„Das wäre eine unfaire Doppelbelastung“
Fünf Fragen an Engin Eroglu (Freie Wähler)
„Das wäre eine unfaire Doppelbelastung“
Der EU-Abgeordnete Eroglu über Einlagensicherung und über Wettbewerbsfähigkeit
fed Brüssel
Scharfe Kritik äußert der Europaabgeordnete Engin Eroglu am „Hauruck-Verfahren“, mit dem das EU-Parlament im Frühjahr die gemeinsame Position in Sachen EU-Einlagensicherung beschlossen hat. Kleien Banken wehrten sich zurecht gegen eine EU-Regelung, die sie neben der Institutssicherung in eine Einlagenversicherung zwingen würde.
Beim Thema Einlagensicherung hat das EU-Parlament das Gesetzgebungsverfahren einen Schritt vorangetrieben. Falls auch der Rat eine gemeinsame Position findet, würde der Trilog starten. Was ist aus Ihrer Sicht bei diesem Thema wichtig?
In der Tat wurde in den letzten Wochen der letzten Legislatur im Hauruck-Verfahren, recht intransparent und mit zu wenig Beratungszeit die Parlamentsposition zur Einlagensicherung gesetzt. Angesichts der Relevanz des Themas war der Prozess, das muss man so deutlich sagen, unwürdig. Wir hatten bis kurz vor der Abstimmung noch keinen finalen Text vorliegen. Man hatte das Gefühl, dass die Sache dem Berichterstatter entglitten ist. Das Hauptproblem bei dem Thema ist, dass die vorgeschlagene Einlagensicherung nicht zum deutschen Drei-Säulen-Bankensystem passt. Sowohl Sparkassen, als auch die Volks-und Raiffeisenbanken haben in ihren Systemen eine Institutsgarantie. Die Einlagen sind damit bereits de facto versichert. Diese Banken zusätzlich in eine Einlagenversicherung zu zwängen, wäre eine unfaire Doppelbelastung, gegen die sich die kleinen Banken zurecht wehren.
Was sollte die EU angetastet lassen? Beziehungsweise: Wie könnte eine Einigung aussehen, die Sie unterschreiben könnten?
Eine Einlagensicherung ohne klare und nachhaltige Ausnahme für die Sparkassen und Genossenschaftsbanken ist für mich deshalb nicht zustimmungsfähig. Das war immer meine Abstimmungslinie, und daran wird sich auch nichts ändern. Mein Wählerauftrag, in Form des Wahlprogramms der „Freie Wähler“, ist da sehr deutlich. Deutschland ist so krisenfest in den letzten Jahrzehnten wegen seinen Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Dieses funktionierende System darf nicht der EU zum Opfer fallen.
Ein anderes Thema: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen stellt die Wettbewerbsfähigkeit ins Zentrum. Was bedeutet das aus Ihrer Sicht für die Finanzmarktregulierung?
Um die Wettbewerbsfähigkeit ist es in der EU nicht gut bestellt. Auch Deutschland befindet sich hier auf einem absteigenden Ast. Insofern ist die Diagnose von Ursula von der Leyen richtig. Ich fürchte nur, sie verschreibt die falsche Therapie. Statt „mehr Geld ausgeben“ müssen wir Bürokratie abbauen, effizienter werden, Energie günstiger machen, Leistung wieder mehr belohnen, und mehr auf Innovation setzen. Zumindest die Themen Überregulierung und Bürokratieabbau sollten wir auch im Wirtschafts- und Währungsausschuss in den Fokus nehmen. In der Finanzmarktregulierung bedeutet das für mich zum Beispiel, dass wir die Umsetzung der Basel-Regulierungen nur so weit vorantreiben, wie das auch unsere Handelspartner tun, und gegebenenfalls die volle Einführung verschieben.
Was bedeutet das insbesondere für die Berichtspflichten von Banken und Unternehmen, unter anderem beim Nachhaltigkeits-Reporting?
In der letzten Legislatur wurden – ohne meine Zustimmung! – die Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Banken und Unternehmen deutlich erhöht. Dahinter standen hehre Ziele. Nur: Die damit einhergehende Bürokratie und damit die Kosten, ohne dass der Kunde daraus einen direkten Mehrwert zieht, sind immens. Insbesondere für kleine Unternehmen. Die Aufwand/Nutzen-Relation steht so in keinem Verhältnis! Das geht zu Lasten der Wettbewerbsfähigkeit. Hier müssen wir wieder zurückschrauben.
Und die letzte Frage: Welches Themas sollte sich Ihrer Ansicht nach der ECON in den nächsten Monaten unbedingt annehmen?
Ein dringendes Thema ist die Finanzierung von Sicherheit und Verteidigung. Über Nachhaltigkeitsberichterstattung, Taxonomie und die ESG-Kriterien wurden die Banken dazu getrimmt, ihre Portfolios in Richtung von „grünen“ Unternehmen zu verändern. Zum Teil waren dies direkte Folgen auf die Gesetzgebung, zum Teil haben wir hier auch vorauseilenden Gehorsam der Banken gesehen. Die Banken hatten Angst, in manchen Sektoren Geld zu vergeben, weil sie in der Zukunft noch größere Nachteile aus den dann bestehenden Kreditverbindungen gesehen haben. Sehr stark betroffen davon war der Verteidigungssektor. Im Rahmen des russischen Angriffskriegs ist aber dessen Finanzierung wichtiger als davor! Die tatsächlichen Regeln anzupassen, wird Zeit in Anspruch nehmen. Aber den Banken die Angst zu nehmen, das lässt sich durch klare politische Signale erreichen. An der Stelle können und müssen wir schnell handeln! Die Politik weiß, dass die Banken etwas Gutes tun, wenn sie die Verteidigung des Westens finanzieren. Daher mein Appell an die Banken: Traut euch!