Währungen

Eiserne Spardisziplin hält Mexikos Peso stabil

Im Vergleich zu anderen Schwellenländern hat sich Mexikos Peso in der Coronakrise überdurchschnittlich entwickelt. Zu verdanken ist dies nicht zuletzt der Haushaltsdisziplin der Regierung.

Eiserne Spardisziplin hält Mexikos Peso stabil

Von Martin Marinov*)

Mexiko zählt zu den am stärksten von der Pandemie betroffenen Ländern der Welt. Bei der Case Fatality Rate (CFR), die angibt, wie viele der Corona-Infizierten sterben, befindet sich Mexiko mit mehr als 237000 Toten (Stand 22. Juli) weltweit im Spitzenfeld. Auch beim Impfen kommt das Land nicht so richtig weiter. Die nur schleppende Pandemiebekämpfung hat – so wie in vielen anderen Ländern – auch in Mexiko die negativen wirtschaftlichen Folgen nicht wesentlich abgefedert. Der mexikanische Peso litt klarerweise zu Beginn der Pandemie stark, im März 2020 war er etwa um 25% schwächer – ähnlich wie andere große Emerging-Markets-Währungen. Doch mittlerweile ist das meiste wieder aufgeholt: Der Peso ist insgesamt nur etwa 6% schwächer als zu Beginn 2020. Nur Chile hatte innerhalb der Region eine bessere Performance. Dies ist insbesondere der eisernen Sparpolitik des linkspopulistischen Präsidenten Andrés Manuel López Obrador zu verdanken.

Trotz steigender Armut in der Bevölkerung und des bislang nicht eingelösten Versprechens, das Land zu befrieden, steht die Mehrheit der Bevölkerung auch drei Jahre nach seiner Wahl hinter dem Präsidenten und seiner Partei „Bewegung der Nationalen Erneuerung“ (Morena). Bei der Zwischenwahl am 6. Juni, der größten Wahl in der Geschichte Mexikos, ging es um rund 20000 politische Ämter auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene. Sie ist ein Zwischenzeugnis für den ambitionierten Plan der „Vierten Transformation“ des Landes. Die zentralen Themen von Obrador sind Korruptions- sowie Kriminalitätsbekämpfung, die Zurückgewinnung von Staatseinfluss im Ölsektor sowie Reformen im Bildungs- und Gesundheitswesen.

Kritisch sehen die Investoren die Rückführung der Energiemarktliberalisierung von Vorgänger Peña Nieto, andererseits wurde mit teilweiser direkter Schuldenübernahme des Staates von der staatlichen Petróleos Mexicanos (dem am stärksten verschuldeten Ölunternehmen weltweit) für Beruhigung in der Krise gesorgt. Bei der Wahl schaffte Obrador zwar keine Verfassungsmehrheit mehr, gemeinsam mit den Bündnisparteien aber eine komfortable einfache Mehrheit im Kongress. Für den machtbezogenen Obrador wird es nun kaum mehr möglich sein, eine Verfassungsänderung herbeizuführen. Von den internationalen Investoren ist diese Machtverteilung jedenfalls positiv aufgenommen worden.

Mexikos BIP schrumpfte 2020 um 8,2% – kaum ein anderes großes Emerging-Markets-Land war so negativ betroffen. Das liegt u. a. am Umgang mit der Pandemie – vergleichsweise wenige Restriktionen sowie kaum pandemiebezogene staatliche Unterstützung. Umso bemerkenswerter ist das relativ gute Wahlergebnis für Morena. Anders als von einem populistischen Präsidenten erwartet, verfolgt Obrador dabei einen strikten Sparkurs und achtet penibel auf die Staatsfinanzen. Um die Staatsverschuldung auf moderatem Niveau stabil zu halten, ist der mexikanische Präsident offenbar auch bereit, Wirtschaftswachstum zu opfern. Dafür hat er im Gegenzug das Investment-Grade-Rating halten können. Anderen Ländern, wie beispielsweise Kolumbien, ist das nicht gelungen. Außerdem hat Mexiko zuletzt auch von dem sehr starken Wirtschaftsaufschwung in den USA profitiert – dem mit Abstand wichtigsten Handelspartner des Landes. Der mexikanische Peso hatte sich relativ zügig nach Beginn der Pandemie erholt, und damit hat sich auch der Inflationsdruck in diesem Jahr nicht so schnell aufgebaut wie in anderen Schwellenländern, beispielsweise in der Türkei, in Russland oder Brasilien, wo die Notenbanken schon im März/April dieses Jahres ihre jahrelange Lockerungspolitik umkehren mussten, um die Inflation in Schach zu halten. Mexiko konnte etwas länger zuwarten und hat erst im Juni mit der Erhöhung der Zinsen begonnen.

Aussichten zuletzt verbessert

Wie geht es weiter? Die Tatsache, dass Obrador nicht so ohne weiteres in die Verfassung eingreifen kann, ist für Investoren ein wichtiger Punkt, der eine gewisse Rechtsunsicherheit reduziert. Fairerweise muss man sagen, dass die unorthodoxen und investorenunfreundlichen Aktionen noch zu Beginn seiner Amtszeit die Ausnahme geblieben sind. Wirtschaftlich gesehen ist Mexiko kein Überflieger, aber mit dem US-Rückenwind haben sich die Wachstumsaussichten zuletzt deutlich verbessert. Die Inflationsentwicklung ist nicht besorgniserregend, die Zentralbank hat mit der Normalisierung des Leitzinses begonnen, der Markt rechnet aktuell mit knapp 2% höherem Zins in einem Jahr; diese Zinserhöhungswartungen unterstützen den Peso. Für die Leistungsbilanz wird auch für 2021 ein kleiner Überschuss erwartet, ein weiterer positiver Faktor. Aber auch ein moderates Defizit wäre unproblematisch und finanzierbar, wenn es auf höhere Importe dank stärkerer wirtschaftlicher Aktivität zurückzuführen ist. Die strikte Fiskalpolitik in der stärksten (und gleichzeitig kürzesten) Rezession der Nachkriegszeit ist bemerkenswert. Als Investor hat man insofern mehrere Argumente, die Währung weiterhin in positivem Licht zu sehen. Das größte Risiko für das Land und die Währung wäre ein flächendeckender Lockdown in den USA aufgrund einer neuen Infektionswelle. Das scheint aus jetziger Sicht jedoch unwahrscheinlich.

*) Martin Marinov ist Fondsmanager im Team „CEE & Global Emerging Markets“ bei Raiffeisen Capital Management.