Ukraine-Krieg

Chinas Staatstitel werden verschmäht

Mit den geopolitischen Unsicherheiten rund um den Ukraine-Krieg und dem Zinserhöhungsschub in den Vereinigten Staaten büßen chinesische Regierungsanleihen in den Augen von global aufgestellten Bondinvestoren deutlich an Attraktivität ein.

Chinas Staatstitel werden verschmäht

Von Norbert Hellmann, Schanghai

Mit den geopolitischen Unsicherheiten rund um den Ukraine-Krieg und dem Zinserhöhungsschub in den Vereinigten Staaten büßen chinesische Regierungsanleihen in den Augen von global aufgestellten Bondinvestoren deutlich an Attraktivität ein. Nach neuesten Berechnungen des Datenanbieters Bloomberg ist es im März zu einem rekordhohen Abbau von Beständen an chinesischen Sovereign Bonds seitens ausländischer Investoren gekommen. Diese haben ihre entsprechenden Positionen um insgesamt 51,8 Mrd. Yuan (umgerechnet 7,4 Mrd. Euro) reduziert, was die mit Abstand größte Rückzugsbewegung aus Yuan-Staatstiteln seit Erfassung solcher Monatsdaten bedeutet. Im Februar waren bereits Nettoverkäufe seitens ausländischer Konten über 35 Mrd. Yuan registriert worden.

Analysten zufolge kann man damit rechnen, dass der Ausstieg aus chinesischen Sovereign Bonds zunächst weiter an Fahrt gewinnt. Dies liegt nicht nur am grundsätzlich verschlechterten internationalem Anlegersentiment gegenüber China, das auf politischer Ebene dem Ukraine-Angreifer Russland weiterhin den Rücken stärkt, sondern auch am stark verringerten Renditeaufschlag der chinesischen Staatstitel im Vergleich mit der Benchmark der US-Treasuries.

Inzwischen steht man vor einer grundsätzlich veränderten Dynamik im Vergleich zum Jahr 2021, als die chinesischen Sovereign Bonds kräftigen internationalen Zulauf bekamen. Sie glänzten in einem stabilen geldpolitischen Umfeld mit einem kräftigen Renditevorsprung gegenüber US-Papieren, empfahlen sich im Zuge eines stetig aufwertenden chinesischen Yuan als Safe-Haven-Anlage im asiatischen Raum und boten eine willkommene Diversifikationschance zu Dollar- und Euro-Papieren. Nun jedoch zeigt sich ein anderes Bild.

Minimaler Spread

Im Zuge der Zinswende in den Vereinigten Staaten und einer eingetrübten chinesischen Konjunktur, die Zinssenkungserwartungen nährt, ist die Renditedifferenz (Spread) zwischen chinesischen und amerikanischen Titeln fast völlig zusammengeschnurrt. Sie liegt in der zehnjährigen Laufzeit gegenwärtig nur noch bei 8 Basispunkten (siehe Grafik). Damit ist der Renditevorteil der Yuan-Regierungsbonds seit Jahresbeginn um mehr als 100 Basispunkte gesunken, was globale Fonds dazu animiert, ihre Positionen anzupassen und von „Übergewichten“ auf „Neutral“ zu schalten.

Analysten betonen freilich, dass man bislang nicht von einer Fluchtbewegung sprechen kann. Die Abflüsse über insgesamt 87 Mrd. Yuan in den vergangenen zwei Monaten vergleichen sich mit noch verbleibenden Beständen über 2,43 Bill. Yuan, also etwa 350 Mrd. Euro. Damit hat sich der Anteil der seitens globaler Fonds gehaltenen Yuan-Staatstitel am Gesamtumfang von etwa 11,3% auf 10,8% verringert.