Warten auf Signale von Powell
Von Peter De Thier, Washington
Fast zwei Jahre nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie in den USA neigen sich die monatlichen Anleihekäufe der US-Notenbank, die ein zentraler Bestandteil ihrer ultralockeren Geldpolitik waren, dem Ende zu. Bis März dürften diese eingestellt werden, womit zugleich der Weg frei würde für die ersten Zinserhöhungen seit Dezember 2018 und den Abbau der Notenbankbilanz, die inzwischen auf fast 8,8 Bill. Dollar gestiegen ist.
Spannung erregt bei der anstehenden Sitzung des Offenmarktausschusses (FOMC) insbesondere die Frage, ob der Fed-Vorsitzende Jerome Powell weitere Hinweise auf das Tempo liefern wird, mit dem die Währungshüter an der Zinsschraube drehen. Die meisten Volkswirte rechnen damit, dass das Lenkungsgremium dieses Jahr drei Mal die Zügel straffer ziehen wird. Einige Expertengehen aber davon aus, dass wegen der hohen Inflation mindestens vier Zinserhöhungen bevorstehen könnten und das FOMC nächste Woche entsprechende Signale liefern könnte.
Wegen „substanzieller Fortschritte“ bei der Erreichung der Vollbeschäftigung und des Inflationsziels von 2%, dessen Überschreitung die Fed für einige Zeit dulden würde, hatte Powell nach der FOMC-Sitzung im November angekündigt, den Erwerb von 80 Mrd. Dollar an Staatsanleihen und 40 Mrd. Dollar an hypothekenbesicherten Wertpapieren um insgesamt 15 Mrd. Dollar pro Monat zu reduzieren. Da sich der Arbeitsmarkt aber weiter erholte und sich der Preisauftrieb verstärkte, legte Powell nach und kündigte im Dezember an, das Tempo des Tapering zu verdoppeln. Nach jetzigem Stand dürften die Anleihekäufe also im März beendet sein. Damit wäre zugleich der Weg frei für die erste Anhebung des Tagesgeldsatzes seit mehr als drei Jahren. Zuletzt betonte der oberste Währungshüter auch, dass die Fed „im weiteren Verlauf des Jahres“ die Reduktion ihrer Bilanz einläuten werde. Der Bilanzabbau würde „umfangreicher und schneller erfolgen als beim letzten Mal“ im Oktober 2017, sagte Powell.
Gleichwohl lautet die zentrale Frage, wie viele Zinserhöhungen in diesem Jahr anstehen könnten. Schließlich ist die Arbeitslosenquote nur noch 0,4 Prozentpunkte von jenen 3,5% entfernt, welche als Vollbeschäftigung gelten. Auch zogen die Verbraucherpreise im Dezember im Vorjahresvergleich um 7,0% an und erreichten damit die höchste Jahresrate seit fast 40 Jahren. Zudem kletterte die Gesamtrate des PCE-Preisindex im November um 5,7% und die Kernrate um 4,7%. Im Dezember dürften die beiden bevorzugten Inflationsindikatoren der Notenbank, die Ende dieses Monats veröffentlicht werden, weiter gestiegen sein.
Drei Erhöhungen erwartet
Zwar geht aus der Dot-Plot-Grafik vom Dezember hervor – diese spiegelt wider, wie viele Zinserhöhungen die FOMC-Mitglieder erwarten –, dass der Ausschuss dieses Jahr insgesamt drei Mal die Zinsschraube anziehen wird. Der nächste Dot-Plot wird im März veröffentlicht, und mittlerweile meinen mehrere Analysten, dass die Fed bei den Zinserhöhungen Gas geben muss. In diesem Sinne äußerte sich auch Powell bei seiner Bestätigungsanhörung im Senat, wo er sagte, dass die Fed bereit sei, im Kampf gegen die Inflation den Kurs weiter zu verschärfen.
Goldman Sachs rechnet nun mit vier Straffungen im laufenden Jahr, und Jamie Dimon, CEO von J.P. Morgan Chase, glaubt sogar, dass die Fed mehr als vier Mal den Leitzins heraufsetzen könnte. Falls Powell wie nach den vergangenen drei Treffen des FOMC konkrete Andeutungen macht, dann könnten die Märkte schon kommenden Mittwoch eine Vorstellung davon haben, wie energisch die Währungshüter vorgehen wollen.