Geldpolitik

EZB gibt sich hart – Börsen knicken ein

Trotz der zunehmenden Rezessionssorgen will die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Geldpolitik weiter erheblich straffen – wegen der hohen Inflation. Die Euro-Hüter drosselten zwar am Donnerstag das Zinserhöhungstempo und hoben ihre Leitzinsen um...

EZB gibt sich hart – Börsen knicken ein

ms/rec/wrü Frankfurt

Trotz der zunehmenden Rezessionssorgen will die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Geldpolitik weiter erheblich straffen – wegen der hohen Inflation. Die Euro-Hüter drosselten zwar am Donnerstag das Zinserhöhungstempo und hoben ihre Leitzinsen um 50 statt wie zuvor zweimal in Folge um 75 Basispunkte an. Sie stellten aber zugleich weitere deutliche Zinserhöhungen in Aussichten und wollen die Euro-Wirtschaft dabei aktiv bremsen – durch ein restriktives Zinsniveau. Zudem kündigte der EZB-Rat an, ab März mit dem Abbau der aufgeblähten EZB-Bilanz zu beginnen.

Die EZB steuert damit auf eine Fortsetzung ihrer beispiellosen Straffung zu. Seit Juli hat sie ihre Leitzinsen um 250 Basispunkte erhöht – so aggressiv wie nie. Die Inflation war zwischenzeitlich auf 10,6% ge­klettert – ein absoluter Rekordwert. Im November hatte sie nachgegeben auf 10,0%. Das hatte Spekulationen geschürt, die EZB könne nun etwas weniger aggressiv agieren.

Der EZB-Rat betonte nun aber am Donnerstag, dass die Inflation „deutlich zu hoch“ sei und „zu lange über dem Zielwert bleiben wird“. Dieser liegt bei mittelfristig 2,0%. Selbst für 2025 prognostizieren die EZB-Volkswirte nun noch im Jahresschnitt 2,3% Inflation. „Wir müssen noch Boden gutmachen, wir müssen noch weiter gehen“, sagte Christine Lagarde. Ungewöhnlich deutlich gab sie dabei zu verstehen, dass der zuletzt an den Märkten eingepreiste Zinsgipfel von 3% zu niedrig angesetzt sei.

Parallel will die EZB im März beginnen, ihre Bilanz zu reduzieren. Geplant ist zunächst, die Anleihe­bestände um 15 Mrd. Euro monatlich zu reduzieren. Insgesamt belaufen sich diese auf rund 5 Bill. Euro.

Nach der Zinsanhebung der EZB knickte der Aktienmarkt am Nachmittag deutlich ein. Der Dax schloss mit einem Minus von 3,3% auf 13986 Punkten. Am Anleihemarkt sprang die zweijährige Bundrendite von 2,13% in der Spitze bis auf 2,43%. Das war der größte Sprung nach oben innerhalb eines Handelstages seit September 2008, als die Weltfinanzkrise eskalierte. Auch bei den zehnjährigen Bundrendite ging es nach oben. Der Euro kletterte zu­nächst bis auf 1,0735 Dollar, gab dann aber wieder nach.

Bereits am Mittwoch hatte die US-Notenbank­ Fed für Enttäuschung gesorgt. Sie drosselte zwar wie erwartet das Zinstempo ebenfalls von 75 auf 50 Punkte, stellte aber zugleich mehr Zinserhöhungen als zuvor in Aussicht. Am Donnerstag erhöhten neben der EZB auch die Bank of England und die Schweizerische Nationalbank ihre Zinsen um 50 Punkte.

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