Run-off

Zurich gibt Verträge in der Lebens­versicherung ab

Der Schweizer Versicherer Zurich gibt den Lebensversicherungsbestand des ehemaligen Deutschen Herold an den Run-off-Spezialisten Viridium ab.

Zurich gibt Verträge in der Lebens­versicherung ab

dz Zürich – Die deutsche Viridium Gruppe übernimmt vom Schweizer Versicherer Zurich dessen Altbestand an 720000 geschlossenen Lebensversicherungspolicen des Deutschen Herold. Die den Policen zugrundeliegenden verwalteten Vermögenswerte, also die von den Versicherten geleisteten Sparbeiträge, werden von Viridium per Ende 2021 nach dem HGB-Standard mit 21 Mrd. Euro beziffert.

Die Zurich kommunizierte am Freitag ihrerseits nur die Höhe der Leistungsverpflichtungen, die sie mit der Transaktion an Viridium abgeben kann. Der Konzern nennt einen Betrag von 21 Mrd. Dollar per Ende März, was zum damaligen Wechselkurs einer Summe von rund 19 Mrd. Euro entspricht. Zum Nettotransaktionswert machen die beiden Gesellschaften keine Angaben. Dieser lässt sich aufgrund der unterschiedlichen Rechnungslegungsmethoden der beiden Parteien und der nicht deckungsgleichen Bewertungszeitpunkte nicht zuverlässig abschätzen. Vom Prinzip her ist aber klar, dass die Zurich ein verlustträchtiges Geschäft loswird und Viridium zur Deckung der in der Zukunft liegenden Risiken einen markanten Überschuss an Aktiva mitgeben musste.

Die Differenz beträgt nach den vorliegenden und wie erwähnt nur bedingt vergleichbaren Informationen der Vertragsparteien 2 Mrd. Euro. Der Betrag entspricht zum aktuellen Euro-Dollar-Kurs rund 5% des von der Zurich per Ende 2021 ausgewiesenen Eigenkapitals. Viridium zahlt für die Übernahme etwas weniger als eine halbe Milliarde Euro, wie ein Insider der Nachrichtenagentur Reuters sagte. In welchem Umfang die Transaktion das Eigenkapital der Zurich letztlich belasten wird, lässt sich auf Grundlage der vorliegenden Informationen aber nicht zuverlässig abschätzen.

Die Zurich hatte den Deutschen Herold 2002 im Rahmen eines Ringtausches mit der Deutschen Bank gegen den Vermögensverwalter Scudder übernommen. Zu den vom Deutschen Herold verkauften Versicherungsprodukten gehörten Policen mit zinsgarantierten Ansparrenten. Solche wurden in den 1990er Jahren mit einer garantierten Jahresverzinsung von 4% und mehr verkauft. In jenen Jahren bewegte sich die Rendite zehnjähriger deutscher Bundesanleihen zwischen 9% (1990) und 5% (2000). Nach der Übernahme des Deutschen Herold durch die Zurich fiel die Rendite der Staatsanleihen kontinuierlich von 5% auf 0%, was dem Schweizer Versicherer hohe Verluste bescherte.

Die Aufsichtsbehörden verlangten entsprechende Rückstellungen zur Deckung dieser Verlustrisiken. Diese kann die Zurich auflösen, wenn die voraussichtlich Mitte des kom­menden Jahres abzuschließende Transaktion­ Realität wird. Die Zurich geht gemäß eigenen Angaben davon aus, dass ihre Schweizer Solvenzquote, der Swiss Solvency Test (SST), als Folge um 8 Prozentpunkte steigen wird. Per Ende 2021 hatte die Zurich eine SST-Quote von 212% ausgewiesen. Das strategische Ziel ist eine langfristige Quote von mindestens 160%. Die freizusetzenden Mittel will die Zurich in besser rentierende Geschäftsbereiche wie das Industrieversicherungsgeschäft umlenken.

Bereits im Januar hatte der Konzern mit dem gleichen Ziel den Altbestand an italienischen Lebenpolicen an die von der Private-Equity-Gesellschaft Apax getragene Bestandsabwicklerin Gama Life übertragen. Viridium ist ein Gemeinschaftsunternehmen der Private-Equity-Gesellschaft Cinven und der Hannover Rück. Die Zurich-Aktien legten am Freitag in einem starken Gesamtmarkt um 4,2% auf 418 sfr zu.

Viridium hat sich auf den Aufkauf und die Abwicklung von Lebensversicherungsbeständen spezialisiert, für die das Neugeschäft eingestellt wurde. Mit einem Bestand von künftig rund 4,5 Millionen Verträgen und 92 Mrd. Euro verwaltetem Vermögen (alle Angaben pro forma, per 31.12. 2021) ist sie in Deutschland der mit Abstand größte Bestandsverwalter.

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