Dieselkrise belastet Platin
Die Veränderung der Antriebstechnik von Autos wird langfristig erheblichen Einfluss auf den Preis von Platin und Palladium haben. Kurzfristig hängt der Markt für diese beiden Metalle nach Einschätzung von Heraeus auch am Gold. Dieses Edelmetall könnte dieses Jahr von erhöhter Unsicherheit profitieren.sts Frankfurt – Die großen Trends im Antrieb von Autos werden voraussichtlich auch auf die Nachfrage nach den Edelmetallen Platin und Palladium durchschlagen. Je stärker Hybrid- oder Wasserstoff-Fahrzeuge an Bedeutung gewinnen, desto stärker könnten angesichts einer eher knappen Angebotssituation langfristig auch die Preise ansteigen. Angesichts des derzeit zu beobachtenden Trends vom Diesel- zum Benzinantrieb ist solch eine Bewegung laut Heraeus Precious Metals bei Palladium schon jetzt zu beobachten.Die Edelmetallsparte des in Hanau ansässigen Heraeus-Konzerns (Umsatz 2017: 21,8 Mrd. Euro) rechnet langfristig bei Palladium und Platin, die unter anderem in der Abgastechnik eingesetzt werden, mit einer sinkenden Primärproduktion. “Das Minenangebot wird nicht ausreichen, die Nachfrage zu befriedigen”, sagte am Dienstag während einer Pressekonferenz in Frankfurt André Christl, der den Geschäftsbereich Edelmetalle leitet. “Das fehlende Angebot kann nur aus Sekundärquellen kommen, wir rechnen mit einem enormen Anstieg des Recycling.”Christl zufolge wird sich die sich derzeit abzeichnende Veränderung in der Antriebstechnik unterschiedlich auf die beiden Edelmetalle auswirken. Hintergrund ist, dass die Abgasreinigung bei Dieselfahrzeugen stärker auf Platin, bei Benzinern hingegen auf Palladium setzt. Christl prognostiziert daher für die kommende Dekade einen Überschuss am Platinmarkt. Sollte sich jedoch der Wasserstoffantrieb durchsetzen, so werde die Platinnachfrage dann wieder “signifikant steigen”. Diese Technik nutze Platin schwerpunktmäßig als Katalysator. Auf den Preis dieses Edelmetalls werde sich dies voraussichtlich erst im Jahr 2030 auswirken. “Wir sehen den Wasserstoff-Kreislauf als signifikanten Wachstumsmarkt”, betonte Christl.Hingegen profitiere auf mittlere Sicht Palladium nicht nur vom Trend zum Benziner, sondern auch zum Hybridfahrzeug. Er erwarte kurzfristig starkes Wachstum. “Die Nachfrage nach Palladium wird steigen”, prognostizierte er. Schon heute gehen 80 % des Verbrauchs des vor allem in Russland, Südafrika und den USA geförderten Edelmetalls in die Autoindustrie (siehe Grafik).Der derzeit zu beobachtende Trend zur Elektromobilität – Volkswagen kündigte beispielsweise kürzlich hohe Investitionen an – werde für Platin und Palladium “nicht positiv” sein. Der Heraeus-Konzern sei jedoch mit anderen Geschäftsgebieten in diesem Bereich tätig, etwa in der Batterietechnik. Gold in PrognosespanneKurzfristig dürften bei beiden Metallen jedoch andere Faktoren wirken. “Streikbedingte Unterbrechungen könnten den Platinpreis hochtreiben”, sagte Hans-Günter Ritter, Leiter des Edelmetallhandels bei Heraeus. Dies gelte insbesondere für Südafrika, das für 72 % der weltweiten Fördermenge steht. Sollte es jedoch nicht zu diesem Streikeffekt kommen, stehe der Platinmarkt in diesem Jahr vor einem Angebotsüberschuss, zumal die Nachfrage nicht steigen werde. Auch bei Palladium sei mit hoher Volatilität zu rechnen, zumal der Markt sehr illiquide sei. Allerdings sei anders als bei Platin mit einer steigenden Förderung aus Minen zu rechnen. Bei beiden Edelmetallen wird Ritter zufolge “eine gewisse Korrelation” zum Gold wirken, so dass deren Preisentwicklung auch von der des liquidesten Edelmetalls abhängt. Und da erwartet Ritter steigende Notierungen, wobei die Prognosespanne für das Gesamtjahr von 1 225 bis 1 450 Dollar je Feinunze den aktuellen Preis einschließt, Heraeus also steigende wie fallende Notierungen für möglich hält. “Wir beobachten turbulente Kapitalmärkte, davon profitiert derzeit Gold”, sagte Ritter. “Gold ist ein Hedge gegen Fehler und volatile Währungen.” Da Gold jedoch oft wie eine Währung gegen den Dollar gehandelt wird, ist eine Bewegung im Goldpreis für Euro-Anleger tendenziell ein Nullsummenspiel. Ritter zufolge haben die Deutschen im Vorjahr 100 Tonnen Gold als Barren oder Münzen gekauft, das seien 10 % der globalen Nachfrage.