Antagonist im eigenen Drama
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Elon Musk sucht die Kontroverse – und hat sich dabei 2022 zu neuen Höhen aufgeschwungen. Das Drama um die Übernahme des Kurznachrichtendienstes Twitter durch den Milliardär hielt die Anleger den Großteil des Jahres in Atem, der letzte Akt ist dabei laut Analysten trotz Vollzug des Deals noch lange nicht eingeläutet.
Der Vorhang öffnet sich dabei Ende März, als Musk anfängt, Twitter öffentlich zu kritisieren. Anfang April zeigen Akten der Börsenaufsicht SEC dann, dass der 51-Jährige zu diesem Zeitpunkt mit einem Anteil von 9% größter Anteilseigner des Social-Media-Anbieters ist. Es folgt die Ankündigung einer Übernahme durch Musk und der anschließende Versuch des Unternehmers, von der Vereinbarung zurückzutreten. Kritiker sehen in der Behauptung des Milliardärs, auf Twitter gebe es deutlich mehr Fake-Accounts als vom Unternehmen behauptet, einen Vorwand – Musk habe sich mit dem Deal finanziell übernommen.
Die Hauptfiguren des Dramas sind darauf zu einem Duell vor Gericht verabredet, zu dem es nicht kommt: Musk schließt die Übernahme Ende Oktober kurz vor Fristablauf für 44 Mrd. Dollar ab und beginnt sofort mit Entlassungen in der obersten Führungsebene. „Der Vogel ist befreit“, twittert er damals.
In der Folge kommt es zu Massenentlassungen, während der neue Eigner und CEO die Plattform mit kurzlebigen Maßnahmen wie der Einführung eines Bezahlabonnements umzukrempeln sucht. Zugleich entsperrt er Accounts wie den des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump und verbreitet über den Kurznachrichtendienst Verschwörungstheorien.
Die Aktivitäten des 51-Jährigen schockieren auch Beobachter, die ihm seit seinem Einstieg beim E-Auto-Bauer Tesla 2004 einen erratischen Führungsstil attestieren. Mit seiner Methode, durch Exzentrik die Aufmerksamkeit auf seine Unternehmen zu lenken, habe es Musk nun zu weit getrieben. Infolge der Kontroversen setzen Werbekunden wie United Airlines und General Motors ihre Aktivitäten auf Twitter aus. Auch die Kritik der Tesla-Aktionäre häuft sich. Sie werfen dem Milliardär vor, die Marke des E-Auto-Bauers durch seine Eskapaden zu beschädigen.
Am vierten Advent stellt Musk den Twitter-Nutzern dann die entscheidende Frage, ob sie seinen Rücktritt vom Twitter-Chefposten wünschen – 57,5% antworten mit Ja. Musk, lange als visionärer Unternehmenslenker gefeiert, ist 2022 zum Antagonisten in seinem eigenen Drama geworden.