Brutaler Sell-off in China
nh Schanghai
Wachsende geopolitische Unsicherheiten durch Chinas Bündnisnähe zu Russland im Ukraine-Krieg und eine rasche Ausbreitung von Coronafällen in führenden chinesischen Großstädten schlagen mit Vehemenz an Chinas Festlandbörsen und insbesondere in Hongkong durch. Dort brachte der Dienstag den nächsten kapitalen Einbruch von chinesischen Aktien, wobei vor allem ausländische institutionelle Investoren fluchtartig Reißaus nehmen. Der Hang Seng China Enterprises Index (HSCEI) fiel am Dienstag um weitere 6,6% zurück, nachdem er zu Wochenbeginn bereits in die Knie gegangen war. Binnen zwei Tagen haben in Hongkong notierende China-Aktien damit mehr als 13% an Wert verloren und verzeichnen damit die schärfste Korrektur seit dem Ausbruch der globalen Finanzkrise im Herbst 2008.
Auch auf dem chinesischen Festland, wo die Börsen in den Anfangstagen des Ukraine-Kriegs sogar noch um einiges zulegen konnten, ist die Stimmung völlig umgeschlagen. Trotz dezenter Stützungsversuche seitens staatlicher Fondsvehikel büßte der Leitindex CSI 300 seit Wochenbeginn knapp 8% ein und ist mit einem Abstand von 21,6% auf ein Hoch von Mitte Dezember nun eindeutig im Bärenterritorium.
Beim Hongkonger Leitindex Hang Seng sah man den zweiten Tag in Folge einen Verlust von 5% oder mehr und verzeichnet den kräftigsten Rückgang seit einem auf China begrenzten Aktienmarkt-Crash vom Juli 2015. Insbesondere bei chinesischen Technologiewerten, allen voran den beiden Marktwertriesen Alibaba und Tencent, kennt der Sell-off keine Grenzen. Die auch in New York notierten Alibaba-Titel haben seit Wochenbeginn 21% und binnen eines Monats gar 42% verloren, bei Tencent Holdings sieht die Performance für den Zeitraum ähnlich verheerend aus. Bei den im Hang Seng Tech Index vereinten chinesischen Sektorwerten gingen seit Februar vergangenen Jahres umgerechnet 2,1 Bill. Dollar an Marktkapitalisierung verloren, mehr als die Hälfte der Wertvernichtung entfällt dabei auf Alibaba und Tencent.
Während Analysten den beiden Platzhirschen in Chinas Internetsektor in früheren Korrekturphasen mit ihren Dauer-Kaufempfehlungen stets die Stange hielten, sieht man nun einige Häuser entnervt das Handtuch werfen. Am Dienstag ließ sich J.P. Morgan zu der denkwürdigen Einschätzung hinreißen, dass chinesische Tech-Aktien wegen des regulatorischen Dauerbeschusses durch die Pekinger Regierung in Zeiten einer schwachen Konsumkonjunktur als schlichtweg „uninvestierbar“ gelten und in den kommenden sechs bis zwölf Monaten grundsätzlich nicht mehr angefasst werden sollten.