Quartalsbericht

Deutsche Börse mit prallen Segeln

Die Deutsche Börse ist mit prallen Segeln unterwegs, weil die zyklischen Gegenwinde gedreht und sich in kräftige Rückenwinde verwandelt haben.

Deutsche Börse mit prallen Segeln

Wenn die Deutsche Börse in zwei Wochen ihren Quartalsbericht vorlegt, wird sie ihren Anteilseignern prächtige Zahlen präsentieren können. Laut dem von Refinitiv erfassten Konsens wird der Marktbetreiber erstmals einen Quartalsnettoerlös von mehr als 1 Mrd. Euro ausweisen und somit seinen bisherigen Rekord vom ersten Quartal 2020 übertreffen, und auch das von den Analysten im Durchschnitt mit rund 620 Mill. Euro erwartete Ebitda (Er­gebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) läuft auf eine neue Bestmarke hinaus. Im Vergleich zum Vorjahr zeichnen sich dem Konsens zufolge damit Erlös- und Ergebnissteigerungen von rund 18% und 19% ab. Auf Rekordkurs ist auch die Aktie des Unternehmens, die ihren bisherigen, im Juli 2020 erreichten Höchststand von 170,15 Euro kürzlich mit knapp 170 Euro nur knapp verfehlte.

Die Deutsche Börse ist derzeit mit prallen Segeln unterwegs, was dem Umstand zu verdanken ist, dass die zyklischen Gegenwinde, die ihr im zurückliegenden Jahr zu schaffen machten, gedreht und sich in kräftige Rückenwinde verwandelt haben. Die lang anhaltende Phase, in der die Zinsen und Anleiherenditen auf niedrigem Niveau vor sich hingedümpelt und damit Nettozinseinnahmen und das Volumen der Zinsderivate gedrückt haben, sind vorbei. Die hohe Inflation und die von ihr ausgelöste Beschleunigung der geldpolitischen Wende, insbesondere die von der Europäischen Zentralbank  signalisierte erste Leitzinserhöhung eventuell bereits in diesem Jahr, haben den Zinsderivatehandel der Eurex in Schwung gebracht.

Hinzu kam – ein Impuls, auf den das Unternehmen wohl gerne verzichtet hätte – der Ukraine-Krieg, der den höhere Margen abwerfenden Indexderivatehandel aus der Flaute gerissen hat, die ihn im zurückliegenden Jahr getroffen hat. Das gesamte Finanzderivatevolumen ist in den ersten drei Monaten im Vorjahresvergleich um 17% gestiegen. Auch die Wertpapierhandelsumsätze haben kräftig angezogen, die Turbulenzen an den Energiemärkten haben dazu geführt, dass der Gashandel der EEX im März im Vorjahresvergleich um 209% zugelegt hat. Die UBS schätzt, dass die zyklischen Erlöse, die 2021 um 7% gesunken sind, im laufenden Jahr um 11% zulegen.

Zu den Rekordzahlen tragen allerdings nicht nur die Transaktionsvolumina bei. Auch der Serie an Akquisitionen der zurückliegenden Jahre – darunter die UBS Fondcenter und die Institutional Shareholder Services – ist es zu verdanken, dass neue Bestmarken erreicht werden. Hinzu kommt, dass die strukturellen Wachstumsgeschäftsfelder – das ist aus Sicht des Unternehmens der wichtigste Faktor – insgesamt deutlich weiterwachsen. Dazu zählt etwa das vom Outsourcing-Trend profitierende Fondsservicegeschäft der IFS-Sparte. 2021 einschließlich Akquisitionen um 49% und organisch um 23% gewachsen, ist sein Erlös nach Einschätzung der UBS im ersten Quartal um 15% gestiegen.

Die Parallelen zum Coronaschock vor zwei Jahren sind unübersehbar, nicht nur in den stark steigenden Quartalsresultaten, sondern auch im Aktienkurs, der zunächst einbrach, um anschließend auf einen Rekord beziehungsweise fast auf einen Höchststand zuzulegen. Nach vorne blickend zeichnen sich jedoch erhebliche Unterschiede ab. So wird die geldpolitische Wende, vor allem die Unsicherheit über den Kurs der Europäischen Zentralbank, für anhaltend hohe Zins­derivateumsätze sorgen, und vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges dürften auch die Indexderivatevolumina zunächst nicht so stark wieder abflauen wie nach dem Coronaschock. Zudem werden ab dem zweiten Quartal die Nettozinseinnahmen im Zuge der Leitzinsanhebungen der amerikanischen Zentralbank sukzessive anziehen. Auch der Handel der EEX dürfte angesichts der prekär bleibenden Lage an den Energiemärkten rege bleiben. Nicht zuletzt ist das Geschäft der Deutschen Börse durch die Zukäufe und die gute Entwicklung der strukturellen Wachstumsgeschäftsfelder weniger zyklisch geworden, was Rückgänge in einzelnen zyklischen Bereichen zumindest ein Stück weit auffangen wird.

Vor diesem Hintergrund dürfte die Deutsche Börse mit ihrer Gesamtjahresprognose eines Erlöses von rund 3,8 Mrd. Euro und eines Ebitda von 2,2 Mrd. Euro mindestens gut im Rennen liegen. Der Konsens scheint allerdings mittlerweile zumindest ein wenig Luft nach oben zu sehen. Die Durchschnittserwartungen für den Erlös und das Ebitda liegen bei 3,85 Mrd. und 2,22 Mrd. Euro.

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