Überalterung

Die Folgen der Demografie für den Kapitalmarkt

Die Überalterung der Gesellschaft macht ein integratives Wirtschaftswachstum notwendig. Dazu müssen Investitionen in den Gesundheitssektor, Bildung und die Stadtentwicklung fließen.

Die Folgen der Demografie für den Kapitalmarkt

Die Überalterung der Bevölkerung ist das Ergebnis von zwei sich ergänzende Ursachen: niedrigere Geburtenraten und höhere Lebenserwartung. Letztere ergibt sich aus Fortschritten in der Medizin und dem höheren Lebensstandard, die mit der Entwicklung einhergehen – dies zeigt sich in der Regel als Erstes in der demografischen Dynamik eines Landes. In den Industrieländern haben beide Dynamiken begonnen, sich durchzusetzen, wobei Japan eine Vorreiterrolle spielt. Die Auswirkungen werden aber auch in Schwellenländern wie China und in Osteuropa sichtbar.

Im Jahr 2019 lag der Anteil der über 65-Jährigen weltweit bei 9%, wobei Europa mit 18% den größten Anteil aufwies. Prognosen zeigen, dass dieser Anteil bis 2050 wachsen und in Europa und Nordamerika etwa 25% erreichen wird. Ein beträchtlicher Anstieg wird auch für Ost- und Südostasien prognostiziert, wo der Anteil bis 2050 von 11% auf 24% steigen soll.

Der Anteil der über 80-Jährigen wächst noch stärker. Zwischen 1990 und 2019 verdreifachte sich die Zahl der über 80-Jährigen nahezu, Prognosen zufolge wird sie sich bis 2050 nochmals verdreifachen.

Dies bedeutet, dass es mehr Haushalte gibt, die nicht direkt produzieren und einen Beitrag zur Wirtschaft leisten, sondern ihre Ersparnisse und angesammelten Renten zur Finanzierung des Konsums aufbrauchen. Die altersbedingten öffentlichen Ausgaben (z. B. für Gesundheit und Rente) könnten steigen. Dies wiederum könnte zu einer geringeren öffentlichen Ersparnis führen.

Für Länder, die eine signifikante demografische Dividende erfahren werden, muss ein integratives Wirtschaftswachstum gefördert werden. Dazu gehören ausreichende Investitionen in die Gesundheitsversorgung und Bildung für die Generationen, die zur Erwerbsbevölkerung stoßen werden. Parallel zum Bevölkerungswachstum wird auch die Verstädterung zunehmen, da sich der größte Teil des Anstiegs auf städtische Gebiete konzentrieren dürfte. Daher sollten Investitionen in die Stadtentwicklung im Blickpunkt stehen.

Bildung steigert Einkommen

Darüber hinaus zeigen Statistiken, dass ein Jahr zusätzliche Bildung zu einer Steigerung des persönlichen Einkommens um 10% führen kann. Zudem trägt Bildung auch zur Verringerung der Kinderarbeit und der Geburtenrate bei. So bekamen beispielsweise Mädchen, die in der Region südlich der Sahara eine Ausbildung erhielten, im Durchschnitt 50% weniger Kinder und waren seltener von Kinderheirat und häuslicher Gewalt betroffen.

Insbesondere die asiatischen Schwellenländer befinden sich in einem demografischen Wandel, der durch ein langsameres Bevölkerungswachstum und eine rasche Alterung gekennzeichnet ist. Eine aktuelle Studie kommt zu dem Ergebnis, dass Fortschritte in der Gesundheit und Bildung von Frauen in Ländern wie China und Indien die globale Geburtenrate bis 2064 unter die Ersatzrate (also die zur Aufrechterhaltung der Bevölkerung erforderliche Geburtenrate) drücken könnten, woraufhin die Weltbevölkerung stagnieren und dann abnehmen wird.

In den 1960er Jahren brachte die durchschnittliche Frau etwa fünf Kinder zur Welt, heute ist diese Zahl auf 2,5 Kinder pro Frau gesunken. Die Geburtenraten sind zwischen 1970 und 2020 in allen Ländern der Welt zurückgegangen, wobei der Rückgang in Ländern mit einer hohen ursprünglichen Geburtenrate stärker ausfiel. In Regionen, in denen die Geburtenrate pro Frau sinkt, wird das Bevölkerungswachstum hauptsächlich von einer jüngeren Altersstruktur der Bevölkerung getragen, wie es in Zentral- und Südasien, Lateinamerika und der Karibik der Fall ist. In den Regionen, in denen die Geburtenzahlen weiterhin über dem Durchschnitt liegen, also in Afrika südlich der Sahara und Ozeanien, wird die Bevölkerungsdynamik etwa die Hälfte des Bevölkerungswachstums in den kommenden 30 Jahren ausmachen.

Gestärkte Rolle der Frauen

Einer der Hauptgründe für die sinkende Geburtenrate ist die Stärkung der Rolle der Frauen, die zunehmend am Arbeitsmarkt teilnehmen und eine bessere Ausbildung erhalten. Weitere Faktoren sind die Verstädterung, die geringere Kindersterblichkeit sowie der verbesserte Zugang zur Gesundheitsversorgung.

Sinkende Geburtenraten schränken das Wachstum der Erwerbsbevölkerung ein. Investitionen hängen positiv von der Kapitalrendite ab, die ihrerseits von der relativen Verfügbarkeit von Kapital abhängt. Wenn die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter schrumpft, wird Kapital relativ reichlich vorhanden sein. Darüber hinaus können die Alterung und ein stagnierendes Bevölkerungswachstum zu einem Anstieg des Verhältnisses von Kapital zu Arbeit führen. Unter sonst gleichen Bedingungen könnten diese Entwicklungen zu sinkenden Kapitalrenditen und niedrigeren Investitionsquoten führen.

Der prognostizierte Rückgang des Arbeitskräfteangebots könnte in den Ländern, die die Landschaft der Schwellenländer zunehmend dominieren werden, im Vergleich zu den Industrieländern potenziell viel höher ausfallen. Dadurch könnte sich das Gleichgewicht zwischen Sparen und Investieren weiter nach unten verschieben, was zu niedrigeren Zinssätzen führen würde. Dies wird durch einen Anstieg der gewünschten Ersparnisse noch verstärkt. Der rasche Rückgang der Jugendabhängigkeitsquoten in den Schwellenländern im Vergleich zu den Industrieländern könnte zusätzlichen Druck auf die Zinssätze ausüben.

In Zeiten, in denen die Realzinsen unerwartet fallen, führt dies tendenziell zu einem unmittelbaren Anstieg der Vermögenspreise und damit der Renditen, auch wenn die voraussichtlichen Renditen in diesem Fall gesunken sind.