RohstoffmärkteExtremer Pessimismus

Brent-Ölpreis fällt unter 70 Dollar, Opec senkt Prognose zum zweiten Mal

Der Brent-Ölpreis ist erstmals seit 2021 unter die Marke von 70 Dollar gefallen. Dazu trägt eine Senkung der Nachfrageprognosen der Opec-Analysten für 2024 und 2025 bei, aber laut Daten der US-Behörden auch ein mittlerweile schon extremer Pessimismus spekulativer US-Adressen am amerikanischen Terminmarkt für Öl.

Brent-Ölpreis fällt unter 70 Dollar, Opec senkt Prognose zum zweiten Mal

Brent-Ölpreis fällt unter 70 Dollar

Erstmals seit 2021 – Extremer Pessimismus spekulativer Marktteilnehmer – Opec senkt Nachfrageprognose

Der Brent-Ölpreis ist erstmals seit 2021 unter die Marke von 70 Dollar gefallen. Dazu trägt eine Senkung der Nachfrageprognosen der Opec-Analysten für 2024 und 2025 bei, aber laut Daten der US-Behörden auch ein mittlerweile schon extremer Pessimismus spekulativer US-Adressen am amerikanischen Terminmarkt für Öl.

ku Frankfurt

Der Absturz des Ölpreises hat sich auch am Mittwoch zunächst fortgesetzt. Die Notierung der wichtigsten Rohölsorte Brent Crude sackte bis auf 69,31 Dollar je Barrel ab. Damit wurde erstmals seit 2021 die Marke von 70 Dollar unterschritten. Dies ging dann allerdings offenbar eine Reihe von Marktteilnehmern zu weit und es setzten Käufe ein, die einen Anstieg des Ölpreises gegenüber Vorabend um 2% auf 70,54 Dollar bewirkten.

Rückläufige Lagerbestände

Unterstützt wurden die Käufe durch einen höher als erwartet ausgefallenen Rückgang der amerikanischen Lagerbestände an Rohöl. Wie der Branchenverband American Petroleum Institute ermittelte, gingen in der vergangenen Woche die US-Lagerbestände an Rohöl um 2,793 Mill. Barrel zurück. Die Lagerbestände an Benzin gaben um 513.000 Barrel nach, während sich die eingelagerten sonstigen Destillationsprodukte um 191.000 Barrel vergrößerten. Zudem gibt es Sorgen wegen des Hurrikans Francine, der die Golfküste der USA heimzusuchen droht. Im Golf von Mexiko sind bereits 24% der dortigen Ölproduktion und 26% der Gasförderung außer Betrieb genommen worden.

Außerdem bleibt die libysche Ölförderung aufgrund der politischen Konflikte in dem krisengeschüttelten Land nach wie vor weit hinter dem Niveau der vergangenen Monate von rund 1,2 Mill. Barrel pro Tag (bpd) zurück. Wie der Marktbeobachter Kpler jetzt meldete, war in der vergangenen Woche ein Minus der libyschen Ölexporte von rund 81% festzustellen, mit gerade einmal 194.000 verschifften bpd. In der vergangenen Woche hatten sich eine Einigung gegeben, die die Krise eigentlich hätte beenden sollen. Dennoch bleiben die Ölexporte weit hinter dem üblichen Niveau zurück.

Zurückhaltung wegen China

Zu dem starken Rückgang des Ölpreises bis auf wenig mehr als 69 Dollar hat vor allem beigetragen, dass die Ökonomen des Kartells Opec, die bisher meist optimistisch für die Ölnachfrage waren, ihre Erwartungen für das laufende Jahr zum zweiten Mal in Folge nach unten korrigiert haben. Zwar ist die Korrektur nicht sehr groß, nun wird für 2024 mit einem Anstieg des globalen Verbrauchs um 2,03 Mill. bpd gerechnet nach bisher 2,11 Mill. bpd. Dennoch hat diese Korrektur zu der erheblichen Verunsicherung der Marktteilnehmer beigetragen, sagten Händler. Zurückzuführen ist dies vor allem auf pessimistischere Erwartungen hinsichtlich der chinesischen Ölnachfrage. Ihr Anstieg im laufenden Jahr wird nur noch mit 650.000 bpd veranschlagt nach bisher 700.000 bpd. „Trotz solider Unterstützungsmaßnahmen für das Wirtschaftswachstum in China bleibt der Immobiliensektor die zentrale Schwachstelle“, betonen die Ökonomen des Kartells. Nach unten korrigiert wurde auch die Prognose für den Anstieg des weltweiten Verbrauchs im kommenden Turnus. Für 2025 wird nun ein Wachstum von 1,74 Mill. bpd avisiert nach bisher 1,78 Mill. bpd. Aber auch diese Anpassung ist im Grunde sehr gering.

Zur schlechten Stimmung am Markt hat ferner beigetragen, dass die amerikanische Investmentbank Morgan Stanley ihre Prognose für den Brent-Ölpreis im vierten Quartal von 80 Dollar auf 75 Dollar zurückgenommen hat. Dieselbe Prognose gilt nun für das gesamte Jahr 2025, für das bisher von einem Start bei 78 Dollar ein Absinken über den Jahresverlauf bis 75 Dollar erwartet worden war. Nicht zu unterschätzen ist auch, dass spekulative und branchenferne US-Adressen, darunter Money Manager und Hedgefonds, mit Blick auf ihre Positionierung am Terminmarkt so negativ gegenüber dem Ölpreis eingestellt sind wie noch nie in der Vergangenheit, seit die amerikanische Terminbörsenaufsicht, die Commodity Futures Trading Commission (CFTC) mit diesen Aufzeichnungen begann.

Enttäuschende Daten

Carsten Fritsch, Rohstoffanalyst bei der Commerzbank, verweist zur Erläuterung des starken Preisrückgangs darauf, dass in den drei wichtigsten Weltregionen USA, China und Europa die Konjunkturdaten enttäuscht hätten. Es mehrten sich die Zweifel, dass die Ölnachfrage in der zweiten Jahreshälfte tatsächlich spürbar zulegt. Gegenwind gebe es aber auch von der Angebotsseite wegen der zögerlichen Haltung des Kartells Opec plus. Erst nach massivem Druck habe sich das Bündnis entschieden, die für Oktober geplante Produktionsausweitung um zwei Monate zu verschieben. „Spätestens in zwei Monaten droht damit eine Wiederholung, obwohl dann mit Blick auf die impliziten Marktbilanzen für 2025 kein Spielraum für eine Produktionsausweitung mehr besteht“, warnt Fritsch.

Der Ölmarkt ist oft ein Spielball politischer Einflussnahme. Aktuell ist die amerikanische Biden/Harris-Administration, die gute Beziehungen zur US-Finanzindustrie und dort auch zu Hedgefonds und Money Managern hat, mit Blick auf die Wahlchancen im November stark daran interessiert, für einen niedrigen Ölpreis zu sorgen. Informelle Absprachen mit Akteuren am Ölmarkt gelten daher als wahrscheinlich.