Eine so riskante wie renditeträchtige KI-Wette
Geld oder Brief
Eine riskante wie renditeträchtige KI-Wette
Von Tobias Möllers, Frankfurt
Eine Aktie, an der sich derzeit die Geister scheiden, ist das Papier von Super Micro Computer. Die Titel sind stark im Anlegerfokus bei der Suche nach KI-Profiteuren. Das Unternehmen steht sicherlich weniger im Rampenlicht als der Chip-Riese Nvidia, die explosionsartige Entwicklung des Aktienkurses in den vergangenen Monaten und Jahren ist aber durchaus vergleichbar. Was beide Unternehmen, bzw. deren Aktionäre eint, ist außerdem die bange Frage: Sind die Papiere zu heiß gelaufen? Zuletzt mussten beide Tech-Größen deutlich Federn lassen.
Super Micro Computer (Nasdaq-Kürzel: SMCI) vertreibt Server, Speicher und Motherboards und gilt als eines der führenden Unternehmen und damit auch als einer der potenziell größten Profiteure bei der KI-Infrastruktur. Super Micro setzt dabei auf kundenspezifische Baustein-Lösungen und kurze Markteinführungszeiten. Die wichtigsten Wettbewerber sind Dell, Quanta und Foxconn. Der Markt für KI-Server wächst derzeit rasant. Wird er für 2023 noch auf 41 Mrd. Dollar taxiert, soll er sich nach Schätzungen bis 2028 auf 283 Mrd. vervielfachen. Und Super Micro verdient kräftig mit. Das Unternehmen schwimmt voll auf der KI-Welle und will 2025 einen Umsatz von 25 Mrd. Dollar erzielen, das wäre eine Steigerung von 66% gegenüber 2024.
Steigende Nachfrage
Expansion soll Lieferzeiten verkürzen
Erreichen will Super Micro das nicht zuletzt durch Expansion. Im Juni wurde bekannt, dass das Unternehmen auf die stark steigenden Nachfrage nach flüssigkeitsgekühlten Rechenzentren mit der Errichtung neuer Standorte im Silicon Valley reagieren will. Das soll die Lieferzeiten weltweit verkürzen. Die Meinungen, wie sich Unternehmen und Aktie künftig weiter entwickeln werden, gehen dennoch weit auseinander. Drei Analysten empfehlen Super Micro derzeit zum Kauf, fünf votieren für „Halten“ und einer rät zum Verkauf.
Die Aktie hat im März 2024 bei 1.229 Dollar ein Allzeithoch markiert. Über einen Zeitraum von fünf Jahren steht unter dem Strich ein Plus von sagenhaften 3.500%. Allerdings ist das Papier hochvolatil. Zuletzt rutschten die Titel deutlich ab, auf unter 700 Dollar. Aktionäre hatten enttäuscht auf die letzten Quartalszahlen reagiert. Zwar stieg der bereinigte Gewinn je Aktie rasant von 1,63 Dollar auf 6,65 Dollar, Anlegern missfiel aber, dass gleichzeitig die Bruttomarge von 17,7% auf 15.6% sank. Trotz der kräftigen Abschläge hat die Aktie ihren Wert seit Jahresbeginn aber immer noch mehr als verdoppelt.
Starke Position
Hohe Nachfrage im KI-Sektor
Auf der Habenseite von Super Micro steht die anhaltend hohe Nachfrage im KI-Sektor. Das Unternehmen hat sich auf der Servermarkt eine starke Wettbewerbsposition erarbeitet. Für CEO Charles Liang ist klar, „die KI-Revolution kann größer werden als die industrielle Revolution“. Allein im dritten Quartal 2023 stieg der Umsatz um 200%. Liang spricht von „einer massiven Profitabilitätswelle“. Auch eine enge Zusammenarbeit mit Zuckerbergs Meta stärkt die Position von Super Micro. „Als im Silicon Valley ansässiges Unternehmen können wir mit allen Technologieführern von Nvidia und Intel bis AMD und Broadcom zusammenarbeiten, wenn ihr Produkt entwickelt werden muss“, glaubt Liang. Analysten wittern bei der Aktie ein Kurspotenzial von 50% und teilweise noch mehr. Allerdings ist die Aktie auch hochvolatil und mit einem KGV von 21,8 kein Schnäppchen mehr.
Zuletzt erwischte es nicht nur Super Micro sondern fast die gesamte Tech-Branche, als die Märkte anfingen, die enormen Kosten von KI-Entwicklungen höher zu gewichten und die entstehenden Chancen und Möglichkeiten deutlich niedriger zu bewerten. Wohin die Reise nach dieser deutlichen Korrektur nun geht, ist noch offen.
Bewertungen gehen auseinander
Entsprechend weit gehen die Bewertungen der Aktie auseinander. Barclays rät zum Übergewichten der Titel und ruft ein Kursziel von 1.000 Dollar aus. Dank neuer Produkte würden die Umsatzerwartungen voraussichtlich besser als erwartet ausfallen. Zudem sei Super Micro seinem größten Konkurrenten Dell bei großvolumigen DLC-Racks mindestens zwei Quartale voraus.
J.P. Morgan empfiehlt ebenfalls, die Aktie überzugewichten und setzt das Kursziel für das Jahresende 2024 sogar auf 1.150 Dollar hoch. Der Vermögensverwalter begründet seine Einschätzung damit, dass die Compute-Revolution noch in den Kinderschuhen stecke. Zudem erwartet J.P. Morgan, dass sich die zuletzt bemängelten Bruttomargen wieder erholen werden.
Vorsichtiger ist dagegen Wells Fargo. Die Großbank votiert für „Equal Weight“ und sieht das Kursziel für die volatile Aktie bei 890 Dollar, was immer noch deutlich über dem aktuellen Aktienkurs liegt. Sorgen macht Wells Fargo der zunehmende Wettbewerb. Damit könnten Wettbewerbsfähigkeit und Margen von Super Micro weiter unter Druck geraten. Eine erste Auflösung, wohin der Weg der Aktie führt, dürfte der 6. August bringen. Dann verkündet Super Micro seine aktuellen Quartalszahlen und es wird sich zeigen, ob die rasante Entwicklung von Aktie und Unternehmen weitergeht.