BaFin und Fondslobby kritisieren teure ESG-Ratings
BaFin kritisiert ESG-Ratinganbieter
Die Ergebnisse einer aktuellen Marktstudie der BaFin sind ein hartes Urteil für ESG-Ratinganbieter und Wasser auf die Mühlen der Fondslobby.
Von Wolf Brandes, Frankfurt
Es ist kein neuer Trend, dass in der Finanzbranche ESG-Aspekte wichtiger werden. Das hat auch die deutsche Finanzaufsicht (BaFin) erkannt und stellt fest, dass eine zuverlässige Datengrundlage unverzichtbar ist. Vor diesem Hintergrund hat die BaFin ihre Marktstudie erstellt. Titel: „Daten und Ratings zu ESG sind teuer und verbesserungswürdig“. Eine mehr als deutliche Aussage.
Die BaFin beschreibt, wie sie zu diesem Resultat kommt. Die Aufsicht hat die Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVGs) gefragt, wie sie ESG-Daten bewerten. Das Ergebnis ist wenig überraschend, wenn man die Position der Fondsbranche kennt und bedenkt, dass die Gesellschaften die ESG-Ratings kaufen müssen. 83% der befragten Häuser verwenden ESG-Daten und -Ratings von externen Anbietern. 84% der KVGs ziehen MSCI als Datenanbieter heran, gefolgt von ISS (44%), Bloomberg (28%) und Sustainalytics sowie Solactive (jeweils 20%).
Fondsgesellschaften kritisieren ESG-Ratinganbieter
Die meisten der Fondsgesellschaften halten die Kosten der ESG-Ratings für unangemessen hoch. Die Daten seien teilweise unvollständig, von schlechter Qualität sowie zu wenig aktuell. Und jetzt werden die Anlagegesellschaften nach den Gründen der hohen Kosten gefragt. Als Ursachen werden unter anderem die Konzentration auf eine geringe Anzahl an Datenanbietern und deren beherrschende Marktstellung genannt, die es den ESG-Ratingagenturen erlaube, hohe Preise zu verlangen.
Als Beleg für zu hohe Kosten wird angeführt, dass die Budgets der Fondshäuser für ESG-Daten und Ratings von 2022 bis 2024 stetig gestiegen seien. Möglicherweise besteht aber auch ein Zusammenhang mit den gestiegenen regulatorischen Anforderungen, dass man für ESG-Daten mehr Geld ausgeben muss.
BaFin-Studienergebnisse auf Linie mit Fondslobby
Klar ist: „Bei den verfügbaren ESG-Daten und -Ratings gibt es noch große Defizite.“ So lässt sich Thorsten Pötzsch, Exekutivdirektor Wertpapieraufsicht, im BaFin-Journal zitieren. Klar ist aber auch, dass die Ergebnisse der Marktstudie recht nahe bei der Position des Fondsverbands BVI liegen. Der BVI bedauert es, dass die EU nicht die faire Bepreisung von ESG-Daten und -Ratings geregelt habe.
Daher scheint also der Wind zu wehen. Es geht um die jüngste Einigung der EU zu ESG-Ratings. Die Richtung sei zwar nicht schlecht. „In einem Verordnungsentwurf zu ESG-Ratings adressiert die EU-Kommission außerdem einige der Probleme, die wir auch in unserer Studie benennen“, sagt Pötzsch. Einige.
Anhaltende Diskussion um ESG-Rating
Die Diskussion um ESG-Daten und -Ratings wird weitergehen. Die politische Einigung zur ESG-Ratingverordnung sieht vor, dass die Anbieter von Nachhaltigkeitsratings Quellen und Methodik offenlegen und dafür sorgen müssen, dass die Vergabe von ESG-Ratings von beispielsweise Beratung oder Rechnungsprüfung getrennt wird. Dieser Kompromiss dreht sich bislang aber nicht um die Kosten.
Die BaFin hat in ihrer Studie auch ESG-Ratingagenturen gefragt, um das Bild abzurunden. Während ein führender Anbieter Unternehmen von „AAA“ bis „CCC“ bewertet, messe ein anderer Anbieter auf einer Skala von 0 bis 100. Unterschiedliche Skalen allein sollten für Finanzprofis allerdings kein Problem sein. Gleichwohl ist die BaFin-Marktstudie ein Beitrag für die Diskussion um ESG-Ratings, deren Regulierung längst nicht am Ende ist.