FOKUSFinanzmarktregulierung

Finanzbranche fordert Konzentration auf einfach umsetzbare Erleichterungen

In der Finanzbranche geht die Sorge um, dass sie zwar mehr Gehör in der Politik für ihre Themen findet, sie sich trotzdem auf weiterhin sehr komplexe EU-Vorgaben einstellen muss.

Finanzbranche fordert Konzentration auf einfach umsetzbare Erleichterungen

Finanzbranche fordert Konzentration auf einfach umsetzbare Erleichterungen

Von Michael Marray, Frankfurt

In den vergangenen zwölf Monaten hat die Finanzbranche begrüßt, dass sie in der Politik mehr Gehör für Ihre Themen gefunden hat. Es gibt jedoch Bedenken, dass trotzdem in den nächsten fünf Jahren der EU-Kommission trotzdem eine weitere Reihe komplexer Vorschriften auf den Weg gebracht wird, und dass regulatorische Erleichterungen, die eigentlich einfach umzusetzen wären, hinausgezögert werden.

In der Finanzindustrie herrscht große Ernüchterung, wie einige Kommentare aus den zurückliegenden sechs Monaten zeigen. „Die ESMA hört nicht auf uns“, sagt ein Vertreter der Verbriefungsbranche. Ein anderer fügt hinzu, dass es sich nicht lohne, Fragen zur Klärung an die ESMA-Website für Fragen und Antworten zu stellen, da es vier Monate dauern könne, bis eine Antwort erteilt werde.

Mehr Befugnisse für die ESMA?

Wie ein Anwalt anmerkt, sollten sich das nächste EU-Parlament und die EU-Kommission auf einige „Quick Wins“ konzentrieren. Die Reform der Verbriefungs-Verordnung sei ein offensichtliches Beispiel. Vorschläge zur Vereinfachung der überkomplexen Meldevorlagen für Verbriefungen und zur Erleichterung der Sorgfaltspflichten für Investoren würden von wenigen starken Kräften blockiert.

Daher wird die Reform der Verbriefungs-Verordnung als „niedrig hängende Früchte“ bezeichnet, denn Änderungen könnten vergleichsweise schnell und einfach vorgenommen werden. Zudem hätte eine Novelle der Vorgaben unmittelbare Auswirkungen auf die Realwirtschaft.

Im Gegensatz dazu hat die jüngste öffentliche Debatte über die Ausweitung der direkten Aufsichtsbefugnisse der ESMA, durch die sie zu einer Art EU-Börsenaufsichtsbehörde wird, die Alarmglocken schrillen lassen.

Dies hat nicht unbedingt nur damit zu tun, dass die Akteure der Finanzindustrie eine lokale Aufsicht bevorzugen. Vielmehr verbindet sich damit auch die Sorge, eine solche politische Kontroverse könnte sich gerade bei Amtsantritt der neuen EU-Kommission zu einem zeitaufwändigen Streit entwickeln, zumal viele national zuständige Behörden ihre Regierungen bitten würden, für den Erhalt ihrer Befugnisse zu kämpfen.

Grüne Finanzierungen

Die Finanzindustrie wünscht sich zudem eine Überarbeitung der Regeln für die Nachhaltigkeitsberichterstattung. Dies ist ein weiteres schwieriges Thema, da die EU-Kommission und das Parlament nach wie vor fest entschlossen sind, den Übergang zu einer Netto-Nullbilanz zu beschleunigen.

Am 3. Mai veröffentlichte die Europäische Kommission einen zusammenfassenden Bericht über die Ergebnisse der Konsultation zur Verordnung über die Offenlegung nachhaltiger Finanzprodukte (SFDR), die von September bis Dezember 2023 lief. Darin wurden praktische Fragen und potenzielle Schwachstellen des wichtigsten Offenlegungsrahmens für den Finanzdienstleistungssektor untersucht. Auf die öffentlichen und gezielten Konsultationen gingen mehr als 400 Antworten ein. An der gezielten Konsultation beteiligten sich 324 Organisationen und Einzelpersonen, vor allem aus Frankreich, Deutschland, Belgien, Spanien und Luxemburg, aber auch aus einigen Nicht-EU-Ländern (Vereinigtes Königreich und USA).

Es gibt eine gewisse Unterstützung für die Abschaffung der Fondskategorien nach Artikel 8 (einige nachhaltige Merkmale) und Artikel 9 (nachhaltige Investitionen als Ziel) und die Einführung eines völlig neuen Systems. Aber selbst wenn dies nicht geschieht, werden die Änderungen an der SFDR wahrscheinlich zu weitreichenden Anpassungen in den Compliance-Abteilungen des Fondsmanagents führen.

Ähnliche Probleme gibt es auch bei der Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen. Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern (hauptsächlich diejenigen, die bereits nach der bestehenden NFDR berichten) sammeln bereits 2024 ESG-Daten für ihre Berichterstattung 2025. Danach folgen 250 Mitarbeiter (oder 50 Mill. Euro Umsatz) im Jahr 2026 und zehn Mitarbeiter (oder 700.000 Euro Umsatz) für die Berichtssaison 2027.

Dies stellt eine große Belastung für die Berichterstattung dar, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die sich keine großen Abteilungen für die Einhaltung von Rechtsvorschriften leisten können.

Es werden auch Gesetzesänderungen gefordert, damit Unternehmen, die einen glaubwürdigen Umstellungsplan vorlegen, von den Nachhaltigkeitskategorien profitieren können. Ziel ist es, so genannte „braune“ Unternehmen zu ermutigen, Maßnahmen zu ergreifen, anstatt nur Unternehmen zu kategorisieren, die bereits grün sind.

Unterstützung für Transition Finance

In ihrer Zusammenfassung der Konsultation zur SFDR vom 3. Mai, die sich in hohem Maße auf die von den Unternehmen im Rahmen der CSRD bereitgestellten Daten stützen wird, erklärte die EU-Kommission, dass es eine „überwältigende Unterstützung“ für die Einbeziehung des Konzepts der Übergangsfinanzierung gebe. 72% der Befragten sprachen sich für die Schaffung einer speziellen Kategorie für Produkte mit dem Schwerpunkt Übergangsphase aus.

Obwohl eine solche Umstellung auf Übergangsfinanzierungen mit überwältigender Mehrheit befürwortet wird, könnte sie zu einer weiteren Reihe äußerst komplexer Anpassungen von Vorschriften und Neuregelungen führen, deren Aushandlung mehrere Jahre dauern würde.