Bitcoin

Bullen auf der Alm

Krypto-Befürworter überbieten sich nach den jüngsten Kursanstiegen der führenden Cyberdevise mit optimistischen Prognosen. Doch sie tun gut daran, sich nicht zu offensiv vorzuwagen.

Bullen auf der Alm

Nachdem die führende Digitalwährung Bitcoin am Montag erstmals seit Mitte Mai wieder über die Marke von 50000 Dollar geklettert ist, verlassen die Krypto-Bullen ihre schattigen Weiden im Tal und streben auf höher gelegene und sonnigere Almen. Denn kaum hat sich der Erholungskurs der Cyberdevise nach dem heftigen Markteinbruch zwischen Anfang Mai und Ende Juli etwas gefestigt, veröffentlichen als Bitcoin-Befürworter bekannte Marktstrategen und Analysten wieder steile Prognosen. Vertreter der Handelsplattform Luno postulieren beispielsweise, die führende Cyberdevise könne bald wieder ihr Allzeithoch bei knapp 65000 Dollar testen – andere Quellen sagen Anstiege auf 178000 Dollar bis Dezember vorher.

Tatsächlich haben sich nach der Krypto-Talfahrt im Frühsommer zuletzt positive Signale gehäuft. Dass der Zahlungsdienstleister Paypal sein Krypto-Angebot auf Großbritannien ausweitet, könnte die Adaption der Cyberdevisen im Zahlungsverkehr vorantreiben. Und auch die Pläne der Handelsplattform Coinbase, ihre Kryptobestände aufzustocken und 10% der Gewinne automatisch in Cyberdevisen zu investieren, könnten durchaus zum anhaltenden Treiber für das Segment werden. 

Dennoch tun die Bitcoin-Bullen gut daran, noch nicht allzu offensiv aufzutreten. Denn ihre öffentlichkeitswirksam abgegebenen Prognosen können für sie noch zum Problem werden. Welchen Effekt es hat, wenn unerfahrene Investoren durch die Aussicht auf kurzfristige hohe Kursgewinne in den Markt drängen, ist bei so gut wie jedem Großereignis am Kryptomarkt sichtbar: Profis nehmen früh Gewinne mit, die Neu-Anleger verabschieden sich aus Enttäuschung über ausbleibende Aufschwünge wieder und die Digitalwährungen fallen aufgrund ihrer illiquiden Struktur zurück.

Natürlich hat sich Bitcoin nach solchen Rückschlägen bisher stets zurückgemeldet. Doch viele Unsicherheitsfaktoren für die Cyberdevise bestehen weiter. So sind die Bedenken hinsichtlich des hohen Stromverbrauchs von Bitcoin-Mining, die institutionelle Investoren oftmals von einem Engagement abhalten, längst nicht ausgeräumt. Zugleich richtet sich der Fokus auf andere Digitalwährungen wie Ether oder Ada. Diese profitieren zumeist von positiven Nachrichten zu Bitcoin – und punkten mit zusätzlichen Vorteilen. So stechen sie den Primus dadurch aus, dass die ihnen zugrundeliegenden Netzwerke größeres realwirtschaftliches Anwendungspotenzial bieten als die rigide Bitcoin-Blockchain. Somit dürfte das Gras auf ihrer Seite der Weide aus Sicht vieler Krypto-Bullen bald grüner erscheinen.

(Börsen-Zeitung,

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