Terminmarkt

China interveniert auf Rohstoffmärkten

Chinas Regulatoren suchen der Hausse am Rohstoffmarkt mit einer gezielten Kampagne Herr zu werden. Ihre Aussichten, einen globalen Preistrend umzukehren, nehmen sich aber äußerst gering aus.

China interveniert auf Rohstoffmärkten

Von Norbert Hellmann, Schanghai

Chinas Finanz- und Marktregulatoren warten mit einer regelrechten Kampagne auf, um einer galoppierenden Rohstoffpreishausse Herr zu werden und Spekulationsaktivitäten an heimischen Terminmärkten einzudämmen. Den Wirtschaftsplanern ist der seit Monaten zu beobachtende Preisauftrieb für Rohwaren in der Bandbreite von Erdöl, Kohle, Kupfer, Eisenerz, Aluminium, Stahl und Zink ein Dorn im Auge. Sie befürchten, dass stark ansteigende Materialkosten im verarbeitenden Gewerbe den postpandemischen Erholungsprozess der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft aus der Spur werfen. Spätestens nachdem Chinas Produzentenpreisindex im Mai eine Steigerung von fast 10% hingelegt hatte, läuten die Alarmglocken.

Intakter Langzeittrend

Freilich ist es zuletzt zu einer Verschnaufpause an den Rohstoffmärkten gekommen, die sich in einem leichten Knick beim weltweiten Bloomberg Commodity Spot Price Index manifestiert. Das Gros der Experten geht jedoch davon aus, dass der sogenannte Superzyklus für Rohstoffe angesichts eines weltweiten Nachfrageschubs im Zuge der Konjunkturerholung nach der Coronadelle intakt bleibt.

China steht der jüngsten Entwicklung als weltgrößter Nachfrager und auch Importeur in einer breiten Kategorie von Rohstoffen einigermaßen hilflos gegenüber. Schließlich ist die Volksrepublik ein sogenannter „Pricetaker­“, während das „Pricemaking“ für global nachgefragte Rohstoffe in erster Linie an den weltführenden Handelszentren in New York und London stattfindet. Natürlich färben Veränderungen der Nachfragekonstellation in China auf die internationale Preisfindung ab, doch Peking sucht nach handgreiflicheren Methoden der Preisbeeinflussung.

In jedem Fall wollen die Regulatoren verhindern, dass einstige Wetten auf weiter steigende Preise an den chinesischen Rohstoff-Terminmärkten in Verbindung mit gezielten Hortungsmaßnahmen von Rohstoffhändlern die Problematik akzentuieren. Es gilt also, dem heimischen Spekulationsfieber Einhalt zu gebieten und gleichzeitig das Exposure chinesischer Staatsfirmen auf ausländischen Märkten zu begrenzen.

In diesem Sinne ist Chinas Regulator für Staatsbetriebe, die State-Owned Assets Supervision and Administration Commission (Sasac), aktiv geworden und nötigt Staatsfirmen im Rohstoffsektor zu einem genauen Reporting ihrer Futures-Positionen auf Weltmärkten, um zu verhindern, dass ihre Dispositionen weiter anheizend auf das Preisgefüge wirken. Gleichzeitig werden staatliche Rohstoffhandelsfirmen dazu aufgefordert, auf spekulative Hortungsmaßnahmen zu verzichten.

Zuletzt ist gar die National Food and Strategic Reserves Administration (NFSRA), also jene Behörde, die Chinas nationalstrategische Reservehaltung von Rohwaren verwaltet, aktiv geworden. Sie geht dazu über, in bestimmten Metallkategorien wie Kupfer, Aluminium und Zink Bestände aufzulösen und an Fabrikanten im verarbeitenden Gewerbe zu verkaufen. Damit will man eine kurzfristige Angebotssteigerung erzielen, die im Idealfall auch auf die heimische Terminpreisbildung abfärbt beziehungsweise einen Spekulationstrend abzuwürgen hilft.

Insbesondere bei Kupfer hat die Maßnahme deutliche Wirkung entfaltet. Zu Wochenbeginn sind Kupferterminkontrakte an der Shanghai Futures Exchange auf ein Zweimonatstief zurückgefallen. Bei den Preisen für thermische Kohle, die wieder auf ein Fünfwochenhoch gestiegen sind, bleiben die Erfolge jedoch aus. Dem Vernehmen nach erwägt die Wertpapieraufsicht gar einen radikalen Eingriff, der auf eine Deckelung der Terminpreise für Heizkohle hinauslaufen würde.

Die Aktionen zeigen, dass es der chinesischen Regierung diesmal wirklich ernst ist. Einen Rückgriff auf Staatsreserven etwa, der nicht auf einer Mangelsituation beruht, sondern in erster Linie zur Preisbeeinflussung dient, hat man im Reich der Mitte schon lange nicht mehr gesehen. Westliche und auch chinesische Analysten bezweifeln allerdings, dass die Interventionsmaßnahmen von Erfolg gekrönt sein werden.

Globaler Einfluss begrenzt

Zwar ist die kurzzeitige Preisabkühlung zeitnah zu chinesischen Staatseingriffen erfolgt, die auch von ausländischen Händlern mit Interesse verfolgt werden. Dennoch gibt es wenig Aussicht darauf, von China aus einen globalen Preistrend umzukehren. Tatsächlich dürfte die Unterbrechung der Rohstoffpreisrally in erster Linie mit der jüngsten Verlautbarung der Federal Reserve zu einem wieder anziehenden Zinsklima in den USA den größten Eindruck auf die Rohstoffszene gemacht haben.