Grüne Investments

Biodiversität macht Klimaschutz Konkurrenz

Nachhaltig orientierte grüne Investoren interessieren sich zunehmend für Natur- und Artenschutz im Rahmen von ESG. Die Zahl der Angebote mit Fokus auf Biodiversität steigt langsam.

Biodiversität macht Klimaschutz Konkurrenz

Von Wolf Brandes, Frankfurt

Immer mehr Investoren haben im Rahmen von Nachhaltigkeits- und ESG-Ansätzen das Thema Biodiversität im Blick. Die Zahl der entsprechenden Branchenfonds steigt. Dabei geht es in der Regel darum, mit Aktieninvestments positiv zum Natur- und Artenschutz beizutragen. Ganz konkret ist der Ansatz von Allianz Global Investors, die bei Infrastrukturprojekten wie Solarparks bei der Pflege der Grünflächen auf Insekten achtet. Die Fondsgesellschaft verweist dabei auf die Nachhaltigkeitsziele der UN (SDGs), die unter dem Punkt „Leben an Land“ die Biodiversität schützen wollen.

Das dominierende Thema im Bereich der grünen Finanzen ist bislang Klimaschutz. Anders als bei Biodiversität gibt es in diesem Bereich messbare Größen wie den Ausstoß von CO2. „Doch klar ist, dass Klimaneutralität und Biodiversität eng zusammenhängen. Diese Sichtweise hat die Branche noch nicht verinnerlicht“, sagt Victoria Leggett, Fondsmanagerin bei der Schweizer Privatbank UBP. Viele Unternehmen hätten eine direkte und indirekte Verbindung zur Natur. „Wir müssen uns alle an das Schlagwort ‚naturpositiv‘ gewöhnen.“ Aus ihrer Sicht ist die Finanzbranche bei Biodiversität fünf Jahre hinterher im Vergleich zum Klimaschutz. Man werde das hoffentlich aufholen, denn bei der Wiederherstellung von Ökosystemen gehe es um die Wechselwirkung von Klima und Natur.

Aus Sicht von Pictet ist eines der Probleme, dass der Schutz der Biodiversität für große Unternehmen noch keine hohe Priorität in ihrem ökologischen Engagement habe. Der Schwerpunkt liege so stark auf der Reduzierung der CO2-Emissionen, dass die meisten Unternehmen gar nicht auf die Idee kämen, die Bekämpfung des Artensterbens als ein Thema zu betrachten, das sie angehe. „Diese Haltung ist äußerst kurzsichtig“, heißt es bei der Schweizer Bank Pictet.

Einer der jüngsten Themenfonds ist der Axa WF Act Biodiversity Fonds, der darauf abzielt, den Verlust der biologischen Vielfalt zu verhindern und Ökosysteme wiederherzustellen. Das Haus verweist ebenfalls auf die Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen. Für den neuen Fonds hat Axa IM die Investitionsbereiche nachhaltige Materialien, Land- und Tierschutz, Wasser-Ökosysteme sowie Recycling und Reduktion identifiziert.

Um die Bedeutung von Biodiversität zu anderen Umweltthemen abzugrenzen, arbeitet Pictet mit dem Konzept der „Planetaren Grenzen“. Dieses definiert neun Felder, innerhalb deren sich die Menschheit weiterentwickeln muss, um langfristige Umweltprobleme zu vermeiden. Die Überschreitung dieser Grenzen ist im Segment der Biodiversität besonders hoch. „Unser Modell macht den Beitrag der Wirtschaft zum Artensterben messbar und zeigt Musterschüler und Umweltsünder auf“, heißt es bei Pictet. Das Haus argumentiert mit einem UN-Bericht, wonach „die Aktivitäten des Menschen wie etwa der Abbau von Bodenschätzen und die intensive Landwirtschaft für einen katastrophalen und in der Form noch nie da gewesenen Verlust biologischer Vielfalt verantwortlich sind.“ Bei allem Sinn für Naturschutz haben Geldmanager die Rendite im Blick. Für Amanda O’Toole von Axa IM werde der Verlust an biologischer Vielfalt zu negativen externen Effekten und wirtschaftlichen Kosten für Unternehmen führen. Umgekehrt gelte: Unternehmen, die zum Erhalt sowie der Wiederherstellung der Biodiversität beitragen, dürften langfristig ein stärkeres Gewinnwachstum und eine höhere Rendite für ihre Aktionäre erzielen.

Laut einer Umfrage von Columbia Threadneedle unter institutionellen Anlegern wird Biodiversität nach Wasser und Klima an dritter Stelle genannt. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt eine Studie von Robeco, die zeigt, dass die institutionellen Investoren zunehmend Biodiversität in ihre Investitionskonzepte einbeziehen. Ungeachtet der positiven Resonanz von Investoren sind Engagements mit Fokus auf Biodiversität noch eher selten. Laut der Robeco-Umfrage vermissen 43% der befragten Investoren geeignete Anlageprodukte zur Berücksichtigung der biologischen Vielfalt. Doch die Fondsanbieter reagieren. Neben den Fonds von UBP und Axa IM kam jüngst der Federated Hermes Biodiversity Equity Fund auf den Markt, der Erkenntnisse des Londoner Natural History Museum nutzt. Mit dem Swiss Life Equity Environment and Biodiversity Impact sowie dem Echiquier Climate Impact & Biodiversity Europe und dem aktiv gemanagten Ossiam Food for Biodiversity ETF sind weitere Angebote verfügbar. Noch ist das Volumen der Fonds mit meist unter 100 Mill. Euro jedoch ausbaufähig.

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