Aviva sieht schmerzhafte Anpassungen
kjo Frankfurt
Der Assetmanager Aviva Investors rechnet mit einer starken Abschwächung des globalen Wachstums dieses Jahr, da die wichtigsten Volkswirtschaften in eine Rezession eintreten dürften. Der Abschwung werde sich auf die entwickelten Volkswirtschaften konzentrieren, von denen viele Schwierigkeiten haben dürften, überhaupt Wachstum zu erzielen. Der Konflikt in der Ukraine habe die Probleme auf der Angebotsseite nach der Covid-Pandemie erheblich verschärft, aber auch die aggressiven Maßnahmen der Zentralbanken zur Bekämpfung der Inflation seien ein wichtiger Faktor für diese Entwicklung.
Kerninflation noch zu hoch
Die volle Wirkung der geplanten umfangreichen geldpolitischen Straffung werde sich 2023 und darüber hinaus bemerkbar machen, aber man solle auch mit weiteren Zinserhöhungen bis zum Frühjahr rechnen. Die Gesamtinflation habe wahrscheinlich ihren Höhepunkt erreicht und dürfte zurückgehen, was durch eine Stabilisierung oder sogar einen Rückgang der Energiepreise begünstigt werde. Die Kerninflation sei jedoch nach wie vor zu hoch und könne sogar noch länger anhalten.
Obwohl sich das Wachstum bereits verlangsamt habe, habe sich die Flaute auf dem Arbeitsmarkt kaum verringert, was zu einem Aufwärtsdruck auf die Löhne und einem größeren Risiko von schädlichen Zweitrundeneffekten auf die Inflation führe. Abwärtsbewegungen könnten diesem Trend entgegenwirken, aber diese Entwicklung werde Zeit brauchen. Voraussichtlich werde die Rezession eher mild ausfallen, da es nur wenige Ungleichgewichte im privaten Sektor zu korrigieren gebe.
Drastische Verschärfung
Die drastische Verschärfung der finanziellen Bedingungen habe zu einer Neubewertung von Risikoaktiva und deutlich höheren Realzinsen geführt. Dies bedeute schmerzhafte Anpassungen für alle Anlageklassen, einschließlich Staats- und Unternehmensanleihen, Aktien und Immobilien. Die veränderten Korrelationen hätten Anlageentscheidungen erschwert, und die daraus resultierende höhere Volatilität werde voraussichtlich anhalten.
„Die globalen Märkte fielen 2022 im Gleichschritt, als sich die Welt auf höhere Realzinsen einstellte, wobei die Auswirkungen dieser Entwicklung sowohl in den Industrie- als auch in den Schwellenländern zu spüren waren. Die dramatische Verschiebung der Korrelationen zwischen den einzelnen Vermögenswerten ging auch mit einem deutlichen Anstieg der Volatilität an den Vermögensmärkten einher, vor allem an den Anleihemärkten, aber auch an den Devisen- und Aktienmärkten“, sagt Michael Grady, Head of Investment Strategy und Chief Economist bei Aviva Investors.
„Mit Blick auf die Zukunft bevorzugen wir eine weitgehend neutrale Haltung gegenüber Aktien. Die Aktienmärkte haben 2022 an Wert verloren, was den Anstieg der Realzinsen widerspiegelt. Wir gehen davon aus, dass die Abwärtskorrekturen der Gewinnerwartungen in den kommenden Quartalen die Märkte aufgrund der flachen Rezession belasten werden.“ Grady bevorzugt eine leichte Untergewichtung der Duration von Anleihen, da die Aufwärtsrisiken bei der Inflation die Abwärtsrisiken bei der Rezession überwiegen. Der Höchststand der Leitzinsen dürfte seiner Meinung nach jedoch bald erreicht sein, so dass man diese Anlageklasse mit mehr Fingerspitzengefühl angehen sollte.
„Insgesamt sind wir gegenüber Anleihen neutral eingestellt, da wir glauben, dass die jüngste Spread-Rally Hochzinsanleihen vor einer Rezession weniger attraktiv macht. Bei den Investment-Grade-Anleihen ist die Gesamtrendite bei kurzen Laufzeiten relativ vielversprechend, konkurriert aber mit aussichtsreichen risikofreien Cash-Renditen.“ Schließlich bevorzuge er für dieses Jahr eine Long-Position im Dollar, die das schwächere globale Wachstumsumfeld und die Stärke der zugrundeliegenden Inflation in den Vereinigten Staaten widerspiegele.