Aktienmärkte

An China scheiden sich die Geister

China ist gerade kein ganz einfacher Standort für Investoren. Federated Hermes sieht beim Aktienmarkt dennoch Chancen auf eine Outperformance. Was gerade jetzt für das Reich der Mitte spricht.

An China scheiden sich die Geister

Schwellenländer

Tiefpunkt in China erreicht?

Federated Hermes sieht Chancen auf Outperformance im Reich der Mitte

China war zuletzt ein schwieriges Pflaster für Investoren. Während Aktienmärkte weltweit haussierten, dümpelte der chinesische Hang Seng eher vor sich hin. Federated Hermes sieht bei Aktien aus dem Reich der Mitte nun dennoch Chancen auf eine Outperformance. Eine keineswegs unumstrittene Einschätzung.

Von Tobias Möllers, Frankfurt

China ist gerade kein ganz einfacher Standort für Investoren. Vielleicht ist es sogar einer der schwierigsten überhaupt. Immobilienkrise? Noch immer nicht ausgestanden. Spannungen mit den USA und dem Westen? Schwelen weiter. Erholung nach dem kompromisslosen Herunterfahren während der Corona-Pandemie? Sehr überschaubar.

Sentiment gegen China

Entsprechend pessimistisch zeigte sich Chefanlagestratege Ulrich Stephan beim Kapitalmarktausblick der Deutschen Bank. Das Sentiment sei aktuell komplett gegen China. Chinesische Aktien seien zwar preiswert, ein Investment erfordere aber sehr viel Mut. Stephan sieht stattdessen japanische Aktien als eine gute Möglichkeit, um indirekt an den Wachstumschancen Chinas zu partizipieren.

Ähnlich kritisch äußerte sich kürzlich Ashish Chugh, Schwellenländerexperte bei Loomis, Sayles & Company, im Interview der Börsen-Zeitung. Er rät Investoren dazu, sich von China fernzuhalten. Unter Xi Jinping habe sich das Land in den letzten Jahren von einem Einparteiensystem in ein Einmannsystem verwandelt. Das Streben des chinesischen Präsidenten nach Kontrolle treibe die von Xi eingesetzten Loyalisten dazu, den Wünschen ihres Führers nachzukommen und nicht das Beste für das Land anzustreben. Dies sei bedenklich mit Blick auf Wirtschaftswachstum und die Zukunft des Landes.

Günstiges Risiko-Rendite-Profil

Zu einer etwas anderen Einschätzung kommen die Investmentmanager von Federated Hermes. Zwar sehen auch sie das Reich der Mitte an einer Wegscheide. Diese biete aber auch Chancen. Für Kunjal Gala, Head of Gobal Emerging Markets, bietet China ein günstiges Risiko-Rendite-Profil. Federated Hermes teile nicht die Einschätzung, dass der chinesische Markt „weitgehend uninvestierbar“ sei.

Die Investmentmanager betonen auch die Stärken der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt, die die Hälfte zum BIP aller Schwellenländer beiträgt. So sei China weiterhin führend in den Sektoren erneuerbare Energien, E-Auto-Batterien und bei der älteren Chipgeneration. Zudem habe das Land zuletzt eine Aufholjagd bei Biotech, Automatisierung, Robotik und KI hingelegt.

Zur Bewältigung seiner Strukturprobleme setze das Land auf Schuldenabbau und fokussiere sich auf den Übergang zu einem auf eine höhere Wertschöpfung ausgerichteten Wirtschaftsmodell. Die weitere Entwicklung des Reichs der Mitte sei allerdings abhängig von dem Erfolg der chinesischen Führung bei dieser Neuausrichtung der Wirtschaft. Gelinge die Abkehr von der gegenwärtigen Abhängigkeit vom Immobiliensektor und der Konzentration auf Ressourcen und stattdessen die Hinwendung zu nachhaltigen Wachstumstreibern wie dem zunehmenden Konsum der Mittelklasse und zu einer Verbesserung der Lebensqualität, ermögliche dies eine Wirtschaftsentwicklung mit einer effizienteren und produktiveren Kapitalallokation, so der Schwellenländerexperte Gala.

Zahlreiche Probleme

Bedenken gibt es gleichwohl auch bei den Investmentmanagern von Federated Hermes. So weist Senior Portfolio Manager Mohammed Elmi daraufhin, dass China schon vor der Corona-Pandemie zahlreiche Probleme gehabt habe, die sich durch das strikte Vorgehen der chinesischen Regierung noch weiter verschärft hätten. Für eine nennenswerte Wachstumserholung müsse sich das Land der Probleme im Immobiliensektor annehmen, der noch rund 25% des BIP ausmacht. Eine Lösung in diesem Bereich könne einen entscheidenden Positivbeitrag leisten.

Zunächst aber stehe der chinesische Anleihemarkt weiter unter Druck und sei gemessen an den Bewertungen unattraktiv, gerade gegenüber Schwellenländern wie Mexiko, Brasilien und Peru, die zuletzt eine Outperformance gezeigt haben.

Hohe Dividenden

Zu einer etwas anderen Einschätzung kommt Jonathan Pines, Head of Asia ex Japan, für die Assetklasse Aktien. China habe sich in den vergangenen Jahren neben Korea besonders schwach entwickelt und die Bewertungen lägen im Vergleich zum Rest der Welt auf einem Rekordtief, dies biete aber auch Chancen. Da viele Einzeltitel mit einem einstelligen KGV notieren und gleichzeitig ungewöhnlich hohe Dividendenrenditen böten, positioniert sich Federated Hermes für eine Outperformance des Reichs der Mitte. Bei der extrem niedrigen Bewertung reichten demnach schon Nachrichten, die weniger ungünstig als befürchtet ausfallen, um die Märkte anzutreiben.

Die Investmentmanager spekulieren allerdings auch auf eine Entspannung im Verhältnis zu den USA. Diese scheint aber mindestens fraglich. Zudem ist für die Immobilienkrise bisher keine Lösung in Sicht. Unternehmen wie Evergrande und Country Garden gehören zu den am höchsten verschuldeten Unternehmen der Welt. Auch das Bankensystem war zuletzt nicht mehr dazu in der Lage, die Wirtschaft wie früher zu stabilisieren. Investitionen in das Land bleiben daher bis auf Weiteres ein riskantes Unter­fangen.

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