„Wir brauchen Gigawatt“
„Wir brauchen Gigawatt“
Energiebranche drängt bei neuen Kraftwerksausschreibungen und will bei Solar nachsteuern
Die deutsche Energiewirtschaft fordert, gleich nach der Bundestagswahl den Zubau neuer Gaskraftwerke und eine Senkung der Stromsteuer auf den Weg zu bringen. Noch vorher sollte sich die Politik nach Ansicht des zuständigen Verbands BDEW der Probleme annehmen, die der Solarboom im Netzbereich verursacht.
ahe Berlin
Da die Ampel-Regierung ihr Kraftwerkssicherheitsgesetz (KWSG) nicht mehr umsetzen konnte, fordert der Energieverband BDEW jetzt einen raschen Neustart gleich nach der Bundestagswahl. „Der Zubau steuerbarer Kraftwerkskapazitäten bleibt hochgradig zeitkritisch und gehört auf die 100-Tage-Agenda der kommenden Bundesregierung“, betonte Kerstin Andreae, die Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung. „Wir brauchen Gigawatt.“ Nur so könne die Versorgungs- und Systemsicherheit im Energiebereich gewährleistet und gleichzeitig der Kohleausstieg umgesetzt werden.
Ausbau der Erneuerbaren schreitet voran
Auf Grundlage des KWSG, das schon grünes Licht aus Brüssel erhalten hatte, aber nach dem Ampel-Aus nicht mehr vom Bundestag beschlossen wird, sollten eigentlich ab Anfang nächsten Jahres 12,5 Gigawatt (GW) an neuen, wasserstofffähigen Gaskraftwerken ausgeschrieben werden. Dies sollte auch den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien absichern. Nach Angaben des BDEW ging dieser Ausbau auch 2024 weiter voran: Die Erneuerbaren hatten in diesem Jahr einen Anteil von 58 (im Vorjahr: 54)% an der deutschen Bruttostromerzeugung. Fast ein Viertel des Stroms kommt von Windrädern an Land (24%). Solar steigt auf einen Anteil von 15%.
Nach Angaben des BDEW verursacht der Solarboom allerdings auch Herausforderungen bei der Netzstabilität. Denn rund die Hälfte der installierten Leistung bei Photovoltaik-(PV)-Anlagen liegen unter der 100 Kilowatt-Grenze und speisen damit potenziell ungesteuert ins Stromnetz ein. Der Energieverband fordert daher, noch vor der Bundestagswahl eine sogenannte Wirkleistungsbegrenzung einzuführen, um die PV-Spitzen herunterregeln zu können.
Andreae verwies darauf, dass die Versorgungssicherheit in Deutschland aktuell immer noch im internationalen Spitzenbereich liege und damit auch ein positiver Standortfaktor sei. Der Netzausbau trage zudem Früchte: So seien die Kosten, die Netzengpässe verursachten, 2024 auf 2 Mrd. Euro gesunken – von 3,2 beziehungsweise 4,2 Mrd. Euro in den Vorjahren. Dass die Stromimporte von 7,3 auf 23,5 Mrd. Kilowattstunden gestiegen sind, hat nach Angaben von Andreae nichts mit Knappheit zu tun, sondern mit den jeweiligen Preisen und damit Folge, des EU-Strombinnenmarktes.
Die Energiebranche hofft, dass ebenfalls noch vor der Wahl das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz verlängert und schnellere Genehmigungsverfahren, die die neue EU-Erneuerbare-Energien-Richtlinie vorsieht, verstetigt werden. Eine Nachjustierung des Heizungsgesetzes nach der Wahl würde der BDEW befürworten. Die Regeln müssten einfacher werden. Andreae schlug vor, dann auch noch einmal die Stromkosten anzugehen, etwa durch die Senkung der Stromsteuer. Dies könne etwa 6,5 Mrd. Euro Entlastung bringen.