US-Banken

Der Boom an der Wall Street ebbt ab

Hohe Erträge im Investment Banking haben den US-Banken in den vergangenen Quartalen Auftrieb gegeben. Zuletzt setzten aber Gewinnmitnahmen ein. Anleger wollen nun die aktuellen Quartalszahlen sehen.

Der Boom an der Wall Street ebbt ab

Von Norbert Kuls, New York

Bankaktien an der Wall Street könnten eine neue Triebfeder gebrauchen. Die Aktienkurse der großen Kreditinstitute sind gemessen am Branchenbarometer KBW Bank Index in den vergangenen vier Wochen gefallen – obwohl es gute Nachrichten gab. Die Banken hatten den Stresstest der Notenbank bestanden und danach auf breiter Front mehr Aktienrückkäufe und höhere Ausschüttungen angekündigt.

Jetzt scheinen Anleger aber erstmal die Ergebnisse des zweiten Quartals abzuwarten, die die Großbanken in der neuen Woche vorlegen werden. Den Auftakt machen J.P. Morgan Chase und Goldman Sachs am Dienstag, gefolgt von Bank of America, Citigroup und Wells Fargo am Mittwoch. Nachzügler ist wie üblich Morgan Stanley am Donnerstag. Nach Angaben von Factset erwarten Analysten für die Finanzwerte im Aktienindex S&P 500 für das zweite Quartal ein Gewinnplus von 117 % gegenüber dem Vorjahresquartal, das stark von den negativen Folgen der Pandemie und hohen Rückstellungen für ausfallgefährdete Kredite geprägt war. „Wells Fargo, Bank of America und J.P Morgan haben seit Ende März am stärksten zu dem erwarteten Anstieg der Gewinne beigetragen“, berichtet John Butters, Analyst bei Factset.

In der Branche wird allerdings befürchtet, dass der Aufschwung des Investment Banking, das die Ergebnisse der jüngsten Quartale beflügelt hatte, nachlassen dürfte. Über weite Strecken des Jahres 2020 bis ins erste Quartal 2021 hatten US-Banken mit dem Handel von Aktien und Anleihen, der Vorbereitung und Begleitung von Börsengängen sowie der Beratung von Unternehmen bei Fusionen und Übernahmen Rekordergebnisse er­zielt. Zuletzt warnten Führungskräfte aber davor, dass ihre Einnahmen im Wertpapierhandel sinken könnten, zumindest im Vergleich zum vergangenen Jahr. Jamie Dimon, der Vorstandsvorsitzende von J.P. Morgan Chase, sagte jüngst auf einer Konferenz, dass die Handelseinnahmen der Bank – sowohl bei festverzinslichen Wertpapiere als auch bei Aktien – im zweiten Quartal bei mehr als 6 Mrd. Dollar liegen dürften. In den Jahren vor 2020 wäre das noch ein Rekordergebnis gewesen. Diesmal entspräche es einem Rückgang von etwa 38 % gegenüber dem Rekordquartal des Vorjahres. „Immer noch ziemlich gut“, fand Dimon. Der Finanzchef der Citi­group, Mark Mason, warnte davor, dass die Handelseinnahmen im zweiten Quartal um etwa 30 % unter denen des Vorjahres liegen werden, belastet von einem Rückgang im Zinspapierhandel.

Nach Einschätzung des Bankanalysten Richard Ramsden von Goldman Sachs könnte die aktuelle Kursschwäche aber der richtige Zeitpunkt sein, Aktien von Banken zu kaufen, die von Wirtschaftswachstum, steigenden Zinsen und höherer Nachfrage nach Krediten profitieren könnten. „Wir sehen weiterhin weiteres Aufwärtspotenzial“, sagte er.