Geld oder Brief

Abhängig von der Genesung Guccis

Bisher zeigen die Initiativen, Gucci wieder flott zu machen, nicht die erwünschte Wirkung. Das macht Kering anfälliger als andere Luxusgüterhersteller für die Abschwächung des chinesischen Marktes.

Abhängig von der Genesung Guccis

Geld oder Brief

Schwäche Guccis und Chinas belastet Kering

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Von Gesche Wüpper, Paris

„Höllfenfahrt für die Luxusgütergruppe Kering“, titelte eine französische Börsenseite zu Beginn der Woche. Denn die Aktie der Gucci-Mutter geriet jetzt erneut unter Druck, nachdem mehrere Analysten das Papier abstuften. Innerhalb der letzten Woche ist der Aktienkurs von Kering deshalb um mehr als 6% gesunken. Seit die Kering-Aktie im August 2021 mit 798 Euro ein Allzeithoch erreichte, ging es mit ihr mehr oder weniger kontinuierlich bergab. Seit drei Jahren ist sie um rund 66% auf zuletzt 228,05 Euro eingebrochen, so dass die Börsenkapitalisierung zuletzt 27,98 Mrd. Euro betrug. Innerhalb der letzten zwölf Monate hat Kering mit -51% den stärksten Kursrückgang innerhalb des CAC 40 verbucht und gleichzeitig ein Bewertungsniveau wie zuletzt 2017 erreicht. Zum Vergleich: Die LVMH-Aktie hat im selben Zeitraum gerade mal 17% eingebüßt.

Während sich das Wachstum der gesamten Luxusgüterindustrie abschwächt, bereitet Kering Branchenkennern denn auch die größten Sorgen. Denn der französische Konzern befindet sich mitten in einem Übergangsjahr, so dass er anfälliger ist. Um seinen Marken, allen voran Gucci, zu neuem Schwung zu verhelfen, setzt Kering-Chef François-Henri Pinault auch auf neue Produkte, die jetzt langsam in den Boutiquen ankommen.

Nur eine Sparte wächst

Um Gucci, die mit Abstand wichtigste Marke, flott für die Zukunft zu machen, hat er letztes Jahr seinem Vertrauten Jean-François Palus die Verantwortung übertragen und Sabato Sarno als neuen Chefdesigner von Valentino geholt. Bisher hatte dies jedoch nicht den gewünschten Erfolg gehabt. Sarnos verwende zwar edle Materialien, seine Entwürfe seien jedoch bisher nicht besonders originell, meinen Kritiker. Und das Ende letzten Jahres in Mailand eingeweihte neue Konzept der Boutiquen mit viel Inox und Stahl wirke kalt. „Gucci leidet unter einem Mangel an neuen Kunden“, gab denn auch die stellvertretende Kering-Generaldirektor Francesca Bellettini bei der Vorstellung der Halbjahresergebnisse zu.

Diese fielen schlechter als erwartet aus, da die Übergangsphase die Aktivitäten belastet. Der Umsatz Kerings ist deshalb in den ersten sechs Monaten 2024 um 11% auf 9,02 Mrd. Euro eingebrochen, der Guccis sogar um 20% auf 4,09 Mrd. Euro und der Yves Saint Laurents um 9% auf 1,44 Mrd. Euro. Nur die Sparte Kering Eyewear & Corporate, zu der die 2022 übernommene Sonnenbrillenmarke Maui Jim und der letztes Jahr erworbene Luxusparfümhersteller Creed gehören, konnte ihren Umsatz um 23% auf 1,07 Mrd. Euro steigern, während Bottega Veneta stabil blieb. Das operative Ergebnis des Gesamtkonzerns fiel mit 1,58 Mrd. Euro sogar 42% niedriger aus als im Vorjahreszeitraum, während sich der Nettogewinn auf 878 Mill. Euro halbierte.

Kursziel gesenkt

Kering hofft nun, dass sich die Tendenz umkehrt, wenn die von Sarno für Gucci entworfene Herbst- und Winterkollektion in die Boutiquen kommt. Allerdings hat der Konzern auch gewarnt, dass das operative Ergebnis wegen der anhaltenden Unsicherheiten im zweiten Halbjahr 30% niedriger als im Vorjahreszeitraum ausfallen könnte. Analysten fürchten, dass das schwache China-Geschäft Kering mehr als andere Wettbewerber treffen könnte. „Gucci scheint besonders hart von der chinesischen Abschwächung getroffen zu sein“, meinen die Experten von Barclays. In dem aktuellen wirtschaftlichen Umfeld gingen chinesische Verbraucher wesentlich selektiver vor und bevorzugten Marken, die noch exklusiver und begehrenswerter erschienen.

Barclays hat die Kering-Aktie deshalb gerade von „gleichgewichten“ auf „untergewichten“ abgestuft und das Kursziel von 276 auf 210 Euro gesenkt. Das ist deutlich niedriger als das Kursziel der Analysten von RBC, das sie gerade von 310 auf 290 Euro heruntergesetzt haben. Royal Bank of Canada (RBC) stuft Kering inzwischen nur noch mit „Sector Perform“ und nicht mehr mit „Outperform“ ein. Von den 26 Analysten, die den Luxusgüterkonzern laut Factset covern, empfahlen zuletzt 19, die Aktie zu halten, und sechs, sie zu kaufen. Nur einer riet, sie unterzugewichten. Das durchschnittliche Kursziel der 26 Analysten für die nächsten drei Monate beträgt 321,84 Euro. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis für dieses Jahr sehen sie bei 16,89, für nächstes Jahr dann etwas niedriger bei 13,83.

Erholung könnte länger dauern als gedacht

Zumindest die RBC-Analsyten gehen davon aus, dass sich Kering bis Mitte nächsten Jahres schlechter als die Branche entwickeln wird. Sie erwarten, dass die Gucci-Mutter ihren Umsatz 2025 auf vergleichbarer Basis nur um 1% steigern werden kann, nachdem er in diesem Jahr um 10% einbrechen dürfte. Zwar habe Kering gute Initiativen ergriffen und auch die richtigen Entscheidungen hinsichtlich der Positionierung der Produkte getroffen, urteilen sie. Doch es werde angesichts des erwarteten Anstiegs des Mixes neuer Produkte eine gewisse Zeit dauern, bis all das Wirkung zeige. Da sich das Umfeld der Luxusbranche sukzessive abschwäche, könnte die Erholung Kerings länger dauern. „Unsere Schätzungen sehen nicht vor, dass Gucci vor dem zweiten Halbjahr 2025 zu einem positiven Umsatzwachstum zurückkehrt“, schreiben sie. Kerings Erfolg hängt von der Genesung Guccis ab.

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