Aussichten für den Dax bleiben positiv
Stefan Salomon*)
Die bullische Grundstimmung im Aktienmarkt ist weiterhin vorhanden. Sowohl die US-Indizes als auch der deutsche Leitindex Dax bewegen sich in übergeordneten, langfristigen Aufwärtstrends. Auch aus Sicht der gleitenden Durchschnitte, die per Definition eine bullische oder bearische Ausrichtung eines Marktes anzeigen, sind noch positiv interpretiert. So verläuft die langfristig wirkende 200-Tage-Linie für den Deutschen Aktienindex gegenwärtig bei 13566 Indexpunkten. Per Definition würde sich der Bullenmarkt daher erst bei einem Fall unter die noch deutlich steigende 200-Tage-Linie wieder eintrüben. Ebenso ist die mittelfristige Aussage der 50-Tage-Linie zu interpretieren. Dieser gleitende Durchschnitt der jeweils 50 letzten Tagesschlusskurs des Dax notiert bei 14766 Punkten. Seit Mitte November 2020 verläuft der Deutsche Aktienindex oberhalb der 50-Tage-Linie. Lediglich Ende Januar 2021 und Ende Februar 2021 fiel der Index für ein bis zwei Handelstage unter die 50-Tage-Linie, die somit eine deutlich unterstützende Funktion im Kursverlauf einnimmt.
Normale Pause
Lediglich der prozentuale Abstand zwischen der 200-Tage-Linie und dem Dax-Schlusskurs von aktuell 12% weist auf eine mögliche Zurückhaltung der Käufer hin. Doch im jüngsten Allzeithoch des Deutschen Aktienindex erreichte dieser Wert schon 15% – ein Hinweis auf die aktuelle Pause in der Aufwärtsbewegung. Als Fazit der Betrachtung der trendfolgenden gleitenden Durchschnitte darf festgehalten werden, dass ein nochmaliger Test der 50-Tage-Linie im Bereich 14800 Punkten in Verbindung mit kurzfristigen Kaufsignalen durchaus die Chance beinhaltet, in den intakten Aufwärtstrend des Dax einsteigen zu können. Ein Break hingegen der 50-Tage-Linie an drei aufeinander folgenden Tagessschlusskursen wäre negativ. Sodann wäre eher ein Test der 200-Tage-Linie anzunehmen. Auch hier wäre aus langfristiger Perspektive sodann auf kurzfristige Kaufsignale zu achten – im Umkehrschluss wäre ein Break der 200-Tage-Linie ein sehr starkes negatives langfristiges Verkaufssignal. Doch die negativen Szenarien sind aus gegenwärtiger Perspektive unter Beachtung der vorhandenen Trends nicht wahrscheinlich. Das übergeordnete charttechnische Kursziel für den Deutschen Aktienindex ist und bleibt die Marke von 17000 Punkten. Denn aus Sicht der Trendanalyse kann aufgrund eines seit 2016 bestehenden Aufwärtstrendkanals und dessen oberer Begrenzungslinie ein Kursziel von bis zu 17000 Punkten bis Ende 2021 abgeleitet werden. Die obere Begrenzung des Trendkanals (auch als Rückkehrlinie bezeichnet) stellt hierbei ein nicht nominales Kursziel dar. Nicht nominal deshalb, da die Rückkehrlinie als Kursziel ansteigend verläuft. Je schneller der Deutsche Aktienindex die Rückkehrlinie erreichen würde, desto geringer wäre das Kursziel.
Auch aus Sicht der japanischen Candlestick-Methodik ist das positive Szenario weiterhin ansteigender Kurse im Dax wahrscheinlicher als eine ausgedehnte Korrektur mit dynamisch fallenden Kursen. Denn die jüngsten beiden Wochen brachten zwar Gewinnmitnahmen mit sich. Doch die sich bildenden schwarzen, also negativen Wochenkerzen zeigen noch keine starke Bereitschaft im Markt an, Material abzuliefern. Die Länge der schwarzen Wochenkerzen in Relation zu den vorherigen weißen Wochenkerzen lässt noch keinen starken Verkaufsdruck erkennen. Dieser wäre jedoch für eine Trendwende erforderlich. Ein Warnsignal hingegen wäre es aus Sicht der Wochenkerzen, wenn der Index unter 14756 Punkten per Wochenschlusskurs fällt. Diese Marke ergibt sich aus dem Wochentief von Anfang April. Hier bildete sich eine längere weiße Wochenkerze. Lange weiße Wochenkerzen wiederum dienen als „Stütze des Marktes“. Ein Wegbrechen der Stütze wäre negativ für die Stimmung im Markt zu interpretieren. In Verbindung wiederum mit der 50-Tage-Linie darf daher festgehalten werden, dass sich das mittelfristig positive Bild im Dax erst unter circa 14750 Punkten per Wochenschlusskurs eintrüben würde.
Zinsen als Stimmungskiller?
Die Frage bleibt hingegen, welche Faktoren das positive Szenario im Aktienmarkt bremsen könnten. Hier werden deutlich steigende Zinsen oder gar eine Inflation ins Spiel gebracht. Oder gar ein Aufflammen der Corona-Pandemie bei Versagen der bisherigen Impfstoffe gegen eine Mutation. Letzteres ist charttechnisch nicht zu ergründen. Die Zinskurve hingegen darf unter die charttechnische Lupe gestellt werden. Betrachtet der Chartanalyst den deutschen Rentenindex Rex, so fällt auf, dass die Kurslinie des Rex sich seit dem Sommer 2019 innerhalb einer Range bewegt. Die Unterkante dieser Range wird aktuell zwar noch nicht vollständig erreicht, aber die Nähe zur Unterkante darf als Test dieser wichtigen Unterstützung interpretiert werden. Zudem wird eine seit 2014 verlaufende Aufwärtstrendlinie erreicht und ist in den vergangenen Handelstagen nach unten geknackt worden. Weiterhin ansteigende Renditen könnten so den Rex deutlicher unter Druck setzen. Ein Verlassen der Range dürfte dabei sehr dynamisch erfolgen und die Niveaus aus 2018 dürften erreicht werden können. Doch noch gilt ohne Ausbruch nach unten: An Unterstützungen ist erst einmal auf Kaufsignale zu achten.
*) Stefan Salomon ist freiberuflicher Chartanalyst
(www.candlestick.de).