Warmer Preisregen für grüne Banken
Warmer Preisregen für grüne Banken
Die Vielzahl an
Nachhaltigkeitspreisen in der Finanzbranche birgt das Risiko,
ihre Glaubwürdigkeit
zu verwässern.
Von Wolf Brandes
Die kalte Jahreszeit brachte für die nachhaltige Finanzbranche einen wahren Preisregen. Der Deutsche Nachhaltigkeitspreis (DNP), das neue Fair Finance Rating und FNG-Siegel für ESG-Fonds gingen im Wochenrhythmus über die grüne Gemeinschaft nieder. Das zeigt, dass Nachhaltigkeit auch in der Welt der Preise kein Nischenthema mehr ist. Um das gute Engagement sichtbar zu machen, hat sich eine Vielzahl an Preisen, Siegeln und Ratings etabliert. Doch die wachsende Vielfalt an Kategorien und Preisträgern wirft Fragen auf.
Vielzahl von Kategorien
Der Deutsche Nachhaltigkeitspreis hat sich als eine der prestigeträchtigsten Auszeichnungen etabliert. Mit Kategorien wie „Green Leasing“, „Greensurance“ oder „Green Deals“ wird versucht, unterschiedliche Branchenaspekte der Finanzwelt zu adressieren. Aktuelle Preisträger sind beispielsweise Triodos Bank oder Signal Iduna. Doch die Vielzahl an Kategorien ist mehr als verwirrend. Die Fragmentierung der Preise kann die Signalwirkung verwässern, sodass es schwer wird, herausragende von durchschnittlichen Leistungen zu unterscheiden. Zudem könnte die Diversifizierung der Kategorien als Versuch interpretiert werden, möglichst viele Unternehmen zu bedenken.
Das Fair Finance Rating verfolgt einen anderen Ansatz. Es bewertet Banken und Finanzinstitute anhand von Kriterien wie sozialer Gerechtigkeit, Umweltschutz und Unternehmensführung. Diese Kriterien basieren auf internationalen Standards wie PRI oder den SDGs der UN. Banken wie jüngst die GLS Bank erreichen hier regelmäßig hohe Bewertungen. Doch die Komplexität der Bewertungsmodelle macht es Laien oft schwer, die Ergebnisse nachzuvollziehen. Fehlendes Verständnis bei den zugrunde liegenden Daten oder uneinheitliche Standards können die Aussagekraft schwächen. Zudem besteht das Risiko, dass diese Ratings für Marketingzwecke genutzt werden, ohne dass nachhaltige Fortschritte realisiert werden.
Aussagekraft relativiert
Das FNG-Siegel, vergeben vom Forum Nachhaltige Geldanlagen, bietet Orientierungshilfe für Anleger, die Wert auf grüne Fonds legen. Es setzt Ausschlusskriterien wie Investitionen in fossile Energien oder kontroverse Waffen und definiert ESG-Mindestanforderungen. Doch auch hier bleibt die Herausforderung bestehen: Fonds mit unterschiedlichen Nachhaltigkeitsansätzen – von Mindeststandards bis hin zu ESG-Vorreitern – können ein Siegel erhalten. Dies relativiert die Aussagekraft. Hinzu kommt, dass viele Anleger tiefere Einblicke in die tatsächliche Wirkung eines Fonds wünschen, als das Siegel allein bietet.
Gemeinsam ist das Problem einer Art Inflation von Auszeichnungen. Immer mehr Kategorien, Abstufungen und Klassifikationen können dazu führen, dass die gute Idee leidet. Wenn nahezu jede Bank, jeder Fonds oder jedes Finanzprodukt mit irgendeiner Form von Auszeichnung werben kann, verliert der Ansatz einer ausgezeichneten Leistung an Zugkraft. Dies gefährdet nicht nur die Glaubwürdigkeit der Auszeichnungen, sondern unter Umständen auch die der Nachhaltigkeitsbranche. Verbraucher könnten das Vertrauen in Awards verlieren, wenn der Eindruck entsteht, dass sie primär als Werbeinstrumente für die grüne Sache dienen, statt die Transformationen zu fördern.
Unabhängigkeit entscheidend
Ein weiterer Punkt sind Bewertungsprozesse. Transparenz und Unabhängigkeit sind entscheidende Faktoren. Sicher wird hier viel getan. Der DNP etwa betont, dass Juroren keine Interessenkonflikte haben und strenge Compliance-Regeln einhalten. Ähnliche Prinzipien verfolgen das Fair Finance Rating und das FNG-Siegel. Doch auf den ersten Blick bleibt manchmal unklar, wie tiefgehend die Prüfungen tatsächlich sind. Hier könnten Nachprüfungen, die Fortschritte der ausgezeichneten Unternehmen und Produkte in den Jahren nach der Preisvergabe dokumentieren, Abhilfe schaffen. Solche Audits würden die Ernsthaftigkeit der Auszeichnungen untermauern.
Für die Zukunft ist es entscheidend, dass Nachhaltigkeitspreise ihre Standards weiterentwickeln und die Transparenz erhöhen. Nur so können Preise zur Transformation beitragen. Nachhaltigkeit darf kein bloßes Marketing-Etikett sein.