Zinseinnahmen treiben Sparkassen an
Zinseinnahmen treiben Sparkassen an
Betriebsergebnis vor Bewertung wächst um 57 Prozent auf gut 18 Mrd. Euro – Erwartungen für 2024 gedrosselt
fir Frankfurt
Deutschlands Sparkassen haben im vergangenen Jahr dank stark gestiegener Zinseinnahmen kräftig zugelegt. Der oberste Sparkassenpräsident Ulrich Reuter drosselte die Erwartungen: Nach dem Zinsgipfel in einem außergewöhnlichen Jahr werde 2024 schwächer ausfallen, zumal auch die Kreditrisikovorsorge steigt.
Dank erheblich gewachsener Zinseinnahmen haben die 353 Sparkassen im vergangenen Jahr ihr Betriebsergebnis vor Bewertung um 57% auf 18,2 Mrd. Euro gesteigert. Da sie nach den milliardenschweren Wertpapier-Abschreibungen nun Zuschreibungen verbuchen konnten, fiel das Ergebnis nach Bewertung mit 7,9 Mrd. Euro mehr als doppelt so hoch aus wie 2022.
Sparkassen | ||
Vorläufige Zahlen nach HGB | ||
in Mrd. Euro | 2023 | 2022 |
Zinsüberschuss | 28,4 | 21,0 |
Provisionsüberschuss | 9,7 | 9,4 |
Verwaltungsaufwand | 20,5 | 19,3 |
Betriebsergebnis vor Bewertung | 18,2 | 11,6 |
Bewertungsergebnis | −10,2 | −8,1 |
Wertpapiergeschäft | 2,1 | −8,0 |
Kreditgeschäft | −2,3 | −0,5 |
Vorsorgereserven | −10,2 | −0,3 |
Sonstige Bewertung | 0,2 | 0,6 |
Betriebsergebnis nach Bewertung | 7,9 | 3,5 |
Ergebnis vor Steuern | 6,8 | 4,0 |
Jahresüberschuss | 2,1 | 1,4 |
Kredite an Kunden | 1.020 | 1.010 |
Kundeneinlagen | 1.149 | 1.154 |
Cost-Income-Ratio vor Bewertung (%) | 53,0 | 62,5 |
Kernkapitalquote (%) | 15,9 | 15,7 |
Zinsgipfel erreicht
Die negativen Effekte der Zinswende seien verdaut, doch sei beim Zinsüberschuss wohl der Gipfel erreicht, prognostizierte der neue Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV), Ulrich Reuter, in seiner ersten Bilanzpressekonferenz in dieser Funktion. 28,4 Mrd. Euro haben die Sparkassen im vergangenen Jahr unterm Strich an Zinsen eingenommen, 35% mehr als im Vorjahr. „Schon im laufenden Jahr rechnen wir wieder mit einem Rückgang des Zinsergebnisses”, sagte der frühere Präsident des Sparkassenverbandes Bayern, der am 1. Januar die Nachfolge von Helmut Schleweis angetreten hat. Auch die hohe Kreditrisikovorsorge trübt das Bild: Sie verfünffachte sich nahezu auf 2,3 Mrd. Euro.
„2023 war ein außergewöhnliches Jahr”
Das Ergebnis werde im laufenden Jahr angesichts des sinkenden Zinsüberschusses und unter Druck geratener Margen schwächer ausfallen. „2023 war ein außergewöhnliches Jahr, und diese außergewöhnlichen Umstände sehen wir 2024 nicht”, sagte Reuter, der sich auf konkrete Zahlen jedoch nicht festlegen wollte.
Die Kreditrisikovorsorge wird sich seiner Erwartung nach „im normalen Bereich” bewegen, was mehr als in den Jahren zuvor bedeute, als sie historisch niedrige Stände erreichte. Aktuell seien aus der mittelständischen Klientel keine breiten beunruhigenden Nachrichten zu hören, doch hätten sich die Insolvenzzahlen im vergangenen Jahr erhöht, wenn auch noch nicht auf das Vor-Corona-Niveau. „Insofern ist zu erwarten, dass sich der Vorsorgebedarf normalisiert und wieder auf den langjährigen Durchschnitt einpendeln wird. Darauf muss man sich einrichten. Aber wir erwarten keinen dramatischen Umbruch.”
Handel und Bau schwächeln
Die Unternehmenskunden der Sparkassen bezeichnete Reuter als überwiegend gut kapitalisiert und sehr widerstandsfähig, „allerdings werden in den Einzelwertberichtigungen Probleme in Handel und Bauindustrie sichtbar”. Die 2,3 Mrd. Euro, die im vergangenen Jahr unter dem Strich an zusätzlicher Kreditrisikovorsorge gebildet wurden, betragen 0,15% der durchschnittlichen Bilanzsumme (DBS) der Sparkassen und bewegten sich damit auf dem Niveau von 2010. Das sei nicht besorgniserregend, führte Reuter aus. „Sicher wird es infolge der Wirtschaftsflaute noch zu weiteren Wertberichtigungen kommen. Wir rechnen aber nicht mit einer spürbaren Insolvenzwelle bei unseren Firmenkunden.”
Puffer kräftig aufgestockt
Puffer für schlechtere Zeiten haben die Sparkassen im vergangenen Jahr jedenfalls exorbitant aufgestockt. 10,2 Mrd. Euro steckten sie in die Vorsorgereserven. 2022 waren es 300 Mill. Euro gewesen. „Das ist ein Substanzaufbau, der bemerkenswert ist”, kommentierte Reuter. „Wir bereiten uns vor und hoffen, dass wir vieles davon nicht brauchen.” Auch mahnte er, das Risikomanagement wiederzubeleben und zu verbessern.
Mehr Provisionserträge im Zahlungsverkehr
Auch der Provisionsüberschuss legte 2023 zu, wenn auch mit einem Wachstum von 3,4% auf 9,7 Mrd. Euro merklich schwächer als der Zinsüberschuss. Das sei vor allem der Entwicklung im Zahlungsverkehr und von Girokonten zu verdanken, so Reuter. Unterm Strich 376.000 zusätzliche private Konten seien 2023 eröffnet worden. Die Gesamtzahl zum Jahresende beläuft sich den Angaben zufolge auf 36 Millionen private Girokonten. Damit verfügen rund 43% der Bevölkerung über ein Sparkassenkonto. Hinzu kommen 4,6 Millionen Geschäftskonten.