Britische Märkte haussieren

Sieg der Tories treibt Pfund und Aktien inlandsorientierter Unternehmen

Britische Märkte haussieren

Nach dem Sieg der von Premierminister Boris Johnson geführten Konservativen bei den Unterhauswahlen sind die britischen Finanzmärkte am Freitag auf Hausse-Kurs gegangen. Das Pfund stieg zum Euro auf den höchsten Stand seit mehr als drei Jahren, am Aktienmarkt zogen vor allem die Papiere inlandsorientierter Unternehmen kräftig an.ck Frankfurt – Der deutliche Wahlsieg der Tories bei den Unterhauswahlen hat zum Wochenschluss eine Hausse an den britischen Finanzmärkten ausgelöst. So kletterte das Pfund bis aus 1,2079 Euro und damit auf den höchsten Stand seit dem Juli 2016. Zuletzt lag es mit einem Gewinn von 1,3 % bei 1,1986 Euro.Am britischen Aktienmarkt reagierten vor allem die Papiere inlandsorientierter Unternehmen mit teilweise extremen Kurssteigerungen, weil eine von den Konservativen geführte Regierung als deutlich wirtschaftsfreundlicher gilt als eine Labour-Regierung. Der FTSE 250-Index, der von Aktien solcher Unternehmen dominiert wird, stieg auf ein Rekordhoch von 21 911 Zählern und schloss mit einem Gewinn von 3,3 % bei 21 473 Punkten. Vor allem Hausbautitel festVor allem die Aktien von Hausbauunternehmen zogen an. So stiegen etwa Taylor Wimpey auf ein Rekordhoch von 202, ehe sie mit einem Plus von 14,7 % bei 199 Pence schlossen. Auch Versorgeraktien waren sehr fest. Hier hatte Unsicherheit bestanden, weil Labour-Chef Jeremy Corbyn in seinem Wahlprogramm Verstaatlichungen angekündigt hatte. So befestigten sich National Grid um 4,3 %. Der FTSE 100, dessen Unternehmen den überwiegenden Teil ihrer Erlöse im Ausland erwirtschaften, legte mit einem Plus von 1,1 % auf 7 353 Punkte weniger deutlich zu als der FTSE 250.”Die große konservative Mehrheit ist in erster Linie ein unternehmensfreundliches Ergebnis – verglichen mit einer Labour-Regierung unter Jeremy Corbyn”, so der britische Assetmanager M&G. Dies spiegele sich in einer starken Erholung der Aktien von Mid Caps und Unternehmen, die eher auf den britischen Heimatmarkt ausgerichtet seien. Im Ergebnis könnten britische Unternehmen wieder optimistischer in die Zukunft schauen, ähnlich wie es in den USA nach dem Wahlsieg von Donald Trump der Fall gewesen sei. “In Kombination mit einer lockeren Finanzpolitik könnte die britische Wirtschaft damit mehr Wachstum verzeichnen als in den letzten Jahren. Das Wahlergebnis dürfte daher das Pfund und britische Aktien stärken, britische Staatsanleihen aber vergleichsweise unattraktiv und anfällig für die Angst vor Zinssteigerungen machen.” “Anhaltende Neubewertung””Der deutliche Sieg der Konservativen hat die politische Unsicherheit für Großbritannien beseitigt”, so Columbia Threadneedle. “Unabhängig davon, welche Art Brexit wir sehen werden, wissen wir nun, dass die Konservativen das Mandat haben, den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU zu liefern.” Die Bewertungen britischer Aktien relativ zu internationalen Aktien befänden sich auf dem tiefsten Niveau seit 30 Jahren und hätten die Tiefen erreicht, die zuletzt während der Rezession zu Beginn der neunziger Jahre gesehen worden seien. “Daher sollte die größere Klarheit, die wir nun bezüglich des Brexit und der britischen Politik haben, nicht nur eine unmittelbare Rally auslösen, sondern auch eine lang anhaltende Neubewertung börsennotierter britischer Unternehmen.”Skeptischer äußerte sich Natixis. Mit dem Sieg von Boris Johnson bei den britischen Parlamentswahlen sei der Brexit in trockenen Tüchern. Die Wahlen seien gewissermaßen ein zweites Brexit-Referendum gewesen. Dennoch bleibe das Risiko eines No-Deal-Brexit bestehen. Denn Johnson habe deutlich gemacht, dass er zu keinen Zugeständnissen im Zeitplan gewillt sei und die EU notfalls auch ohne ein Handelsabkommen verlassen werde. “Die Unsicherheit an den Märkten dürfte also in Teilen weiterbestehen und für anhaltende Volatilität sorgen”, so Natixis. “Die zunächst positive Reaktion an den Aktienmärkten sollte daher nicht überbewertet werden.” Für die weitere Entwicklung bleibe der Abschluss eines Handelsabkommens von zentraler Bedeutung. “Die Verhandlungen darüber dürften nicht einfach werden.” Mit einem schnellen Ergebnis sei nicht zu rechnen.