Bundesverfassungsgericht

Schwerer Schlag für die Haushaltspolitik der Ampel

Das Bundesverfassungsgericht streicht rückwirkend 60 Mrd. Euro aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) und bringt damit die gesamte Haushaltspolitik der Ampel-Koalition unter Zugzwang.

Schwerer Schlag für die Haushaltspolitik der Ampel

Schwerer Schlag für Haushaltspolitik der Ampel

Karlsruhe erklärt Umwidmung von 60 Mrd. Euro Corona-Hilfen für nichtig

ahe/wf Berlin

Das Bundesverfassungsgericht streicht rückwirkend 60 Mrd. Euro aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) und bringt damit die gesamte Haushaltspolitik der Ampel-Koalition unter Zugzwang. Die Karlsruher Richter erklärten am Mittwoch die Anfang 2022 erfolgte Umwidmung von nicht verbrauchten Kreditermächtigungen zur Bekämpfung der Coronakrise und ihre Einbringung in den KTF für nichtig. Sie begründeten dies insbesondere mit einem Verstoß gegen die Schuldenbremse. Aus dem Klima-Sondervermögen sollten eigentlich allein im nächsten Jahr Projekte im Volumen von knapp 58 Mrd. Euro finanziert werden. Bis 2027 waren bislang Ausgaben von sogar 212 Mrd. Euro vorgesehen gewesen.

Bundesfinanzminister Christian Lindner kündigte an, Ausgaben aus dem KTF vorerst zu sperren und einen neuen Wirtschaftsplan zu erarbeiten. In den Fonds fließen unter anderen auch die Einnahmen aus dem EU-Emissionshandel und der nationalen CO2-Abgabe. Nicht von der Sperre betroffen sind nach Angaben des FDP-Chefs Maßnahmen zur Förderung der Energieeffizienz und der erneuerbaren Energien im Gebäudebereich.

Der reguläre Bundeshaushalt für 2024, über den sich der Bundestag noch in dieser Woche einigen will, soll nach dem Willen der Ampel von dem Urteil aus Karlsruhe nicht betroffen sein. Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz, dessen Fraktion gegen die umstrittene Umwidmung von Kreditermächtigungen vor Gericht gezogen war, forderte dagegen, die Budgetberatungen zu unterbrechen. Das Urteil "entzieht der gesamten Finanz- und Haushaltsplanung der Bundesregierung die Grundlage", urteilte er. Bereits am Donnerstag steht die sogenannte Bereinigungssitzung für den Haushalt 2024 im Parlament auf der Agenda.

In der Politik und bei Ökonomen löste das Urteil eine neue Debatte über eine Reform der Schuldenbremse aus. Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), Marcel Fratzscher, erklärte die Schuldenbremse für "nicht mehr zeitgemäß", weil sie der Politik notwendigen Spielraum nehme, um Krisen zu bekämpfen und Zukunftsinvestitionen zu tätigen. Ähnlich argumentierte Michael Hüther vom Institut der Deutschen Wirtschaft (IW). Die Transformation zur Klimaneutralität erfordere andere Lösungen – aus Gründen von Effizienz und Generationengerechtigkeit. ZEW-Ökonom Friederich Heinemann plädierte für eine Reform der Schuldenbremse "mit neuen, klar umrissenen Verschuldungsfenstern". Die Ampel stehe haushaltspolitisch vor einem "selbst verschuldeten Scherbenhaufen".

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