dieses Verbot wieder rasch zurückdrehen kann. Aber: Wir müssen uns schon die Frage stellen, ob die EU mit dem Payment-for-Orderflow-Verbot die Fortschritte der vergangenen Jahre, Bürger an die Anlage in Aktien heranzuführen, nicht ausbremst.
Welche Rolle wird der Green Deal in der Gesetzgebung der EU spielen?
Beim Green Deal sind wir gesetzgeberisch weitgehend fertig, auch weil im Moment gar nicht die Mehrheiten existieren, um weitere große regulatorische Vorgaben zu beschließen. Da geht es nun vor allem um die Umsetzung.
Einige Parlamentarier sehen das anders und rechnen mit neuen Rechtsakten?
Ich bin überzeugt: Die EU-Kommission wird sich sehr genau die Mehrheiten im EU-Parlament anschauen. Und falls beispielsweise die Europäische Volkspartei nicht voll hinter einer bestimmten Initiative steht, wird es wenig neue Gesetzgebungsvorschläge im Zuge des Green Deals geben.
Das Interview führte Detlef Fechtner.