Auf der Jagd nach Cash
Auf der Jagd nach Cash
Marktexperten auf dem GFF Summit der Deutschen Börse: Geopolitische Faktoren bestimmen die Richtung
Im derzeitigen Marktumfeld ist Liquidität bei den Anlegern stark gefragt. Das wurde beim GFF Summit der Deutschen Börse in Luxemburg deutlich. Dieses Jahr wird von geopolitischen Spannungen weiter geprägt sein. Der Blick ist dabei insbesondere auf Trumps Wirtschaftspolitik gerichtet.
kjo Luxemburg
Die geopolitischen Spannungen und ihre Auswirkungen auf die Märkte sind das zentrale Thema des diesjährigen Global Funding and Financing Summit (GFF) gewesen, veranstaltet von der Deutschen Börse, Clearstream und Eurex Repo. Über 800 Teilnehmer kamen zu dem 29. GFF Summit in diesen Tagen in Luxemburg zusammen – unter dem Motto: Navigating Uncertainty: Geopolitics and Market Dynamics. Denn die Geopolitik steht derzeit für die europäischen Finanzmärkte im Vordergrund. Die Märkte durchlaufen derzeit eine Phase geldpolitischer Anpassungen. Geopolitische Herausforderungen bzw. Spannungen überschneiden sich mit einer Phase der geldpolitischen „Normalisierung“ der Zentralbanken, wie die auf der Konferenz festgehalten wird.
Wieder ein König
Der Repo-Markt, d.h. das Segment für Wertpapierpensionsgeschäfte – auch besichertes Geld genannt –, hat sich von „cash chasing collateral“ auf „collateral chasing cash,“ verlagert, was auf Maßnahmen der Zentralbanken wie Zinserhöhungen, quantitative Straffung und die Einstellung der TLTRO-Reinvestitionen durch die EZB zurückzuführen ist. „Cash ist wieder King“, so Marton Marton Szigeti, Head of Collateral, Lending and Liquidity Solutions bei Clearstream, und Frank Gast, Global Head of Repo Sales bei Eurex, im Interview mit der Börsen-Zeitung (vgl. BZ v. 30.01.2025).
Diese Maßnahmen verknappten die Liquidität und beeinflussten die Verfügbarkeit von Sicherheiten und die Preisgestaltung. Hochwertige liquide Aktiva (HQLA) wie Bundesanleihen wurden trotz anhaltender Nachfrage aufgrund regulatorischer Anforderungen aufgrund des gestiegenen Angebots erschwinglicher und leichter zugänglich.
Wichtiges Thema in diesem Zusammenhang ist das nun aufkommende Bondangebot an den Märkten, insbesondere an den Staatsanleihemärkten. Auch dieser Aspekt wurde rege diskutiert, ging es doch um die Frage, mit welchem Investorensentiment Emittenten mit hohen Defiziten und Staatsschulden in den nächsten Monaten konfrontiert werden. Dies ist auch im Umfeld der deutlich gestiegenen Staatsanleiherenditen zu sehen. So wird konstatiert, dass es aktuell an den Märkten sehr viel mehr preissensitive Investoren im Bereich der Staatsanleihen gibt als das noch vor einigen Jahren der Fall war. Mit dem Rückzug der Zentralbanken als große Käufer von Anleihen befindet sich der Markt nun in einem ganz anderen Umfeld als noch vor der Zinserhöhungsphase. In diese Marktphase treffen zudem die Maßnahmen der protektionistischen Wirtschaftspolitik des neuen US-Präsidenten Donald Trump. Marktteilnehmer erwarten, dass die US-Wirtschaftspolitik inflationäre Tendenzen mit sich bringt. Das könnte auch die US-Notenbank auf den Plan rufen. „Viele der Maßnahmen von Trump werden schnell wirken. Darauf sollten wir uns einstellen“, hält ein Diskussionsteilnehmer auf dem GFF Summit fest. Derzeit befindet sich die Fed generell noch Lockerungsmodus, und es wird damit gerechnet, dass dieser auch noch nicht komplett am Ende angekommen ist. Aber die Stimmung dreht offenkundig in Sachen US-Zinspolitik. Die Konferenzteilnehmer werden befragt, ob die Fed in diesem Jahr angesichts der wirtschaftlichen Aussichten die Leitzinsen erhöhen wird. Über 43% antworten mit ja, knappe 57% mit nein. Die Erwartungshaltung vor vor einigen Wochen noch eine ganz andere.
Das aktuelle Zinsumfeld und geopolitische Unsicherheiten tragen nach Ansicht der Experten weiter zur Marktvolatilität bei. Finanzinstitute müssten diese Volatilität und ihre Auswirkungen auf ihre Portfolios bewältigen. Die Straffung der Zentralbankpolitik und die Politik der „reichlichen Reserven“ der EZB hätten den Zugang zu Finanzmitteln erschwert. Steigende Kreditkosten, insbesondere für Nicht-Banken, erschweren den Zugang zu längerfristigen Finanzierungen. Der Markt hat seine Anpassungsfähigkeit beim Liquiditätsmanagement unter reduzierter Zentralbankunterstützung unter Beweis gestellt.
Technologie im Blick
Thema war aber auch die technologische Innovation bzw. digitale Transformation an den Märkten und bei ihren Akteuren. Das rasante Tempo technologischer Innovationen in der Finanzbranche erfordere eine kontinuierliche Anpassung und damit einhergehend Investitionen in neue Technologien. Clearstream biete innovative Lösungen, die fortschrittliche Technologien nutzen, um die Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Im Sicherheitenmanagement (Collateral Management) können traditionelle und KI-gesteuerte Technologien kombiniert werden, um neuen Trends bzw. Kundenbedürfnissen gerecht zu werden. Es gebe eine steigende Nachfrage nach Echtzeitdaten, Aggregation und Analyse. Es bestehe ein großer Fokus auf Optimierung, Effizienz und nahtlose Konnektivität wie zum Beispiel AI-unterstütztes Erstellen von Sicherheitenmanagementplänen oder ein tokenisiertes Sicherheitenmanagement.
Akteure konstatieren, dass der Markt seine Anpassungsfähigkeit beim Liquiditätsmanagement unter reduzierter Zentralbankunterstützung unter Beweis gestellt hat. Clearing erhöhe die Widerstandsfähigkeit durch größere Transparenz, geringeres Gegenparteirisiko, Nettingvorteile und betriebliche Effizienz. Es gebe eine Flexibilität als Reaktion auf Änderungen der Zentralbankpolitik und Leitzinsen, und die sich entwickelnde Dynamik bei Sicherheiten sei entscheidend.
Mit Blick auf dieses Jahr rechnen Teilnehmer des GFF-Summit mit einer starken Nachfrage nach befristeten Repos, insbesondere in Europa, und zwar aufgrund des Bedarfs an Liquiditätsmanagement. Es wird von einer stärkeren Beteiligung von Pensionsfonds, Hedge-Fonds und Unternehmen ausgegangen, die von der Effizienz von geclearten Repos angezogen werden. Innovationen wie Cross-Product Margining und erweiterte GC-Pooling-Liquidität würden die Markteffizienz und -stabilität weiter erhöhen, hieß es auf dem Summit.