Jürgen Kern ist ESG-Chef der KfW

„Nutzen von ESG-Regulatorik oft noch gar nicht sichtbar“

Jürgen Kern treibt als erster CSO der KfW die Integration von Nachhaltigkeit in die Unternehmensstrategie voran.

„Nutzen von ESG-Regulatorik oft noch gar nicht sichtbar“

„Nutzen von ESG-Regulatorik oft noch gar nicht sichtbar“

wbr Frankfurt

Es gibt Momente in Karrieren, die Weichen stellen – für einen selbst und für viele andere. Jürgen Kern erinnert sich an einen solchen Augenblick: Als die KfW begann, Nachhaltigkeit konsequent in ihre Unternehmensstrategie zu integrieren, war er bereits in leitender Funktion tätig. „Mit den Zusagen aus dem Jahr 2023 tragen wir dazu bei, bis zu voraussichtlich zwölf Millionen Tonnen CO2-Äquivalente einzusparen. Das zeigt, was möglich ist, wenn man Nachhaltigkeit konsequent umsetzt.“ Für Kern ist dies nicht nur eine Zahl, sondern ein Sinnbild dafür, was passiert, wenn Vision auf Strategie trifft.

Transformation und Transition

Seit Mai 2024 trägt der 54-Jährige als erster Chief Sustainability Officer (CSO) der KfW die Verantwortung für die neue Abteilung „Nachhaltigkeitsstrategie“. Die Rolle verbindet 20 Jahre Erfahrung in Finanzierungen, internationaler Entwicklungsarbeit und strategischer Unternehmenssteuerung mit der Überzeugung, dass nachhaltige Transformation ein zentraler Pfeiler wirtschaftlicher Zukunft ist. „Wir unterscheiden konsequent zwischen Transformation, also heute schon umfassend nachhaltigen Investitionen, und der Transition, also dem gezielten Gestalten von Übergangsprozessen. Diese Unterscheidung ist zentral für unsere strategische Steuerung“, sagt Kern.

Sein beruflicher Weg begann nach dem Studium der internationalen Wirtschaft an der Universität Tübingen und einem Postgraduiertenprogramm am German Development Institute im Jahr 2000. Nach verschiedenen Stationen in der Entwicklungsfinanzierung trat Kern 2007 in die KfW ein. Zwischen 2009 und 2013 leitete er das KfW-Büro in Brasília, bevor er in Frankfurt die Abteilung für Energie und Verkehr übernahm. Dort setzte er Schwerpunkte auf erneuerbare Energien und grenzüberschreitende Infrastrukturprojekte, insbesondere in Südosteuropa und der Türkei.

Grundpfeiler der Bank

Ab 2018 war Kern maßgeblich an der strategischen Weiterentwicklung der KfW beteiligt. Als Leiter der Abteilung für Unternehmensstrategie und Nachhaltigkeit trug er dazu bei, Nachhaltigkeit als einen der Grundpfeiler der Bank zu definieren.

Seine Ernennung zum CSO ist ein weiterer Meilenstein für die KfW. Vorstandsvorsitzender Stefan Wintels betonte die Bedeutung dieser Entscheidung: „Die nachhaltige Ausrichtung unserer Finanzierungen steht im Mittelpunkt unserer strategischen Transformationsagenda, und wir wollen auch in diesem Bereich verstärkt Impulsgeberin sein.“ Mit rund 40% der jährlichen Finanzierungszusagen, die direkt auf Transformationsprojekte entfallen, hat die KfW unter Kerns Leitung einen erheblichen Hebel, um zur Erreichung globaler Nachhaltigkeitsziele beizutragen.

Großer Wert für Risikoanalyse

Kern sieht in der Finanzwelt nicht nur Herausforderungen, sondern auch große Potenziale. „Ich würde davor warnen, die ESG-Regulatorik grundsätzlich abzulehnen, da ihr Nutzen oft noch gar nicht sichtbar geworden ist. Wenn der Finanzsektor künftig umfassende Nachhaltigkeitsberichte erhält, wird sich deren Wert beispielsweise für die Risikoanalyse klar zeigen.“ Diese langfristige Perspektive prägt seinen Arbeitsstil ebenso wie die Überzeugung, dass Nachhaltigkeit und wirtschaftlicher Erfolg miteinander vereinbar sind.

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