Aktienempfehlungen

Analysten entdecken die Commerzbank wieder

Lange Zeit galt die Commerzbank-Aktie bestenfalls als Wette auf eine Konsolidierung im Bankensektor. Doch die disziplinierte Restrukturierung wirkt: Immer mehr Adressen empfehlen die Aktie zum Kauf.

Analysten entdecken die Commerzbank wieder

Von Anna Sleegers, Frankfurt

Nicht ganz ein Jahr nach der Bekanntgabe der strategischen Neuausrichtung klappt es bei der Commerzbank auch mit den Analysten wieder. Nachdem die Aktien der zweitgrößten privaten Bank Deutschlands lange Zeit bestenfalls als Hoffnungswert für eine Übernahme durch wen auch immer gehandelt wurde, mehren sich seit geraumer Zeit die Heraufstufungen durch Analysten.

„The ComeBack“ und „The clean-up“, mit diesen schmissigen Überschriften hatte Benjamin Goy, Bankenexperte im Research der Deutschen Bank am 19. Januar seine Kaufempfehlung für die Commerzbank und ein paar Tage später die Bekräftigung anlässlich der Erhöhung der Rückstellungen der Commerzbank für die Franken-Kredite ihrer polnischen Tochter MBank versehen. In seinen Augen reflektiert das aktuelle Kursniveau von zuletzt 7,70 Euro nicht die Fortschritte, die das Institut im Rahmen der vor knapp einem Jahr eingeleiteten Restrukturierung gemacht hat. Seine Kaufempfehlung basiert auf einer Erhöhung des Kursziels von 7 auf 10 Euro.

Goy zufolge impliziert auch die am vergangenen Freitag angekündigte Rückstellung von fast einer halben Milliarde Euro im vierten Quartal, mit denen sich die Commerzbank sich das leidige Thema der Fremdwährungskredite vom Hals zu schaffen versucht, als Indiz der Stärke. Der Konzern habe die Anleger wiederholt auf ein positives Konzernergebnis eingestimmt, was darauf hindeute, dass die Konsensschätzung zu niedrig lägen. Laut der am Donnerstag auf der Website veröffentlichten aktuellen Schätzung haben die Analysten auf diese Signale inzwischen jedoch reagiert, sie rechnen nun im Schnitt für das Gesamtjahr trotz Restrukturierungskosten von knapp 1,2 Mrd. Euro mit einem Konzernergebnis von 95 Mill. Euro.

Dividenden im Blick

Die signifikante Verbesserung ihrer Kapitalquoten versetzte die Commerzbank in die Lage, die aufkommende „regulatorische Inflation“ zu absorbieren, schreibt Goy. Zudem ebne sie in Kombination mit der starken Kapitalausstattung mittelfristig den Weg für künftige Kapitalausschüttungen. Auch Finanzchefin Bettina Orlopp hatte das im Dezember im Interview der Börsen-Zeitung angedeutet, dass das Institut auch wieder Dividenden ausschütten werde, wenn es nachhaltig profitabel arbeitet und sowohl 2021 als auch 2022 mit einem Nettogewinn abschließt.

Mit der Wiederentdeckung der Commerzbank-Aktie steht das Research der Deutschen Bank keineswegs alleine. Auch die Analysten von BNP Paribas bewerten das Papier neuerdings sehr viel positiver. In einem ebenfalls am 19. Januar publizierten Researchreport über den europäischen Bankensektor stuften sie die bislang mit „neutral“ bewerte Commerzbank zum „Outperformer herauf und erhöhte das Kursziel von bislang 7,10 Euro auf 9 Euro. Hatten die Analysten vor einem Jahr noch konstatiert, dass es Zeit brauchen wird, die kurzfristigen Herausforderungen zu bewältigen und neue Zukunftsperspektiven zu schaffen, zeigen sie sich nun zuversichtlich, dass der eingeschlagene Restrukturierungskurs Früchte tragen wird. Positiv bewerten die Analysten in diesem Zusammenhang vor allem das beherzte Vorgehen im Privatkundengeschäft, in dem das Institut beim Thema Digitalisierung und Filialabbau radikaler vorgehe als mancher Wettbewerber.

Kein Zinsanstieg eingepreist

Rückenwind für die traditionell stark in der Mittelstandsfinanzierung verankerte Commerzbank erhoffen sich die Analysten von steigenden Zinsen. Diesen Faktor hat das Institut nach den bitteren Erfahrungen mit der 2016 vorgestellten Strategie „Commerzbank 2.0“, die auf der Annahme einer bevorstehenden Zinswende basierte, die sich nicht erfüllte, bewusst nicht in die aktuelle Planung einbezogen. Vor diesem Hintergrund ist es durchaus möglich, dass die jüngsten Signale der US-Notenbank Federal Reserve für einen Zinsschritt im März, dazu beiträgt, dass die Commerzbank im laufenden Jahr besser abschneidet als in Aussicht gestellt. Denn auch wenn sich die EZB in dieser Frage bislang weitaus hartleibiger geriert als ihr US-Pendant, wird sie sich dem durch eine Zinswende in den USA entstehenden Druck nicht dauerhaft entziehen können.

Doch selbst in dem Fall, dass die Zinswende in Euroland wiederum ausbleibt, sehen die Analysten von HSBC die Zukunft der Commerzbank positiv. In einem am 25. Januar veröffentlichten Report loben sie das Institut dafür, dass es die versprochene Verbesserung der Profitabilität konsequent umsetze. Die Veröffentlichung der Ergebnisse für das dritte Quartal habe die Anleger überzeugt, dass das Institut bei der Umsetzung des Ziels, die Rendite auf das materielle Eigenkapital (Return on tangible Equity/ROTE) bis Ende 2024 auf 6 bis 7% zu steigern.

Die Experten von HSBC halten dieses Ziel zwar zeitlich für etwas überambitioniert und rechnen damit, dass die Kennziffer Ende 2024 lediglich bei knapp 6% liegen werde. Sollten die Zinsen bis dahin doch steigen, werde dies dem Institut jedoch zusätzlichen Schub verleihen, was nach Ansicht der Analysten vom Markt offenbar noch nicht eingepreist ist. Vor diesem Hintergrund stufen sie das Kursziel für die Commerzbank von bislang 9 Euro auf 10,20 Euro herauf.

(Börsen-Zeitung,

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